Hurrikan "Rita" wird schlimmer als "Katrina"

Am Golf von Mexiko spitzt sich die Lage zu: "Rita" ist der drittstärkste Hurrikan, der je beobachtet wurde. Wo genau er auf die US-Küste treffen wird, ist aber noch unklar. Die Vorkehrungen laufen auf Hochtouren.

Der Wirbelsturm "Rita" ist am Mittwochabend zum drittstärksten jemals beobachteten Hurrikan angewachsen. Dies berichtete der US-Nachrichtensender CNN unter Berufung auf das Nationale Hurrikanzentrum im Miami. Nur der Hurrikan Gilbert im Jahr 1988 und ein Wirbelsturm des Jahres 1935 wurden als heftiger eingestuft.

"Rita" erreichte am späten Mittwochabend über dem Golf von Mexiko Spitzenwindgeschwindigkeiten von 280 Kilometer in der Stunde, teilte das Hurrikanzentrum mit. Als Hurrikan der höchsten Kategorie 5 steuerte "Rita" am Mittwoch auf die texanische Küste bei Galveston zu, wo er nach Berechnungen von Experten am späten Freitagabend oder frühen Samstagmorgen (Ortszeit) eintreffen dürfte. Präsident George W. Bush rief am Mittwoch bereits vorsorglich für Texas und Louisiana den Notstand aus. Damit ist unbürokratische Bundeshilfe möglich. "Rita" wurde als so gefährlich eingestuft, dass bereits für eine Million Menschen in niedrig gelegenen Küstenabschnitten von Texas eine Zwangsevakuierung verfügt wurde.

Der Direktor des Hurrikanzentrums in Miami, Max Mayfield, warnte, dass "Rita" sich im Fall anhaltender Stärke noch schlimmer auswirken könne als "Katrina", die vor dreieinhalb Wochen in Louisiana mit der Metropole New Orleans und in Mississippi verheerende Verwüstungen und Überschwemmungen angerichtet hat. Die Zahl der Todesopfer liegt inzwischen bei mehr als 1000, dürfte aber noch deutlich ansteigen, da die Bergungsarbeiten noch andauern. Sollte Galveston, eine Inselstadt mit etwa 60.000 Einwohnern vor Houston, direkt getroffen werden, könnte sie zum größten Teil oder sogar ganz überflutet werden, sagte Mayfield. Knapp 270.000 Einwohner des Kreises Galveston wurden bereits aufgefordert, die vorgelagerte Insel südlich von Houston zu verlassen. Auch Teile der Millionenstadt Houston werden evakuiert.

"Geht dem Sturm aus dem Weg!"

Heimatschutzminister Michael Chertoff rief die Bevölkerung dringend auf, der Anordnung zur Evakuierung Folge zu leisten. "Wenn der Sturm zuschlägt, ist es am besten, ihm vorher aus dem Weg zu gehen", sagte Chertoff dem Fernsehsender ABC. Nach massiver Kritik an der nachlässigen Vorbereitung von Regierung und Behörden auf "Katrina" stellte die Katastrophenschutzbehörde Fema Flugzeuge und Busse zur Verfügung. "Nach diesem Killer in New Orleans, 'Katrina', kann ich beim besten Willen nicht bleiben", sagte die 59 Jahre alte Lydyan Jean Jocque, die mit ihrer Bibel und Kleidung in Plastiktüten auf einen Bus wartete und ihren Hund einem Transporter für Haustiere anvertraute.

Alarmstimmung in New Orleans

Alarmstimmung herrscht aber auch in New Orleans. Nach den verheerenden Überflutungen durch "Katrina" wächst die Sorge, dass "Rita" auch noch bei einem Vorbeizug in größerer Entfernung so viel Regen und Sturm bringen könnte, dass die strapazierten Dämme nicht halten. Vor diesem Hintergrund hatte Bürgermeister Ray Nagin auch die am Montag eingeleitete Rückführung von tausenden geflüchteten Einwohnern ausgesetzt. Das Pionierkorps der Streitkräfte arbeitete mit Hochdruck daran, die Stadt vor einer neuen Überflutung zu schützen. Die Deiche seien nur für gut 15 Zentimeter Regen und eine drei Meter hohe Sturmflut gerüstet. "Der Schutz ist im besten Fall dünn", sagte Dave Wurtzel von den Pionieren. Pioniere und Bauarbeiter zogen eine Metallabsperrung in einer Straße ein, um ein erneutes Eindringen der Fluten aus dem Pontchartrain-See zu verhindern. Hunderte riesiger Sandsäcke lagen bereit oder wurden nachbestellt. Sie sollen bei möglichen Deichbrüchen zum Einsatz kommen. Die Gouverneurin von Louisiana, Kathleen Blanco, rief den Notstand aus und sagte: "Wir beten, dass sich der Hurrikan auflöst oder abschwächt. Dieser Staat kann kaum noch ertragen, was ihm widerfährt."

Wo genau "Rita" das Land erreichen wird, lässt sich nach Angaben des Hurrikanzentrums möglicherweise erst am Freitag sagen. Noch sei von Nordmexiko bis zum südwestlichen Louisiana alles möglich, hieß es am Abend im Hurrikan-Zentrum in Miami. Der amtierende Chef der US-Behörde für Katastrophenmanagement, David Paulison, erklärte, die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren. So seien beispielsweise bereits dutzende Lastwagen mit Fertigmahlzeiten, Eis und Wasser sowie medizinische Fachleute vor Ort. Das Pentagon sei mit der Einrichtung von Lazaretten beauftragt.

"Rita" ist bereits der 17. Sturm der diesjährigen Hurrikan-Saison. Seit 1851 gab es nur in drei Jahren mehr tropische Stürme - der Rekord liegt bei 21 im Jahr 1933. Zu Ende geht die Hurrikan-Saison erst am 30. November.

AP · DPA · Reuters
DPA/AP/Reuters

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