Sender zahlte mutmaßlich für Ehemann Schlesingers Dinner: RBB-Journalisten bringen neue Vorwürfe ans Licht

Patricia Schlesinger war seit 2016 Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB)
Patricia Schlesinger war seit 2016 Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB)
© Britta Pedersen / DPA
Privat beim Essen, dienstlich beim Abrechnen? Patricia Schlesingers Dinner werfen immer neue Fragen auf. Inzwischen interessiert sich neben der Berliner Generalstaatsanwaltschaft auch der NDR für die Filz- und Verschwendungsaffäre beim RBB.

In der Filz- und Verschwendungsaffäre um die zurückgetretene Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), Patricia Schlesinger, haben Journalisten des Senders weitere mögliche Ungereimtheiten im Zusammenhang mit Bewirtungskosten aufgedeckt.

Dem Bericht zufolge hat die damals 59-Jährige im Februar 2021 die Berlinale-Chefin Mariette Rissenbeek zu sich nach Hause zu einem Essen eingeladen. Kosten: 206,47 Euro, bezahlt vom RBB. Ein "dienstliches" Dinner soll es gewesen sein, bloß: Am Tisch soll auch Schlesingers Ehemann Gerhard Spörl gespeist haben – so wie auch bei vier weiteren von insgesamt mindestens acht angeblich "geschäftlichen" Abendessen (Gesamtkosten: 4.457,96 Euro) im Hause Schlesinger, die der RBB bezahlt haben soll. Nicht immer soll die Anwesenheit Spörls korrekt in den Abrechnungen angegeben sein worden. "Wie verlässlich sind dann die anderen Rechnungen?", fragen die Journalisten in ihrer Berichterstattung.

Ungereimtheiten um Abendessen bei Patricia Schlesinger

Dass bei Schlesingers Abendessen und den Abrechnungen nicht immer alles mit rechten Dingen abgelaufen sein könnte, legen auch die Erkenntnisse rund um ein Dinner vom 12. Februar 2022 nahe, die das Magazin "Business Insider" im Juli aufgedeckt hatte. 1154,87 Euro wurden dem RBB hierfür in Rechnung gestellt, neun Personen nahmen an der Tafel bei dem angeblichen Geschäftsessen in Schlesinger Wohnung am Berliner Schlachtensee Platz, darunter auch ihr Ehemann – und Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik nebst Gatten.

Die Spitzenbeamtin sagte dem RBB jedoch, sie habe nichts von einem dienstlichen Anlass des Essens gewusst: "Ich wurde eingeladen zur Einweihung der neuen Wohnung mit Freunden. So war die Atmosphäre und die Stimmung." Hätte sie gewusst, dass die Kosten auf die Rundfunkanstalt umgelegt worden sind, wäre sie selbstverständlich dafür aufgekommen, so Slowik. Auch andere Gäste Schlesingers sagten verschiedenen Medien, dass sie sich auf privaten Veranstaltungen wähnten.

Für die belastenden Aussagen der Gäste Schlesingers dürfte sich auch die Berliner Generalstaatsanwaltschaft interessieren. Sie ermittelt wegen des Verdachts der Untreue und Vorteilsnahme gegen die zurückgetretene Intendantin, aber auch Betrug könnte noch ein Thema werden. Straftaten, die erhebliche Folgen für Schlesinger haben könnten – auch eine Gefängnisstrafe ist möglich.

Die in Rede stehenden Abendessen sind nur ein Aspekt der sich immer weiter ausweitenden Affäre um die RBB-Intendantin. Wie berichtet, geht es unter anderem auch um mögliche Verschwendung bei der Ausstattung von Schlesingers Intendantinnen-Etage beim RBB, um die private Nutzung eines luxuriösen Dienstwagens und möglicherweise auch um durch Vetternwirtschaft zustande gekommene Beraterverträge. Gleichzeitig soll Schlesinger beim RBB einen harten Sparkurs durchgesetzt und für ein Klima der Angst im Sender gesorgt haben.

RBB berichtet vermehrt in eigener Sache

Währenddessen zieht möglicherweise weiterer Ärger für Schlesinger auf: Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) in Hamburg hat seine Anti-Korruptionsbeauftragte eingeschaltet. Hintergrund ist das Doku-Drama "Der gute Göring" aus dem Jahr 2016. Die Produktion wurde vom NDR-Programmbereich Kultur und Dokumentation verantwortet. Leiterin damals: Patricia Schlesinger. Einer der Drehbuchautoren: Schlesingers Ehemann.

Neben den behördlichen Ermittlungen untersucht auch der RBB selbst die Vorwürfe gegen die frühere Intendantin. Journalistinnen und Journalisten der öffentlich-rechtlichen Anstalt berichten ihren Sendungen wie der "RBB-Abendschau" oder dem "Radio-Eins-Medienmagazin" ausführlich über die Zustände im eigenen Haus und versuchen so, neben der Aufklärung, auch das angekratzte Image ihres Arbeitgebers zu retten. Dabei beklagen sie aber immer wieder mangelnde Transparenz der Führungsetage.

Patricia Schlesinger selbst will offenbar vorerst öffentlich keinen reinen Tisch in der Causa machen. Sie hat wiederholt darauf hingewiesen, sich zu den Vorwürfen nicht äußern zu wollen.

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