Verurteilter Pädophiler Fake News und riskante Anschuldigungen: Warum rechte Kreise die Epstein-Akten ausnutzen

Ghislaine Maxwell und Jeffrey Epstein
Ghislaine Maxwell und Jeffrey Epstein umgaben sich gerne mit Hochkarätern aus Politik und Gesellschaft
© ZUMA Wire / Imago Images
Rechte und Trump-nahe Kreise verbreiten Fake News über die kürzlich veröffentlichten Epstein-Akten. Welche Behauptungen man lieber nicht glauben sollte. 

Die "Epstein-Liste" wurde seit Wochen mit Spannung erwartet. Kurz vor Weihnachten ordnete die zuständige Richterin Loretta Preska die Veröffentlichung bislang versiegelter Gerichtsakten für Januar an. Besonders auf X, vormals Twitter, gibt es seitdem eine Flut an Fehlinformationen und gefährlichen Anschuldigungen. 

Jeffrey Epstein: Fehlinformationen um veröffentlichte Akten

So ist schon der Begriff "Epstein-Liste" irreführend. In zahlreichen Postings und Videos kommentierten Hobby-Anwälte und Hobby-Journalisten den juristischen Vorgang und insinuierten, bei den Dokumenten handele es sich um eine Liste an Namen von Personen. Das ist falsch. Die kürzlich veröffentlichten Unterlagen sind Zeugenvernehmungen und andere juristische Dokumente aus einem Zivilstreit (2015) zwischen der US-Amerikanerin Virginia Giuffre und Epsteins langjähriger Partnerin Ghislaine Maxwell, die bislang verschlüsselt waren. Eine Nennung in den Dokumenten bedeutet nicht, dass die besagte Person ein aktiver Teil des mutmaßlichen Missbrauchsnetzwerks um Epstein war, sondern zunächst nur, dass ihr Name in dem Zivilprozess fiel. Einige davon – so auch Leonardo Di Caprio oder auch Cate Blanchett – wurden nur deshalb genannt, weil Jeffrey Epstein Zeuginnen zufolge damit angab, Promis zu kennen. 

Es handelt sich dabei nicht um eine Liste an Namen von Menschen, die zu Gast bei Epstein waren. Das könnte man allerdings leicht glauben, wenn man nur einen kurzen Blick auf den Kurznachrichtendienst X wirft. Dort wurden bereits vor der Veröffentlichung der Akten Fake-Listen geteilt mit Namen von Prominenten, die angeblich mit Epstein verkehrt hätten. Alec Baldwin, Angelina Jolie, Barack Obama und Beyoncé sind nur ein paar Beispiele. Jimmy Kimmel sah sich Anfang der Woche gezwungen, in einem Tweet klarzustellen, dass er Epstein weder gekannt habe noch zu Besuch in seinem Privatjet war. Kurz zuvor hatte Football-Spieler Aaron Rodgers – für seinen Hang zu Verschwörungstheorien bekannt – behauptet, Kimmel sei einer von Epsteins Freunden. Tatsächlich kommt keiner der Genannten in den Unterlagen vor. Was sie jedoch eint, ist die politische Richtung, sie sind entweder Demokraten oder unterstützten die Partei in der Vergangenheit.

Bill Clinton und Donald Trump stehen in Epstein-Akten

Und so wird deutlich, aus welcher Richtung viele der Fake-News kommen, die im Zuge der Epstein-Akten geteilt werden. Auch vier Jahre nach Epsteins Tod in einem New Yorker Gefängnis sind Trump-Fans und Ultrarechte der Meinung, er sei Teil einer großen demokratischen Verschwörung gewesen. Sogar republikanische Kandidaten wie die Kongressabgeordnete Marjorie Taylor Greene behaupteten in der Vergangenheit, Demokraten seien pädophil. Eine "Party von Pädophilen", nannte Greene ihre Konkurrenz im Jahr 2022. "Die Demokraten unterstützen – sogar Joe Biden, der Präsident selbst – die Sexualisierung von Kindern und die Durchführung von Transgender-OPs", behauptete sie im April vergangenen Jahres bei "CBS News on Sunday". 

