Sturmtief "Daniel" hat Griechenland nach Angaben der Wetterbehörde EMY Rekord-Niederschlagsmengen beschert. Die Regenwassermengen, die am Dienstag über der Region Thessalien in Mittelgriechenland niedergingen, seien die größten, die jemals im Land gefallen seien, seit die betreffenden Daten erhoben würden, berichtete am Mittwoch die Tageszeitung "Kathimerini" unter Berufung auf die Behörde. Rekordhalter war demnach die Ortschaft Zagora, wo am Dienstag von Mitternacht bis 20.45 Uhr 754 Millimeter Regen je Quadratmeter fielen - das entspricht 754 Tonnen je 1000 Quadratmeter.
Den bisherigen Rekord hielt nach Angaben des Nationalen Observatoriums in Athen bislang der Ort Makrinitsa, der ebenfalls in der Region liegt. Damals betrug die Niederschlagsmenge am 10. Dezember 2009 allerdings nur etwas mehr als die Hälfte des neuen Rekords, nämlich 417 Millimeter pro Quadratmeter. "Was in (der Region) Magnisia passiert, ist ein äußerst extremes Phänomen, sowohl was die Menge und Intensität der Niederschläge als auch ihre Dauer angeht", sagte Chefmeteorologe Kostas Lagouvardos der Zeitung. Lagouvardos vermutet, dass die aktuell relativ hohen Temperaturen des Meeres dazu beigetragen haben könnten. "Es handelt sich um ein statisches System, das ständig mit feuchter Meeresluft versorgt wird, wodurch es ständig an derselben Stelle regnet", sagte er.
Wegen der schweren Unwetter und sintflutartigen Regenfälle in Mittelgriechenland sind die Menschen in den besonders stark betroffenen Städten und Regionen am Dienstagabend aufgefordert worden, ihre Wohnungen und Häuser nicht zu verlassen. Die gewaltigen Wassermassen haben bereits ein Menschenleben gefordert und in der Region Thessalien samt der Hafenstadt Volos zu großen Schäden geführt. Neben Regionen am Mittelmeer sind auch einige Balkanstaaten von Unwettern betroffen. Ein Überblick:
Wie ist die Situation in den betroffenen Gebieten?
Dramatisch - vor allem in der Hafenstadt Volos, wo das Wasser in manchen Straßen fast bis zu den Dächern geparkter Wagen reichte. Autos wurden von den Wassermassen ins Meer gespült, Keller und Ladengeschäfte liefen voll. Außerdem fiel vielerorts immer wieder der Strom aus. Das Handynetz und das Internet waren ebenfalls betroffen und funktionierten zum Teil nur eingeschränkt oder gar nicht. Am Flughafen der Insel Skiathos saßen mehrere Hundert Menschen fest, weil die Flieger gestrichen wurden, wie der Sender Skai berichtete.
Überschwemmungen und Tote: Bilder der schweren Unwetter in Griechenland und der Türkei

So starker Regen Anfang September in Griechenland – ist das normal?
Nein. Zwar herrschte zunächst vielerorts Erleichterung, als der Regen einsetzte - nach Monaten mit hoher Waldbrandgefahr. Aber solche sintflutartigen Regenfälle gibt es sonst nicht einmal in den regenreicheren Wintermonaten.
Was sagen die Meteorologen?
Viele betonen, so etwas "noch nie gesehen" zu haben. Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis besuchte am Dienstag den Zivilschutz, um sich über die Lage zu informieren. Dort sollen ihm die Wetterexperten gesagt haben, es handele sich möglicherweise bereits um die stärksten Regenfälle in Griechenland seit Beginn der Aufzeichnung - dabei soll es noch bis Donnerstag so weitergehen. Der staatliche Wetterdienst Meteo meldete am Dienstagabend einen Regenrekord: In der Ortschaft Zagora nordöstlich von Volos wurde eine Niederschlagsmenge von 754 Millimetern pro Quadratmeter gemessen. Zum Vergleich: Bei der Ahrtal-Flut im Juli 2021 lagen die Niederschlagsmengen zwischen 100 und 200 Millimeter pro Quadratmeter.
Wie reagiert der Staat?
Schon seit Montag dröhnen bei vielen Menschen in den betroffenen Regionen immer wieder die Smartphones mit einem unangenehmen lauten Warnton: Das sind dann Mitteilungen des Zivilschutzes, der per SMS über die Gefahren informiert und dazu aufruft, man solle zu Hause bleiben oder dürfe in bestimmten Gebieten nicht Auto fahren. Diese Taktik scheint aufzugehen - trotz der schweren Regenfälle jetzt gibt es bislang nur einen Toten. Medienberichten zufolge wurde der Mann von einer Mauer erschlagen, die wegen der Regenmassen einbrach. Polizei und Feuerwehr sind im Dauereinsatz, und Bürgerschutzminister Vassilis Kikilias appelliert immer wieder, die Menschen sollten den Anweisungen der Behörden unbedingt Folge leisten.
Beachten die Bürger die Warnungen?
Manchen ist nicht klar, wie gefährlich solche Regenmassen sein können. Am Dienstag zeigten griechische Medien den Bürgermeister von Volos, Achilleas Mpeos, der mitten auf der Straße stand und versuchte, die Leute in ihren Autos davon abzuhalten, herumzufahren. "Das ist doch verrückt, wo fahrt ihr hin?", rief er verzweifelt. "Hier können die Rettungsfahrzeuge nicht durch!" Immer wieder müssen Menschen gerettet werden, die in ihren Autos eingeschlossen sind, weil die Straßen sich in reißende Flüsse verwandelt haben. Dennoch: Insgesamt werden die Warnungen ernst genommen, die Menschen bleiben zu Hause.

Wie sind die Aussichten?
Nicht gut: Vor allem in den Morgenstunden des Mittwochs solle Sturmtief "Daniel" wieder an Fahrt aufnehmen, warnte der Zivilschutz. Und selbst am Donnerstagmorgen soll es noch stark regnen, gewittern und stürmen - gerade dort, wo es bisher schon so schlimm war, nämlich in Thessalien. Erst am Freitag soll sich das Wetter beruhigen.
Ist von dem Sturmtief nur Griechenland betroffen?
Nein, auch wenn es dort am stärksten wütet. Starkregen und schwere Gewitter gab es auch in Bulgarien und im Westen der Türkei. In Bulgarien kamen am Dienstag an der südlichen Schwarzmeerküste zwei Menschen ums Leben, weitere drei wurden vermisst.
Wie ist die Lage in der Türkei?
Bei Überschwemmungen infolge heftiger Regenfälle sind in der Türkei am Dienstag mindestens vier Menschen ums Leben gekommen. In Istanbul starben nach Angaben des Gouverneurs zwei Menschen. Zwei weitere Menschen kamen in der Stadt Kirklareli im Nordwesten des Landes ums Leben, wie der Rettungsdienst mitteilte. Vier Menschen wurden demnach vermisst.
Die Straßen von Istanbul verwandelten sich in reißende Flüsse, eine Metrostation stand nach dem nächtlichen Unwetter teilweise unter Wasser. Aus einer Stadtbücherei mussten Medienberichten zufolge Dutzende Menschen in Sicherheit gebracht werden.
Im Fernsehen und in Online-Netzwerken waren Bilder von Autos und Marktständen zu sehen, die von den Wassermassen fortgespült wurden.
Die starken Regenfälle folgen auf einen besonders trockenen Sommer, in dem der Pegel in den Wasserspeichern der 16-Millionen-Einwohner-Stadt Istanbul auf den niedrigsten Stand seit neun Jahren sank.