In einem Monat reist US-Präsident Joe Biden nach Saudi-Arabien. Passend dazu hat sich der District of Columbia für eine wenig subtile Protestaktion gegen das Regime in Riad entschieden. Unmittelbar vor dem Haupteingang zur saudischen Botschaft in Washington prangt fortan ein neues Straßenschild: "Jamal-Kashoggi-Weg" – zu Ehren des ermordeten Kolumnisten der "Washington Post".
Von Kashoggi gegründete Organisation wirft US-Regierung "schamlose Kapitulation" vor
Wie die "Washington Post" berichtet, wurde das Schild am Mittwoch im Beisein von Mitgliedern des Stadtrates enthüllt. "Wir wollen die Menschen, die sich hinter diesen Türen verstecken, daran erinnern, dass wir sie für die Ermordung unseres Freundes verantwortlich machen und zur Rechenschaft ziehen werden", sagte Sarah Leah Whitson, Geschäftsführerin von DAWN, der von Khashoggi vor seinem Tod gegründeten Organisation für Demokratie in der arabischen Welt, gegenüber der US-Zeitung. Zudem kritisierte Whitson die nach ihren Worten "schamlose Kapitulation" der US-Regierung bei der Aufarbeitung von Kashoggis Ermordung. Die Politik habe die Untersuchungen fallen lassen, um die Beziehungen zum saudi-arabischen Königshaus nicht weiter zu belasten.
Der neue Straßenname wurde CNN zufolge exakt um 13.14 Uhr bekannt gegeben – zu dem Zeitpunkt, an dem der Journalist am 2. Oktober 2018 zuletzt gesehen wurde. Der Stadtrat habe bereits im Dezember vergangenen Jahres die Umbenennung beschlossen.
Abdullah Alaoudh, Direktor von DAWN in der Golfregion, habe der umstehenden Menge erklärt, das Straßenschild solle "Passanten, saudische Könige, Amerikaner und alle Menschen mit Gewissen daran erinnern, dass Jamals Vermächtnis weiterleben wird". Kashoggis Verlobte habe an der Zeremonie nicht teilnehmen können, verurteilte aber laut einer vor Ort vorgetragenen Erklärung den Kurs der Biden-Regierung "Öl über Prinzipien und Zweckmäßigkeit über Prinzipien" zu stellen. Bei seinem Treffen mit dem saudischen Kronprinzen Mitte Juli solle der Präsident "wenigstens fragen: 'Wo ist Jamals Leiche?'" Das Weiße Haus habe indes nicht bestätigen wollen, ob Biden den Mord in Riad zum Thema machen werde.
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US-Geheimdienste: Kronprinz Mohammed bin Salman gab den Mord in Auftrag
Der bekannte Journalist Jamal Kashoggi hatte vor knapp vier Jahren in das saudi-arabische Konsulat in Istanbul betreten, um Dokumente für seine geplante Hochzeit zu erhalten. Seine türkische Verlobte wartete vor der Tür – sie sah ihn nie wieder.
Die mit seinem Verschwinden in Verbindung gebrachte saudische Regierung bestritt damals zunächst jeden Vorwurf, gab aber später zu, dass Kashoggi bei einem angeblich schiefgelaufenen Rückführungsversuch getötet wurde. 2021 veröffentlichten US-Geheimdienste einen Bericht, wonach Kronprinz Mohammed bin Salman die Ermordung und Zerstücklung des Journalisten direkt angeordnet habe. Die saudi-arabische Regierung dementiert dies weiterhin und hat stattdessen mehrere Beamte und Agenten für den Mord zu Haftstrafen verurteilt.
Der "Washington Post" zufolge ist es nicht das erste Mal, dass die Stadt Washington eine ausländische Regierung auf diese Weise brüskiert. 2018 wurde die Straße gegenüber der russischen Botschaft in "Boris Nemtsov Plaza" umbenannt. Der Aktivist wurde 2015 auf einer Brücke in Kremlnähe erschossen.
Quellen: "Washington Post"; CNN