Was für ein Herbst für die Freunde der verschärften Bäumchen-wechsel-dich-Spiele: Nicolas Sarkozy! Oliver Geissen! Marcel Reif! Frank Plasberg! Aber das alles, das ganze Gebeichte, Geschluchze und Geküsse der vergangenen Wochen, diente nur zum Warmlaufen, denn am Montag kam der Hammer: "Ja, wir sind zusammen." Maybrit Illner, 42, und René Obermann, 44, die Polit-Talkerin und der Telekom- Chef, sind ein Paar. Obermann hat vor einiger Zeit noch ein Haus gebaut in Bonn-Bad Godesberg, sehr groß, sehr fein, offenbar ein Abschiedsgeschenk für Frau und Kinder - das hat man schon stilloser gesehen.
Gut unter der Decke gehalten hatten beide das beginnende schwierige Glück. Bei der Telekom-Zentrale in Bonn wunderte man sich über die Osterweiterung des Chefs, der seit dem Sommer häufiger drei Tage pro Woche in der Hauptstadt verbrachte. Dass diese Reisen des intern gern "Dobermann" genannten Chefs, vorläufig gipfelnd im Zulegen einer Zweitwohnung, auch einer speziellen Form der Lobbyarbeit dienten, haben sie im engeren Zirkel vor drei Wochen erfahren. Für einen, der immer den Saubermann gab, ist das öffentliche Eheende eine ganz neue, bittere Erfahrung, kollegiales Kopfschütteln inklusive. Die Obermann-Ehe, sagen Konzernkenner, taumelte aber schon seit über einem Jahr, mehrmals soll Christiane Obermann geschimpft haben, ihr Mann interessiere sich zu wenig für seine Familie und könne seinen Kram bald alleine machen.
Das Ende war in Sicht
Maybrit und Michael Illner hatten schon im Frühjahr beschlossen, getrennte Wege zu gehen. Konnte Illners Band, die "Fab Four von Mahlsdorf", bisher nur am Donnerstagabend, wenn "Mutti auf Schicht ist", schön laut proben, haben sie jetzt unfreiwillig freie Auswahl. Den berühmt aufmerksamen Hauptstadtchronisten fiel nicht viel auf. Allenfalls, dass Illner nur noch selten auf Berliner Partys zu sehen war. Aber zu solchen Smalltalk-Events mochte der mit äußerst trockenem Humor gesegnete Michael Illner auch in besseren Ehetagen nicht gehen. Die Maybrit-Absenzen schob man darauf, dass die Lieblingsbegleiterin Sandra Maischberger wegen Mutterpflichten ausfiel.
Im April, als Obermann in Illners Sendung debattierte, soll es schon geknistert haben, beim Medienforum im Juni in Köln wollen die Argusäugigen gar einen Hauch von Lodern entdeckt haben - behaupten sie seit Montag. Im August, so viel geben die verfolgten Turteltauben zu, sei man zum ersten Mal zusammen abends im Restaurant gewesen. Speed Dating sieht anders aus, das klingt nach feiner Vorsicht. Nun hatten sie genug vom Versteckspiel, wohl hatte auch "Bild", das Fachblatt für Fremdknutscher und alle, die es werden wollen, Witterung aufgenommen. Da blieb nur die kontrollierte Offensive.
Eine pikante Liaison
Ab sofort stehen beide unter noch intensiverer Beobachtung. Ob sie wollen oder nicht, kalkuliert oder nicht: Illner & Obermann sind nun an der Glamour-Spitze angelangt. Für die Prognose, dass es nicht einfach wird auf dem Boulevard der Pharisäer, braucht es keine Verschwörungstheoretiker. Seit Montag ist klar, um wen sich beim Bundespresseball Ende des Monats die Fotografen ballen werden. Oder auch schon diesen Freitag in Köln, wo es zur deutschen iPhone-Premiere eine große Party mit allerlei Prominenz aus Wirtschaft, Politik und Medien gibt, ein perfekter Termin für ein Debüt als Frischverwählte (okay, keine Telefonwitze mehr). Spätestens am Samstag, hoffen die Kollegen von der Promi-Beschattung, gibt es kein Entrinnen für den Herrn: René Obermann zählt zu den Referenten eines erstklassig besetzten Kongresses in Berlin mit dem schönen Titel "Von den Besten lernen". Da können die Konkurrenten von Anne Will über Johannes B. Kerner bis Sandra Maischberger, da können die Neider beiderlei Geschlechts aber einpacken mit ihren alten und auch neuen Partnern beiderlei Geschlechts. Es sei denn, Friede Springer und Günter Jauch … oder Hape Kerkeling mit Guido Westerwelle … nun aber mal Schluss mit dem Fantasieren.
Dankbar sein dürften die Komiker dieses Landes, die ganze Abende bei ganzen Vollprogrammen verstopfen: Alle Witze, in denen die Begriffe "Kein Anschluss" und "diese Nummer" eine meist unselige Verbindung eingehen, dürfen aus der Mottenkiste geholt werden, selbst der "Einzelverbindungsnachweis" und das glücklich beerdigt gewähnte "Call-Girl-Center" werden unverdiente Auferstehung feiern, am Montag versuchten sich Amateurblödler im Radio schon an Variationen zum Gund T-Punkt. Es ist eine in mehrfacher Hinsicht pikante Liaison.
