Großbritannien will nicht nur sein Asylgesetz verschärfen und strenger gegen die illegale Migration vorgehen, sondern der Inselstaat will auch ausländischen Gefangenen die Abschiebung in ihre Heimatländer schmackhaft machen. Wenn sie dem zustimmen, werden sie vor Verbüßung ihrer Mindeststrafe aus der Haft entlassen und können sogar finanzielle Anreize bekommen, wie der Sender BBC berichtet.
Großbritannien und Albanien haben im vergangenen Dezember ein gemeinsames Kooperationsabkommen zur "Abschreckung und Unterbrechung der illegalen Migration" unterzeichnet, was die Abschiebung von albanischen Häftlingen möglich macht. Seitdem hat die Zahl der Abschiebungen zugenommen. Laut dem britischen Innenministerium wurden mehr als 1000 Personen zurückgeschickt – die Hälfte davon waren abgelehnte Asylbewerber oder ausländische Straftäter. Die albanische Polizei bestätigte, dass die meisten der in diesem Jahr abgeschobenen Personen aus Großbritannien verurteilte Straftäter waren.
Häftlinge erhalten wohl 1500 Pfund für Abschiebung
Ein 30-jähriger Albaner, der wegen Drogendelikten zu einer sechsjährigen Gefängnisstrafe in Großbritannien verurteilt wurde und anonym bleiben wollte, sagte gegenüber der BBC, dass er nach einem zweijährigen Gefängnisaufenthalt zur Abschiebung freigelassen worden sei – ein Jahr, bevor er möglicherweise auf Bewährung freigekommen wäre. "Sie fragten, ob man zurück [nach Albanien] gehen oder in Großbritannien bleiben wolle. Sie erklärten uns, dass sie dir ein Jahr von deiner Strafe abziehen, wenn du zurückgehst", wird er zitiert.
Der Mann, der im Bericht den Namen Mark trägt, soll für die zugestimmte Abschiebung im Rahmen des Programms "Facilitated Return Scheme" (System der erleichterten Rückführung) eine Zahlung in Höhe von 1500 Pfund erhalten haben. Auch anderen Betroffenen soll dieser Betrag gezahlt worden sein.
Sunak: "Tausende Albaner werden in ihre Heimat zurückkehren."
Die Abschiebereglung gilt für ausländische Gefangene aller Nationalitäten. Auf einem entsprechenden Dokument der britischen Regierung steht, "dass sie [die ausländischen Gefangenen] bei der Abschiebung kooperieren und auf ihr Recht, dagegen Rechtsmittel einzulegen, verzichten".
Das Gesetz sieht jedoch keinen Verfall des nicht verbüßten Teils der Strafe vor. Sollten abgeschobene Häftlinge also wieder nach Großbritannien zurückkehren, müssen sie den Teil ihrer nicht verbüßten Strafe absitzen. Dies soll betroffene Personen von einer erneuten Einreise abhalten.
Zuvor hatte die "Daily Mail" Ende Dezember berichtet, dass sich 50 albanische Häftlinge für eine Abschiebung in ihr Heimatland im Januar bereit erklärt hätten. Dem Bericht zufolge würden sie freiwillig das Land verlassen. Durch die neue Abschieberegelung sollten Millionen Pfund an britischen Steuergeldern eingespart und Platz in den überlasteten Gefängnissen geschaffen werden, hieß es. Die Zeitung zitierte den britischen Premierminister Rishi Sunak mit der Ankündigung: "In den kommenden Monaten werden Tausende von Albanern in ihre Heimat zurückkehren."
Großbritannien verschärft Migrationspolitik
Großbritannien verfolgt eine strenge Migrationspolitik. Nachdem in den vergangenen Jahren die Zahl von Migranten im Land, welche überwiegend auf kleinen Booten über den Ärmelkanal einreisen, stark angestiegen ist, stimmte das Unterhaus in London Ende April mit einer Mehrheit für einen Gesetzentwurf zur illegalen Migration. Dieser sieht vor, Einwanderer umgehend zu internieren und sie bald darauf nach Ruanda abzuschieben. Ein Recht auf Asyl soll es nicht geben. Noch ist der Gesetzentwurf nicht fix; das Oberhaus muss dem noch zustimmen.
Erst am Montag forderte Premierminister Sunak in einer Mitteilung: "Wir müssen mehr tun, um über Grenzen und Gerichtsbarkeiten hinweg zusammenzuarbeiten, um die illegale Migration zu beenden und die Boote zu stoppen."
Unter den im Jahr 2022 registrierten Migranten stammten fast ein Drittel aus Albanien. Sie zieht es aufgrund der beruflichen Perspektiven nach Großbritannien. Albaniens Innenminister Bledar Çuçi sagte angesichts dessen, dass neben der Bekämpfung der illegalen Einwanderung die Regierungen in London und Tirana auch legale Wege für albanische Bürger nach Großbritannien finden müssten.
"Wir beten zu Gott": Bilder der verzweifelten Lage Asylsuchender an der Südgrenze der USA

Wie die BBC berichtet, blieb eine Anfrage ans britische Innenministerium zum Thema ohne konkrete Antwort. Der Sender wollte demnach wissen, wie viele albanische Staatsbürger seit Beginn des vergangenen Jahres in ihr Heimatland abgeschoben wurden und wie viele von ihnen durch finanzielle Anreize zur Rückkehr bewegt wurden. Antwort: Entsprechende Statistiken veröffentliche das Ministerium nicht.
Quellen: BBC, Daily Mail, mit Material der dpa