Einigen Zuschauern fiel es am Sonntagabend auf: In der ZDF-Talksendung "Berliner Runde" saßen sechs Männer – und nur eine Frau. Nach Wahlen diskutieren die Generalsekretäre der Parteien in dem Format traditionell die Folgen des Ergebnisses auf Bundesebene. Für die CDU nahm Paul Ziemiak teil, Markus Blume vertrat die CSU, Volker Wissing die FDP, Lars Klingbeil war für die SPD dabei, Jörg Schindler als Bundesgeschäftsführer der Linken. Da die AfD keinen Generalsekretär hat, hatte das ZDF Bernd Baumann als Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer eingeladen. Lediglich die Grünen waren mit Britta Haßelmann durch eine Politikerin vertreten.
Doch eigentlich hatte auch die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen gar nicht in der Runde sitzen sollen. Ursprünglich hatte das ZDF eine reine Männerrunde angefragt, mit Grünen-Generalsekretär Michael Kellner als sechstem Mitglied. Kellner überließ seinen Platz am Diskussionstisch allerdings freiwillig seiner Kollegin Haßelmann. "Im Jahr 2021 sollte Politik gleichberechtigt stattfinden", hatte Kellner schon am Samstag zur Begründung getwittert.
Britta Haßelmann vertritt Grüne in ZDF-Talksendung "Berliner Runde"
Den öffentlich-rechtlichen Sender treffe dabei keine Schuld, betonte Kellner. Das ZDF habe wie üblich alle Generalsekretäre eingeladen: "Dass wir alle Männer sind, dafür kann das ZDF nichts. Doch Rituale und eine bewährte Einladungspraxis sind kein Grund, Missstände hinzunehmen. Es ist ein Grundproblem des politischen Betriebs, für das wir Verantwortung haben und das wir verändern können." In der ursprünglich geplanten Besetzung hätten zum ersten Mal seit 20 Jahren nur Männer in der "Berliner Runde" diskutiert. Das wollten die Grünen verhindern. "50 Prozent der Bevölkerung sollte auch 50 Prozent der Macht gehören", teilte die Partei mit.
Haßelmann sitzt seit 2005 im Deutschen Bundestag und ist im Parlament für ihre deutlichen und mitunter emotionalen Reden bekannt. In der Sendung am Wahlabend konnte sie nach den Erfolgen ihrer Partei entspannt auftreten. In Baden-Württemberg hatte der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann einen klaren Sieg eingefahren, in Rheinland-Pfalz legte die Partei ebenfalls deutlich zu und könnte in einer Ampel-Koalition mit der SPD von Ministerpräsidentin Malu Dreyer und der FDP weiterhin an der Regierung beteiligt sein.
Kanzlerfrage bei den Grünen: Habeck oder Baerbock?
ARD-Moderatorin Anne Will griff das Thema in ihrer eigenen Talkshow später am Abend noch einmal auf – und nutzte die Gelegenheit, um den Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck zu fragen, ob er auch zugunsten seiner Co-Vorsitzenden Annalena Baerbock auf die Kanzlerkandidatur verzichten würde. Habeck brachte der Vorschlag immerhin zum Lachen, die Antwort fiel jedoch verhalten aus: Erst zwischen Ostern und Pfingsten wollen sich die Grünen auf einen Kandidaten oder eine Kandidatin festlegen.
Quellen: Michael Kellner auf Twitter / Bündnis 90/ DieGrünen auf Twitter / "Berliner Runde" im ZDF / "Anne Will" in der ARD