Algerien Al-Kaida-Terror erschüttert Algier

Bei zwei Autobomben-Anschlägen in Algerien sind mindestens 24 Menschen getötet und 160 verwundet worden. Die Gruppe "Al Kaida des islamischen Maghreb" hat sich zu den Anschlägen bekannt. Zwei weitere Anschläge konnten vereitelt werden.

Ein Terrorangriff auf die algerische Regierung hat mindestens 24 Menschen das Leben gekostet. Bei den Anschlägen auf den Regierungssitz und eine Polizeiwache am Rand der Hauptstadt Algier wurden außerdem 160 Menschen verletzt. Nach offiziell nicht bestätigten Berichten sind zwei weitere Bomben in der algerischen Hauptstadt entschärft worden. Augenzeugen berichteten, dass die Rechtsfakultät der Universität Ben Aknoun wegen eines Sprengstofffundes evakuiert worden sei. Zudem sei in dem Viertel Hydra, wo etliche Botschaften ihre Residenz haben und hohe algerische Funktionäre leben, am späten Nachmittag eine etwa 30 Kilogramm schwere Autobombe entschärft worden. Das Fahrzeug war nahe dem Sitz der Behörde für Nationale Sicherheit abgestellt, hieß es.

Die radikale Organisation Al-Kaida des islamischen Maghreb hat sich zu den Anschlägen in Algerien bekannt. Die Organisation ist vor wenigen Monaten aus der größten Terrorgruppierung Algeriens hervorgegangen, der "Salafistischen Gruppe für Predigt und Kampf" (GSPC). In einer Internetbotschaft hieß es im Januar, der Al-Kaida-Anführer Osama bin Laden habe angeordnet, alle Kräfte des Heiligen Krieges im Norden Afrikas unter einer Dachorganisation zu vereinen.

Rückschlag für Regierung

Dies ist ein schwerer Rückschlag für die Regierungspolitik einer nationalen Versöhnung, 15 Jahre nach der Intervention der Streitkräfte gegen eine bevorstehende Machtübernahme islamischer Fundamentalisten. Vor den Trümmern seines Amtssitzes sprach Ministerpräsident Abdelaziz Belkhadem von einem "feigen terroristischen Akt". Mit Verbitterung in der Stimme warf er den Islamisten vor, nicht auf das Amnestieangebot der Regierung eingegangen zu sein: "Das algerische Volk hat ihnen die Hand gereicht, und sie haben mit einem Terroranschlag geantwortet."

Autobombenanschlag auf Regierungssitz

Bei dem Anschlag auf den Sitz der Regierung kamen nach Informationen der amtlichen algerischen Nachrichtenagentur APS mindestens neun Menschen ums Leben, 32 wurden verletzt. Augenzeugen beobachteten einen Autofahrer, der sich mit seinem roten Wagen dem Amtssitz des Ministerpräsidenten näherte. Polizisten versuchten noch, ihn mit Schüssen zu stoppen, doch da explodierte das Fahrzeug, etwa 30 Meter vor dem Gebäude. Das Auto brannte völlig aus. Sechs Stockwerke des Gebäudes wurden erheblich beschädigt, die Fassade stürzte teilweise ein. In dem gleichen Haus befindet sich auch der Amtssitz des Innenministers. Die Wucht der Explosion gegen 11.45 Uhr war so stark, dass das metallene Eingangstor verbogen wurde. Die Polizei riegelte den Zugang zu dem Regierungsgebäude ab.

Am östlichen Rand von Algier, in der Vorstadt Bab Ezzouar, explodierte etwa zur gleichen Zeit eine zweite Bombe. Dort wurden nach Informationen von APS acht Menschen getötet und 50 verletzt.

"Al Kaida des islamischen Maghreb" die neue Gefahr für moderate Islam-Staaten

Mit den Anschlägen soll nach Einschätzung von Antiterrorexperten eine Expansion Al Kaidas in den Staaten des Maghreb betrieben werden, zu denen Marokko, Algerien und Tunesien zählen. Ziel sei überdies, Anschläge nicht nur in Nordafrika, sondern auch in Europa vorzubereiten, wo Millionen Einwanderer aus diesen Staaten leben, etwa in Frankreich und Spanien. Auch solle die Rekrutierung von Selbstmordattentätern für den Irak besser koordiniert werden.

Die neue Organisation werde den "Ungläubigen in den USA und Frankreich wie ein Knochen im Hals stecken bleiben", sagte Bin Ladens Stellvertreter Eiman al-Sawahiri in einer Internetmitteilung. Die einstige GSPC, der 300 bis 800 bewaffnete Mitglieder zugerechnet werden und die seit fast 20 Jahren mit den Mitteln des Terrors in Algerien kämpft, soll mit der Neugründung die Führerschaft in der Region übernommen haben.

Algerien befindet sich seit 1992 im ständigen Konflikt mit islamischen Fundamentalisten. Damals stand deren Islamische Heilsfront (FIS) bei einer Parlamentswahl kurz davor, die Regierungsmehrheit zu erringen. Die Wahl wurde daraufhin von den Streitkräften für ungültig erklärt, und die Fundamentalisten gingen in den Untergrund.

Bei Anschlägen, Überfällen und Kämpfen mit Polizei und Soldaten kamen seitdem schätzungsweise 200.000 Menschen ums Leben. Ende der 90er Jahre flaute die Gewalt etwas ab. In einem Referendum vom 29. September 2005 sprach sich die algerische Bevölkerung mit großer Mehrheit für einen Plan von Präsident Abdelaziz Bouteflika zur nationalen Versöhnung aus, verbunden mit einer weitgehenden Amnestieregelung. Seit einigen Monaten kommt es aber wieder häufiger zu Zwischenfällen vor allem im Osten und in der Mitte des nordafrikanischen Landes.

Gefechte zwischen Islamisten und Regierungstruppen

Am vergangenen Wochenende wurden bei Gefechten zwischen Islamisten und Regierungstruppen neun Soldaten und sechs Aufständische getötet. Die Islamisten griffen nach Angaben der Behörden eine Militärpatrouille im Wald von Zaccar an, 250 Kilometer westlich von Algier. Bei einem Bombenanschlag auf einen Bus mit Arbeitern einer russischen Firma kamen am 3. März vier Menschen ums Leben. Dazu bekannte sich die Organisation Al Kaida im Islamischen Nordafrika. Dabei handelt es sich offenbar um die gleiche Organisation wie bei der früher aufgetretenen Salafistischen Gruppe für Predigt und Kampf (GSPC).

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AP/DPA