Tragödie in Teheran Was mit Unglücksflug PS752 passiert ist – das ist bislang über den Absturz bekannt

Warum ist eine ukrainische Boeing 737 kurz nach dem Start in Teheran abgestürzt? Vieles deutet auf einen Abschuss durch die iranische Flugabwehr hin – auch wenn das Land den Verdacht zurückweist. Das ist der Stand der Erkenntnisse.

Was ist am 8. Januar passiert?

Am Mittwoch um 5 Uhr Ortszeit, kurz nachdem iranische Raketen zwei Militärlager im Nachbarland Irak getroffen hatten, stürzte die Boeing 737-800 NG der Ukraine International Airlines aus 2400 Metern Höhe auf ein offenes Feld nahe dem Teheraner Vorort Parand. Die Maschine war kurz zuvor in der iranischen Hauptstadt mit Ziel Kiew gestartet. An Bord des Flugs PS752 waren 176 Menschen. Niemand hat überlebt.

Wer waren die Opfer?

82 der Insassen waren, 63 stammten aus Kanada. Daneben waren auch Briten, Schweden, Ukrainer und Afghanen an Bord gewesen. Zwei Passagiere hätten den Flug nicht angetreten. In ersten Berichten hieß es, dass auch Deutsche unter den Opfern gewesen seien. Das bestätigte sich nicht. Jedoch ist bei dem Absturz eine 29-jährige Iranerin ums Leben gekommen, die am Mainzer Max-Planck-Institut promovierte, sowie eine afghanische Asylbewerberin aus Nordrhein-Westfalen mit ihren beiden Kindern.

Warum waren so viele Kanadier an Bord?

Wegen der Wirtschaftssanktionen der USA gegen den Iran ist das Flugangebot von und nach Teheran eingeschränkt. Die Ukraine International Airlines ist eine der wenigen Fluggesellschaften, die den Iran anfliegen und zudem günstig. Viele der kanadischen Passagiere waren Studenten.

Was ist die Absturzursache?

Auf die entscheidende Frage gibt es bislang keine endgültige Antwort. Die Anzeichen verdichten sich, dass das Flugzeug von der iranischen Raketenabwehr versehentlich abgeschossen wurde. Die Regierung in Kiew mutmaßt, dass die Boeing von einer Rakete des russischen Typs "Tor" getroffen worden sein könnte – was sowohl in Moskau als auch in Teheran zurückgewiesen wird. Die iranischen Behörden hatten nach dem Unglück ungewöhnlich schnell einen "technischen Defekt" als Ursache genannt.

Was ist über die Unglücksmaschine bekannt?

Laut der Airline wurde die Boeing 2016 angeschafft und ist noch vor wenigen Tagen ohne Beanstandungen überprüft worden. "Es war eines unserer besten Flugzeuge, mit einer ausgezeichneten zuverlässigen Mannschaft", sagte der Chef der Fluggesellschaft.

Wurde die Boeing tatsächlich abgeschossen?

Sowohl die Ukraine als auch Kanada und die USA schließen technisches und/oder menschliches Versagen als Absturzursache aus. Auf einem Video vom Unglücksort und -zeitpunkt ist ein kurzer Lichtblitz am Himmel zu sehen, der auf eine Explosion hindeutet. Um die Ursache zu ermitteln, wird der Flugschreiber ausgewertet. Zudem hat der Iran Experten aus dem Ausland eingeladen, sich an der Untersuchung zu beteiligen, darunter Fachleute aus Frankreich, Deutschland und den USA.

Was spricht für einen Abschuss?

US-Medien zufolge sollen amerikanische Geheimdienste Signale von einem Radar empfangen haben, das eingeschaltet worden sei. Zudem hätten Satelliten den Start von zwei Boden-Luft-Raketen kurz vor der Explosion des Flugzeugs entdeckt. Solche Daten würden routinemäßig vom US-Militär und den Geheimdiensten gesammelt.

Waren zum Unglückszeitpunkt noch andere Flugzeuge unterwegs?

Laut iranischem Verkehrsministeriums ja. Zum Zeitpunkt des Absturzes seien "mehrere inländische und internationale Flüge auf der gleichen Höhe von 8000 Fuß" im iranischen Luftraum unterwegs gewesen, heißt es bei der Behörde. Mit diesem Argument weist der Iran auch die Abschusstheorie zurück. Die amerikanische Luftfahrtbehörde hatte US-Flugzeugen in der betroffenen Nacht die Nutzung des Luftraums in Teilen des Nahen Ostens untersagt – "wegen erhöhter militärischer Aktivitäten" gebe es ein erhöhtes Risiko, dass ein Flugobjekt falsch identifiziert werde. Die Ukraine untersagte mittlerweile Flüge nach Teheran. Die Lufthansa wollte ursprünglich am Donnerstag wieder in den Iran fliegen, hatte dann aber einen Flug Richtung Teheran nach einer Stunde "vorsorglich" wieder zurück nach Frankfurt zurückbeordert.

Wurden bereits zivile Passagierflugzeuge abgeschossen?

Ja, mehrfach. Im Juli 2014 etwa wurde eine Boeing 777 der Malaysia Airlines über der Ostukraine mit einer Luftabwehrrakete abgeschossen. 2001 explodierte nach einem Raketentreffer eine russische Tupolew 154 über dem Schwarzen Meer. 1998 hatten Rebellen im Ostkongo eine Boeing 727 der Congo Airlines getroffen. Zehn Jahre vorher stürzt eine iranische Linienmaschine über dem Persischen Golf wegen einer US-Rakete ab. Im September 1983 verletzt ein südkoreanischer Jumbo-Jet angeblich sowjetischen Luftraum und wird von einem Kampfjet über dem japanischen Meer abgeschossen.

nik / mit DPA/AFP

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