Noch immer wird nach den Überresten der Boeing 777-200 von Malaysia Airlines gesucht, die am 8. März von den Radarschirmen spurlos verschwand. Weder Trümmer noch der Flugschreiber, dessen Daten zur Aufklärung der Absturzursache beitragen könnten, wurden bisher gefunden.
Nun ist vor wenigen Tagen ein Buch mit dem Titel "Flight MH370 - The Mystery" bei John Blake Publishing erschienen, das Licht in ein dunkeles Kapitel der Zivilluftfahrt bringen will. Verfasst wurde das 288 Seiten dicke Paperback von dem in Chicago geborenen und jetzt in London lebenden Publizisten Nigel Cawthorne. Darin greift er Spekulationen auf, die bereits wenige Tage nach dem Verschwinden des Fluges von MH370 mit 239 Personen an Bord im Internet kursierten. stern.de berichtete über diese Verschwörungstheorie, die gerne mit der Vertuschungsthese kombiniert wurde.
Laut Cawthorne sei die Boeing Triple Seven auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking von einer Luft-Luft-Rakete ("Air-to-Air Missile" - AAM) rüber dem Südchinesischen Meer abgeschossen worden. Angeblich habe zum selben Zeitpunkt ein gemeinsames Manöver US-amerikanischer, thailändischer und weiterer asiatischer Streitkräfte stattgefunden.
Feuerball am Himmel
Seine These stützt er auf die Beobachtung von Mike McKay, dem Mitarbeiter einer Ölbohrplattform. Der Neuseeländer hatte in jener Nacht kurz nach dem Zeitpunkt, als der Transponder keine weiteren Daten mehr übermittelte, einen Feuerball am Himmel wahrgenommen. Diese Beobachtung ist nichts wirklich Neues und kursiert bereits seit dem 12. März im Internet.
Angeblich seien Suchtrupps bewusst in die falsche Richtung geschickt worden, um von dem irrtümlichen Abschuss abzulenken. Auch soll eine "weitere Black Box" im Meer westlich von Australien versenkt worden sein.
Viel Fantasie hat mitgeholfen
Auch nach der Veröffentlichung des Buches bleibt das Verschwinden von MH370 ein Rätsel. Denn der Autor hat sich weder als verlässlicher Rechercheur, noch als Luftfahrtexperte einen Namen gemacht - eher als fantasiereicher Romancier und Vielschreiber: Nigel Cawthorne bezeichnet sich selbst als "Großbritanniens meist veröffentlichten lebenden Autor". Nach Angaben auf seiner Homepage hat er mehr als 150 Bücher veröffentlicht und unzählige Buchbeiträge geschrieben. Dabei reicht seine thematische Bandbreite von Romanen bis zu populären Sachbuchthemen.
Einige Werke des 64-Jährigen sind auch auf Deutsch erschienen, wie etwa "Das Sexleben der Päpste" oder "Das Intimleben amerikanischer Präsidenten". Zu seinen momentanen Buchprojekten gehören auch reißerische Titel wie "Mone Lisa nude" und "Hitler's 9/11", für die er noch einen Verlag sucht.
Das Buch ist ein Schnellschuss
Mit seiner Mutmaßung zu MH370 erinnert Cawthorne an tragische Abschüsse von Passagierflugzeugen durch das Militär, wie den des Jumbojets von Korea Airlines durch sowjetische Abfangjäger im Jahre 1983 westlich der Insel Sachalin. Auch wurden 1980 die Insassen des italienischen Inlandfluges Itavia 870 Opfer eines Raketenabschusses: Nach jahrelangen Ermittlungen wurde bekannt, dass damals ein Luftkampf zwischen zwei Maschinen der libyschen Luftwaffe und einer Gruppe von Nato-Flugzeugen stattgefunden hatte. Durch eine Verwechselung soll die DC9 damals abgeschossen worden sein.
Angehörige der Opfer von MH370 haben für das jüngste Werk des Vielschreibers keinerlei Verständnis. Die Australierin Irene Burrows, die an Bord des Malaysia-Fluges mehrere Angehörige verlor, ist verärgert. Die Veröffentlichung käme viel zu früh: "Niemand weiß, was wirklich passierte. Warum will jemand in dieser Situation ein Buch herausgeben? Es gibt keinerlei Antworten. Es ist verheerend für die Familien."