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Humor von gestern Drogen-Pony und die "Tagesschau"-Arena – willkommen in der Aprilscherz-Hölle

Volksparkstadion
Achtung, Aprilscherz: Das Hamburger Volksparkstadion soll in "Tagesschau"-Arena umbenannt werden,
© xim.gs/Philipp Szyza/ / Picture Alliance
Mal ehrlich: Aprilscherze sind die Pest! Meist sind sie so plump und dämlich, dass niemand darüber lachen kann. Oder aber, auch nicht besser: Sie produzieren unfreiwillige Shitstorms. Lasst uns Schluss machen mit dem Humor von gestern!

Na, heute schon gelacht? Jedes Jahr zum 1. April das gleiche Trauerspiel: Tageszeitungen, Online-Magazine, Tech-Websites überbieten sich mit lustigen Ideen, die sie einen Tag später unter schadenfrohem Gelächter als Aprilscherze wieder einkassieren.

Mal ehrlich: Was soll daran lustig sein?

Beim Software-Konzern Microsoft sieht Marketing-Chef Chris Capossela das inzwischen genauso. Wenn auch aus einem anderen Grund. In einer einer internen Mail hat Capossella alle Mitarbeiter davor gewarnt, "öffentlichkeitswirksame Aprilscherze" zu machen, da sie, wie er schrieb, nur "begrenzte positive Wirkung haben und unerwünschte Nachrichtenströme auslösen können".

Aprilscherze – entweder strunzdämlich oder mit unerwünschten Nebenwirkungen

Unerwünschte Nachrichtenströme? Mal ehrlich, wann hat ein Aprilscherz in den letzten Jahren bei Ihnen mehr hervorgerufen als ein müdes Gähnen oder genervtes Augenrollen. Denn die eigentliche Krux beim verordneten Datumshumor ist doch die, dass die vermeintlichen News von himmelschreiender Dämlichkeit sind. Oder glaubt jemand ernsthaft, dass der FC St. Pauli den Fußball-Opi Rainer "Calli" Calmund als neuen Geschäftsführer verpflichtet hat, wie es die "Hamburger Morgenpost" in großer Aufmachung berichtet? Auch dass die Stadt Zürich sich aus Marketinggründen in Zukunft nur noch mit "u" statt mit "ü" schreibt, wie es die "NZZ" herausgefunden haben will, ist höchstens ein Fall für Hardcore-Humoristen.

Okay, auf lokaler Ebene mag man es noch als liebenswerte Schrulligkeit von ergrauten Dienststellenleitern durchgehen, wenn etwa die Oberpfälzer Polizei auf Facebook stolz die Indienststellung des ersten Rauschgift-Suchponys vermeldet. Doch spätestens wenn man allen Ernstes die Liste der "Bild"-Zeitung mit den lustigsten Bürostreichen zum 1. April durcharbeitet, landet man unweigerlich in der deutschen Humorhölle. Unter dem Stichwort "Blau machen" heißt es da beispielsweise: Drücken Sie den Telefonhörer Ihres Kollegen auf ein Stempelkissen. Anschließend rufen Sie ihren Kollegen an. Zwar wird der kein blaues Wunder, aber ein blaues Ohr erleben! Hö. Hö. Was für ein Schenkelklopfer. Ebenso wie die Aufforderung, Azubis oder Praktikanten loszuschicken, um Dinge zu besorgen, die es gar nicht gibt. Gern genommen in Journalistenkreisen: Geh mal die Tankstellenpreise recherchieren.

Legendär: BBC-Clip über die Spaghetti-Ernte im Tessin

Die britische BBC immerhin kann mit Fug und Recht behaupten, dass ihr Aprilscherz von 1957 nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat. Damals unterrichteten die Briten ihre Landsleute über die vermeintliche Spaghetti-Ernte im Tessin. In dem Beitrag wurden Frauen gezeigt, die Spaghetti von Bäumen pflücken, um sie danach in der Sonne zu trocknen. Kein Witz: Tausende Menschen riefen anschließend beim Sender an und wollten wissen, ob der Nudel-Anbau auch im einheimischen Garten funktioniert.

Oder, ein Beispiel von heute: der Tweet von Umwelt-Aktivistin Greta Thunberg. Sie habe nach all den Gesprächen mit Politikern eingesehen, dass diese die Dringlichkeit der Klimakatastrophe begriffen hätten. Aus diesem Grund habe sie beschlossen, zukünftig auf weitere Schulstreiks am Freitag zu verzichten. Schnappatmung in den Online-Redaktionen, ehe Thunberg ein paar Augenblicke später unter dem Stichwort "AprilFoolsDay" die Sache mit "Nur ein Witz" wieder gerade rückte.

So viel Aufmerksamkeit dürfte der diesjährige Aprilscherz der "Tagesschau"-Redaktion gewiss nicht hervorrufen. "Willkommen in der Tagesschau-Arena" heißt es auf der Website des stets auf Seriosität bedachten Nachrichten-Flaggschiffs. Für drei Jahre habe sich die ARD die Namensrechte am Volksparkstadion, der Heimat des Zweitligisten HSV, gesichert. Eine Partnerschaft, die sich aufdränge. "Der Dino und wir – das passt einfach zusammen", lässt sich Chefredakteur Kai Gniffke zitieren.

Aprilscherze in Zeiten von Fake News befremdlich

Ist man schon ein alter, humorloser Spießer, wenn man es in Zeiten von "Fake News" irgendwie befremdlich findet, dass sich ausgerechnet die wichtigste deutsche Nachrichtensendung zu solch billigem Klamauk hergibt?

Immerhin: Die Sache hat Tradition. Seit Jahren liefert die "Tagesschau" am 1. April einen Schenkelklopfer in eigener Sache. Wie etwa 2007, als man bekannt gab, dass die Titelmelodie nicht länger live von einem Orchester gespielt werde, sondern ab sofort vom Band komme. Nur der Gong würde weiterhin noch vom Chef vom Dienst persönlich geschlagen.

Ham wa gelacht!

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