Ost und West, die Macht des offenen Wortes und die der (zuletzt trüben) Zahlen, da ist also in den vergangenen Monaten etwas zusammengewachsen, das stärker war als Biedermann-Image hier und vielfach beschworenes Ehefrauenglück dort. Die neue Allianz markiert, von allen privaten Schmerzen abgesehen, einen mittleren Zeitenwechsel im Verhältnis zwischen politischem Journalismus und wirtschaftlicher Macht, der für Illners Karriere weit gefährlicher ist als für die ihres neuen Gefährten. Denn anders als in Frankreich, wo die Vermengung von TV- und Politprominenz in den vergangenen Jahren zur Regel wurde, fehlen bei uns die Vorbilder. Das bedeutet, dass sich der unabhängige Geist Illner einige Sorgen machen muss um seine Glaubwürdigkeit, ergo sein Grundkapital. Wie soll sie, die im ZDF eine Blitzkarriere jenseits von Quoten und Proporz hingelegt hat, die sich als Vertreterin eines selbstbewusst fragenden Bürgervolkes gefällt, nun die soziale Kälte der Renditejünger beklagen? Wie will sie, die bisher schon glaubte, dass politisch relevante Entscheidungen vor allem in Vorstandsetagen, vielleicht noch in der Brüsseler EU-Kommission, aber eher nicht in Parlamenten fallen, wie soll sie jetzt mit den Konzernchefs streiten? Maybrit Illner wird sagen, sie habe ja nun nicht ihren Verstand an der Schlafzimmertür abgegeben, aber wird man ihr das glauben?
Wechsel in eine andere Promi-Liga
Wenn in der Redaktion von "Maybrit Illner" in Berlin mal der muntere Revoluzzergeist der Aufklärung herrschte, wenn die jungen Leute bereits am Montag davon träumten, wie am Donnerstag die herzlosen Bosse, die knallharten Sanierer und ihre allzu willigen Helfer aus der Politik vorgeführt und demaskiert, wie Steinbrück-Quälen und Bernotat-Pieksen organisiert werden könnte, mahnte die Moderatorin schon mal sanft: "Mensch, Kinnings, nun lasst uns mal nicht so viel an Taktik denken!" Diese Appelle zur Fairness könnten in Zukunft auf leicht spöttisches Grinsen stoßen. Die Kritiker warten schon, gewinnen kann Illner kaum. Setzt sie den Managern nun ärger zu, wird man ihr Verkrampfung unterstellen, lässt sie neue Milde walten, ist es nicht weit bis zur Kapitalistenbraut.
Die spannende Kombination bedeutet auch, dass jede/r für sich, beide zusammen (und oft allein gegen alle) sämtliche Fehler in der öffentlichen Darstellung selbst und als Erste machen werden. Ab sofort ist Illner in einer anderen Promi-Liga angesiedelt und auch mit einem Alphaboss verbandelt, einem echten Leute-auf-die- Straße-Setzer. Es könnte also sein, dass knallige Themenstellungen wie jene vom 19. April - "Gewinne sprudeln, Jobs versickern. Was haben wir vom Aufschwung?" - im ZDF etwas seltener werden, "Steuern und Profite rauf - Und die Gerechtigkeit geht drauf?" (so hieß es im Januar) oder "Billig, befristet, bedroht - Sind das die Jobs von morgen?" (17. Mai) klingt nun, mit Blick auf die private Mega-Fusion, furchtbar parteilich.
Auf den zweiten Blick ist es kein gar so überraschendes Paar. Denn die ewig kesse Göre aus Friedrichshain, die schon ganz andere ältere, mächtige Herren in Wallung brachte, zuletzt Deutsche-Bank-Boss Josef Ackermann, der sich fast um Kopf und Kragen flirtete, ist eine willensstarke Eroberin, wenn es denn sein muss. Und es musste wohl sein. René Obermann ist ein ebenso hartnäckiger Aufsteiger aus Düsseldorf, drängend, von wenig und wenigen so überzeugt wie von sich selbst. Ein echter Macher, nach all den Schwätzern, die Illner jede Woche zu dressieren versucht, ein Mann, der nur auf den allerersten Blick so jungenhaft, fast harmlos wirkt, doch stets das vorführt, was im Kern auch ihr Mantra ist: Anpacken statt Jammern. Zwei Siegertypen also, denen man auch den halb verheißungsvollen, latent drohenden Satz widmen könnte, der einen auf der Telekom-Website empfängt: "Erleben Sie Fernsehen in einer neuen Dimension." Das werden sich auch die Zuschauer an diesem Donnerstag sagen und "Maybrit Illner" eine feine Quote bescheren. Sagt sie was? Dazu? Lächelt sie? Gequält, glücklich oder nur erleichtert? So wohnen jedem Anfang neue zauberhafte Fragen inne.