"Schwerer Fehler": Wirtschaftsverbände fordern Stopp der Rentenpläne

Älteres Paar am Meer
Älteres Paar am Meer
© AFP
Wirtschaftsverbände machen gegen das geplante Rentenpaket der schwarz-roten Bundesregierung mobil. In einem am Donnerstag vorgestellten offenen Brief forderten mehr als 30 Verbände die Spitzen der Koalitionsfraktionen auf, das Paket im Bundestag zu stoppen. Die Verabschiedung des Rentenpakets wäre ein "schwerer politischer und ökonomischer Fehler" und würde den Bundeshaushalt und kommende Generationen "mit einer finanzpolitischen Hypothek historischen Ausmaßes belasten", heißt es in dem Schreiben.

Auch die Junge Union machte am Donnerstag abermals ihre Unzufriedenheit mit den Rentenplänen der Regierung deutlich. SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf lehnte Nachverhandlungen über das Rentenpaket aber ab. Klüssendorf forderte vielmehr die Unionsspitze auf, die Rentengesetze gegen Kritik aus der eigenen Fraktion durchzusetzen: "Wir vertrauen da auch auf die Fraktionsführung, auf den Bundeskanzler", sagte Klüssendorf den Sendern RTL und ntv. Das Gesetz sei schließlich einstimmig vom schwarz-roten Kabinett gebilligt worden und müsse nun vom Bundestag verabschiedet werden.

Unterzeichnet wurde der offene Brief der Wirtschaftsverbände unter anderem vom Groß- und Außenhandelsverband BGA, Gesamtmetall, dem Bauverband ZDB, dem Handelsverband HDE, dem Verband Die Familienunternehmer, dem Maschinenbauverband VDMA, dem Bund der Steuerzahler sowie dem Bundesverband Mittelständische Wirtschaft (BVMW). Die Unterzeichner stehen nach eigenen Angaben für Unternehmen mit mehr als der Hälfte der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland.

Die Verbände zitieren in dem Schreiben Berechnungen, wonach sich die zusätzlichen Kosten durch das Rentenpaket bis 2050 auf fast 480 Milliarden Euro summieren würden. Das Rentenpaket würde die Gesellschaft spalten, warnen sie: "Die arbeitende Mitte unserer Gesellschaft würde wegen der gigantischen Schulden zugunsten der Rentner immer weniger vom eigenen Arbeitseinkommen übrig behalten."

Als "besonders befremdlich" kritisieren die Unterzeichner, dass das Paket verabschiedet werden soll, ehe die Rentenkommission, die sich mit der langfristigen Neuordnung des Systems ab 2031 befassen soll, ihre Arbeit aufgenommen hat: "Mit dem jetzigen Gesetz würde ihr Handlungsspielraum faktisch zunichte gemacht, noch bevor sie tagt."

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) steht auch innerparteilich unter Druck, die bereits vom Kabinett verabschiedete Rentenvorlage noch zu ändern, um die Kosten zu dämpfen. Der Chef der Jungen Union, Johannes Winkel, bekräftigte in der "Rheinischen Post" (Freitagsausgabe) seine Erwartungen an den Kanzler: "Der Kanzler hat gesagt, dass er sich persönlich um den Rentenstreit kümmern werde. Insofern sind wir gespannt auf seine Vorschläge."

Merz betone immer wieder, "wie wichtig enkelfähige Politik ist", sagte der Chef der CDU-Nachwuchsorganisation weiter. "Ein Gesetzentwurf, der 118 Milliarden Euro über den Koalitionsvertrag hinaus auf den Schultern der nächsten Generationen abladen will, ist das nicht."

Auf ihrem Jahreskongress, dem so genannten "Deutschlandtag", will die Junge Union am Wochenende ein eigenes Konzept zur Reform der Sozialsysteme verabschieden, das den Plänen der Koalition in zentralen Punkten widerspricht. Das Rentenpaket der Koalition sei "aus junger Perspektive eine schwere Hypothek", heißt es im Entwurf des Leitantrags, welcher der Nachrichtenagentur AFP in Berlin vorliegt. 

Die Junge Union schlägt in der Rentenpolitik eine Reihe von Maßnahmen vor, die beim Regierungspartner SPD auf Widerstand stoßen dürften: ein späteres Renteneintrittsalter gemäß der Entwicklung der Lebensarbeitszeit; eine Abschaffung des früheren Renteneintritts für langjährig Versicherte ("Rente mit 63"); die Wiedereinsetzung und Verdopplung des so genannte Nachhaltigkeitsfaktiors, der den Rentenanstieg dämpfen soll; und eine Kopplung des Rentenanstiegs an die Inflation, nicht an die Lohnentwicklung.

Die Junge Gruppe, ein Zusammenschluss von 18 jüngeren Abgeordneten von CDU und CSU, hatte Kritik an dem in der Koalition vereinbarten Rentenpaket geäußert und mit einer Blockade im Parlament gedroht. Die Stabilisierung des Rentenniveaus würde jüngere Generationen zu stark belasten, monierte die Junge Gruppe.

AFP