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"Anne Will" Sonntäglich grüßt das Murmeltier: Corona trotzt auch dem Eissturm

TV-Kritik Anne Will
Die Runde bei Anne Will diskutierte am vergangenen Sonntag über das schwindende Vertrauen in die Corona-Maßnahmen
© NDR / Wolfgang Borrs
Der Schneepegel steigt, das Vertrauen in die Corona-Maßnahmen sinkt, soweit der einfache Nenner am Sonntagabend. Viel mehr als allgemeine Ratslosigkeitsverwaltung war auch diesmal bei "Anne Will" leider nicht drin.
Von Ingo Scheel

Gleicher Schnitt, neuer Look, so lautete mal ein Slogan eines bekannten Haarzement-Herstellers in den 80er-Jahren. Mit den Corona-Talks der letzten Wochen und Monate fühlt man sich so ein wenig an diesen Duktus erinnert: gleiche Krise, neue Frage. Diesmal also: "Schwindendes Vertrauen ins Corona-Krisenmanagement – was muss jetzt passieren?", so sollte es bei "Anne Will" erörtert werden. Alte Talk-Hasen wussten es bereits, da fiel einem zu Corona nur Limette und Bierdeckel ein: Allzuviel an Perspektive sollte man bei derlei Gesprächsrunden nicht erwarten.

Diesmal waren angetreten:

  • Manuela Schwesig (SPD, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern)
  • Ralph Brinkhaus (CDU, Unionsfraktionsvorsitzender im Bundestag)
  • Sahra Wagenknecht (Die Linke, Bundestagsabgeordnete)
  • Georg Mascolo (Leiter der Recherchekooperation von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung)
  • Cornelia Betsch (Professorin für Gesundheitskommunikation an der Universität Erfurt)
  • Im Einzelgespräch: Jens Spahn (CDU, Bundesminister für Gesundheit)

War in der Vorwoche also, als es um "Zeit für neue Perspektiven" ging, noch Unternehmerin Brigitte Meier zu Wort gekommen, verzichtete man diesmal lieber ganz auf originäre Stimmen aus dem Volk. Stattdessen bot Professorin Cornelia Betsch ein paar kumulierte Zahlen, der Tenor: Das Vertrauen schwindet, von 60% auf 40% ist die Zustimmung in Sachen Maßnahmen abgesackt, die "psychische Großwetterlage ist beunruhigend". Einheitliche Regeln seien gewünscht, ein Stufenplan, bei dem klar ersichtlich ist, welche Konsequenzen aus welchen Entwicklungen folgen. Das Fazit unter dem Brennglas des sogenannten "Covid-19 Snapshot Monitoring": "Jede Strategie ist besser als die bisherige".

Sahra Wagenknecht fragt nach Ausstiegsszenarien

Im Grunde genommen war die Frage aus dem Sendungstitel damit schon beantwortet, aber es galt natürlich noch, Sendezeit zu füllen und die Gäste ausreichend zu Wort kommen zu lassen. Georg Mascolo brachte noch einmal das Schlagwort von der "Pandemie-Müdigkeit" auf, während Sahra Wagenknecht den Finger in diverse Wunden hielt: Wo sind die Ausstiegsszenarien? Warum treibt man ganze Berufsgruppen in den Ruin, während Online-Riese Amazon etwa, wiederholt als Corona-Hotspot identifiziert, sich die Taschen vollmacht und warum gibt es für so etwas wie Medikamentenforschung nur ein überschaubares Budget von 50 Millionen Euro?

Fragen, die auch der zugeschaltete Bundesminister für Gesundheit, Jens Spahn, nicht beantworten konnte, stattdessen noch einmal herausstellte, dass nicht das Virus der mobile Faktor in der ganzen Gemengelage ist, sondern der Mensch, somit so etwas wie ein Lockdown eigentlich alternativlos sei. Natürlich geht es dann auch noch, ebenso bei den anderen Talkgästen, immer wieder um den Inzidenzwert, dessen gebetsmühlenartiges Variieren – 50 oder 35, 25 oder besser 20, oder vielleicht doch gleich auf 10, bevor man wieder lockert – klingt wie aus einem Skat-Sketch von Loriot.

"Kommunikation ist alles, daran muss man arbeiten"

Ralph Brinkhaus, Fraktionsvorsitzender der CDU, konstatierte noch einmal, dass man in der Rückschau immer Sachen anders machen würde, sprach von der Bürokratie, die an ihre Grenzen stößt und lobpreiste den Föderalismus. Fazit: "Kommunikation ist alles, daran muss man arbeiten". Manuela Schwesig betonte die drei, aus ihrer Sicht essentiellen Faktoren, die so etwas wie eine Antwort auf die Frage danach, was denn nun passieren müsse, geben könnten: Die Alten müssen endlich besser geschützt werden. Ebenso gilt der Entwicklung von Mutationen ein besonderes Augenmerk. Und als Motivationsschub die umfassende Bereitstellung von Impfstoff und Impfzentren. Sollte es überhaupt irgendwann zuviel Impfstoff hierzulande geben, dann wäre das der Anspruch an Europa, nämlich ärmeren Ländern zu helfen. Ein Aspekt, den Georg Mascolo in einem letzten Statement noch einmal unterstrich: "Es wird eine Zeit nach der Pandemie geben. Wenn wir dann darauf zurückzuschauen, wäre es gut festzustellen, dass wir in dieser Krise nicht nur an uns selbst gedacht haben."

Zwei Tage noch bis zum nächsten Corona-Gipfel. Die Frage nach dem "Was muss jetzt passieren?" wird sicherlich eine weitere Antwort erfahren. Ob diese das schwindende Vertrauen wird zurückbringen können, wird dann womöglich am kommenden Sonntag an selber Stelle, bei "Anne Will", erörtert.
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