EU-Kommission: Mitgliedstaaten müssen Beitritt der Ukraine weiter forcieren

Selenskyj Ende Oktober in Brüssel
Selenskyj Ende Oktober in Brüssel
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Die EU-Kommission hat die Mitgliedstaaten aufgefordert, in ihren Bemühungen um einen EU-Beitritt der Ukraine nicht nachzulassen. Das Land habe trotz des russischen Angriffskriegs sein "Bekenntnis zum EU-Kurs unter Beweis gestellt und wichtige Reformen vorangetrieben", sagte die zuständige Kommissarin Marta Kos am Dienstag in Brüssel anlässlich der Veröffentlichung des jährlichen Berichts über die Fortschritte bei der EU-Erweiterung. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte unterdessen Ungarn dazu auf, den Beitritt der Ukraine nicht weiter zu blockieren.

"Wir kämpfen um unser Überleben und würden uns sehr wünschen, dass der ungarische Ministerpräsident uns unterstützt oder zumindest nicht blockiert", sagte Selenskyj bei einer Veranstaltung des Senders Euronews, dem er per Video zugeschaltet war.

Der ungarische Regierungschef Viktor Orban, der gute Kontakte zum russischen Präsidenten Wladimir Putin pflegt, hat seine Ablehnung der ukrainischen Kandidatur nie verheimlicht. Seiner Meinung nach ist Kiew nicht bereit für einen EU-Beitritt.

Kos betonte in Bezug auf die Fortschritte der Ukraine, es werde "von entscheidender Bedeutung sein, diese Dynamik aufrechtzuerhalten und jegliches Risiko eines Rückschritts zu vermeiden".

Die russische Invasion der Ukraine hat den lange stillstehenden Bemühungen um eine Erweiterung der 27 Mitgliedsländer zählenden EU neues Leben eingehaucht. Brüssel sieht die Erweiterung angesichts der russischen Aggression und des Wettbewerbs mit China als geopolitische Priorität an. Derzeit gibt es zehn Beitrittskandidaten - auch wenn der Prozess bei einigen Ländern, wie etwa der Türkei, praktisch auf Eis liegt. 

Am meisten Hoffnungen auf einen baldigen Beitritt dürfen sich die beiden Balkanländer Montenegro und Albanien machen. Der Ukraine und Moldau steht nach ihren Beitrittsersuchen im Jahr 2022 zwar noch ein langer Weg bevor. Beide Länder haben aber in der kurzen Zeit bereits entscheidende Fortschritte gemacht.

Für einige Länder sei ein EU-Beitritt in den kommenden Jahren "eine realistische Möglichkeit", sagte Kos. Das nächste Jahr werde "ein Moment der Wahrheit für alle Beitrittskandidaten", betonte sie. 

Ein Beitritt zur EU beinhaltet jahrelange Verhandlungen und umfassende Reformen. Montenegro hat angekündigt, den Prozess bis Ende 2026 abschließen zu wollen. Albanien will dies 2027 erreichen, die Ukraine und Moldau hoffen auf 2028.

Für einige Länder hält der Bericht allerdings Kritik parat. So ist der Ausblick für Georgien düster. Die Regierung des Kaukasus-Landes hat sich zuletzt zunehmend Russland zugewandt und geht hart gegen die Opposition vor. Die Lage in Georgien habe sich "drastisch verschlechtert", sagte Kos. Es habe "gravierende Rückschritte in Sachen Demokratie" gegeben. "Die Kommission betrachtet Georgien nur noch dem Namen nach als Beitrittskandidat", verdeutlichte die Erweiterungs-Kommissarin.

Auch in Serbien gingen die Reformen "deutlich" langsamer voran als zuvor, sagte Kos. Die Regierung in Belgrad bekräftigt dennoch immer wieder ihren Willen zum Beitritt.

Angesichts einer möglichen Vergrößerung der EU strebt Brüssel Reformen an, um die Entscheidungsfähigkeit der Union zu gewährleisten. In den vergangenen Jahren haben Länder wie Ungarn die Arbeit der EU immer wieder blockiert und im eigenen Land die Rechtsstaatlichkeit ausgehöhlt. Kos sagte, die EU wolle "stärkere Schutzmaßnahmen" ergreifen, um dies künftig zu verhindern. 

AFP