Drei Politiker, ein Thema, 30 Minuten. Das Konzept von "Illner intensiv" zielt darauf ab, die Zuschauer innerhalb kurzer Zeit die Positionen dreier Parteien näherzubringen. Die Kürze der Zeit tut dem Ganzen gut, statt ausschweifenden Antworten, nach denen man genauso schlau wie vorher ist, müssen die Befragten ihren Parteiinhalt innerhalb weniger Sätze klar zu verdeutlichen. Allerdings entblößt dies auch einige Schwächen im Programm der einzelnen Parteien.
Angst vor Armut
Beim Thema "Angst vor Armut und Krankheit - wer schützt uns im Alter?" zeigte sich eine Schwäche vom AfD-Parteiprogramm relativ deutlich. André Poggenburg, Landesvorsitzender in Sachsen-Anhalt, gab dies auch unumwunden zu. Mehrfach betonte er, dass die AfD "eine junge Partei" sei, die ihren "Konsens" in diesem Bereich noch suchen würde. Bis sie den gefunden haben, ist die offizielle Aussage, dass die AfD sich für eine Rente nach 45 Arbeitsjahren stark macht. Wie alt die Menschen dann beim Renteneintritt sind, sei unerheblich, die Arbeitsjahre seien relevant.
"Frauenfeindlich" nannte die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig diese Idee. Denn Frauen würden Erziehungszeiten nehmen und kämen vielleicht gar nicht auf diese Gesamtarbeitszeit. Generell sei der Blick auf die Rente, auch von der CDU, ein sehr westdeutscher. "Gebrochene Arbeitsbiografien", wie sie in Ostdeutschland nach dem Fall der Mauer öfter vorkommen, fänden kaum Berücksichtigung, weswegen die SPD sich auch für eine Lebensarbeitszeit von 35 Jahren ausspricht. Allerdings, warf Karl-Josef Laumann ein, würden nur drei Prozent aller Rentenbezieher aktuell die Grundsicherung beziehen. Diese Zahl sei einmalig in Europa, was im Umkehrschluss bedeuten würde, dass die Renten in Deutschland sehr hoch sind.
"Bevor kritisiert wird, erstmal informieren", griff Poggenburg an, Erziehungszeiten sollten laut der AfD anrechenbar sein.
Woher kommt das Geld für die Renten?
Wie generell die Renten zukünftig gesichert werden sollen, da gingen die Meinungen wenig auseinander. Die SPD will einen Teil aus Steuereinnahmen bezuschussen, die CDU überlegt den Beitragssatz von aktuell 48 Prozent zu senken. Die AfD verspricht eine Grundrente oberhalb der Grundsicherung. Auf Nachfrage Illners, woher das Geld dafür kommen soll, erging sich Poggenburg in umständlichen Ausflüchten. Von "Rentenkassen und Krankenkassen entlasten" war da die Rede, von den "Kosten der Migrationsphase". Illner zitierte aus dem Parteiprogramm, dass vorsieht die Mehrwertsteuer um sieben Prozent zu senken. Der AfD-Politiker blieb wage, gab am Ende aber zu, dass auch er die Rente über die Steuer finanzieren will.
Ein großer Streitpunkt war der Vorwurf, dass die Geflüchteten eine Bedrohung für die Renten in Deutschland darstellen würden. Diese Position vertritt die AfD. Sowohl der CDU-Politiker als auch Manuela Schwesig widersprachen der Aussage, auch Maybrit Illner wies darauf hin, dass Flüchtlinge noch gar nicht lange genug in Deutschland seien, um die Renten zu bedrohen. Er würde nur vor einer "Verschärfung der Rentenproblematik" warnen wollen, wies der AfD-Mann die Vorwürfe von sich. CDU-Mann Laumann warnte davor, dass die "eingeschränkte Politik der AfD" Deutschland den Wohlstand kosten könnten. Einig waren sich SPD und CDU für den Moment, dass die Rente mit 70 indiskutabel sei. Bei der AfD ist sie, aufgrund der Kopplung an die Lebensarbeitszeit, überhaupt kein Thema.

Konzept für Geflüchtete
Das zweite Thema des Abends widmete sich schwerpunktmäßig dem Thema Integration. Maybrit Illner wollte von der SPD, der CSU und der FDP wissen: Flucht, Einwanderung, Integration - wer hat ein Konzept?
In dieser Runde offenbarte sich, wie nah die Parteien sich inhaltlich in diesem Punkt sind. Es wurden die immergleichen Phrasen vom "Mittelmeer sichern", "Fluchtursachen bekämpfen", "sicheren Herkunftsländern" und dem "Marshallplan für Afrika" gedroschen. Uneinigkeit herrschte bei der Frage nach den Gründen für Asyl. Ausgerechnet die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD) erklärte, dass Krieg ein Asylgrund sei. "Keine Ahnung ist kein Argument" süffisierte der Parteivorsitzende der FDP, Christian Lindner, denn Krieg ist ein Grund für humanitären Schutz, aber kein Asylgrund.
Das Wort "Obergrenze" wollte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) an diesem Abend nicht in den Mund nehmen. Stattdessen sprach er verschwurbelt davon, dass ein Zuzug nach Deutschland "nicht unbegrenzt" ermöglicht werden sollte, erklärte aber, dass die Zuschauer schon verstehen würden, was er damit meinte. Während Hermann sich auf die Grenze von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr berief, wollte Lindner sich da nicht festlegen. Özoguz brachte das, laut Herrmann "langweiligste Argument" ins Feld, was mit dem 200.001. Geflüchteten an der Grenze passieren würde. Eine Antwort gab es nicht. Stattdessen machte sich Hermann stark dafür, dass die Grenzen wieder stärker kontrolliert werden müssen, so dass Menschen, die keine Aussicht auf Asyl haben, gar nicht erst ins Land gelassen werden. Ins gleiche Horn stieß Lindner, der die Zahl der "Armutsflüchtlinge" begrenzen möchte und erwartet, dass die Geflüchtete in ihre Heimat zurück kehren, sobald diese nicht mehr von Krieg bedroht ist. Grundsätzlich sprach er sich, ebenso wie Herrmann dafür aus die sogenannten Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer zu definieren und Asylbewerber dorthin wieder abzuschieben, auch mit „gewisser Härte“ durch polizeiliche Maßnahmen.
Wie gelingt Integration?
Von Maybrit Illner danach gefragt, was die Pläne für eine gute Integration in Deutschland seien, sprachen sich Lindner und Herrmann für einen Marshallplan für Afrika und den Schutz der europäischen Außengrenzen aus. Nur Özoguz scherte an diesem Punkt aus und verwies darauf, dass die SPD in Schulen investieren möchte und sich dafür stark machen will, dass auf dem Arbeitsmarkt die Flüchtlinge nicht gegen die Einheimischen ausgespielt werden.
"Illner intensiv" hat, durch die zeitliche Begrenzung auf 30 Minuten eine sehr schnelle Dynamik, in der sich die Politiker auch oft ins Wort fielen. Je nach Themengebiet offenbarte sich die Schwäche oder Stärke der Partei. Denn Abgrenzung ist immer leichter zu erkennen als Übereinstimmung. Die Entscheidung für eine Partei wird bei ähnliche Wahlversprechen aber nicht unbedingt leichter.