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Dass der verurteilte Pädophile Epstein sich gerne mit hochrangigen Politikern umgab, kommt da wie ein gefundenes Fressen. Tatsächlich spendete der 2019 verstorbene Unternehmer zu Lebzeiten nicht nur viel Geld an demokratische Politiker, sondern auch an Republikaner. Die beiden wohl berühmtesten Politiker beider Seiten, die mit Epstein verkehrten, sind Bill Clinton und Donald Trump. Beide waren zu Gast auf Epsteins Privatjet, dem sogenannten "Lolita Express". "Es macht viel Spaß, mit ihm zusammen zu sein", sagte Trump in einem Interview mit dem "New York Magazine" 2002. "Es heißt sogar, dass er schöne Frauen genauso mag wie ich, und viele von ihnen sind jünger." 2019 behauptete Trump dann, er habe seit Jahren keinen Kontakt zu Epstein gehabt und er sei "kein Fan" von ihm. 

2019 distanzierte sich auch Clinton von Epstein. "Präsident Clinton weiß nichts von den schrecklichen Verbrechen, derer sich Jeffrey Epstein vor einigen Jahren in Florida schuldig bekannt hat, oder von denen, derer er kürzlich in New York angeklagt wurde", ließ damals sein Sprecher verlautbaren. 

Kampf mit Fake-Bildern in Debatte um Epstein

In den gerade veröffentlichten Gerichtsunterlagen fallen die Namen beider Männer. Clinton steht dort mehr als 70 Mal, Trump nur viermal. Grund genug für Trump-Anhänger, den ehemaligen Präsidenten von jeglicher Schuld freizusprechen. So postete Benny Johnson, der von seiner journalistischen Tätigkeit bei "Buzzfeed" wegen Plagiats gefeuert wurde und seit einiger Zeit im Netz wettert, die Dokumente würden Trump "von jeglichem Fehlverhalten freisprechen". Er bezieht sich damit auf die Zeugenaussage von Johanna Sjöberg, die sagt, Trump habe sie nie um eine Massage gebeten oder sexuelle Handlungen verlangt. Einer der Ausschnitte, den Johnson teilte, stammt derweil nicht aus den kürzlich veröffentlichen Dokumenten sondern ist ein Auszug, der bereits 2019 veröffentlicht wurde. 

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Die Debatte um Epstein ist mittlerweile auch zum Kampf der Bilder geworden. Viele davon sind Fake. Ein Foto, das Vizepräsidentin Kamala Harris an der Seite von Epstein zeigt, ist eine Montage. Auf dem echten Foto posiert Harris neben ihrem Ehemann Doug Emhoff. Genauso wurde ein Fake-Bild von Biden und Epstein kreiert. Ein Urlaubsfoto der Obamas auf Hawaii wurde so bearbeitet, dass es aussieht, als seien sie auf der Privatinsel Epsteins. Nur drei von vielen Beispielen. 

Für all jene, die sich bereits ausführlicher mit den Vorwürfen gegen Epstein und Ghislaine Maxwell beschäftigt haben, sind die entschlüsselten Dokumente wenig überraschend. Sie schaffen einen Eindruck von der Welt Jeffrey Epsteins und seinen kriminellen Machenschaften. Mehr noch geben sie einen Einblick in die illustre Gesellschaft, mit der sich Epstein rühmte. Wie er mit prominenten Bekanntschaften prahlte und mit welchen hochrangigen Personen er sich gerne umgab. Die in den Akten enthaltenen Beschreibungen  – vor allem auch die von Bill Clinton – sind wenig schmeichelhaft. Sie bestätigen aber in keiner Weise die Verschwörung, an die rechte Kommentatoren und Trump-Fans seit Jahren glauben. 

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