ANGRIFFSPLÄNE Irak-Debatte in USA löst Unruhe aus

Sogar US-Experten raten von einem Angriff ab: Der frühere UN-Waffeninspekteur Butler sieht keine Hinweise auf Zusammenarbeit Saddams mit El Kaida.

Die öffentliche Debatte in den USA über einen möglichen Angriff auf Irak sorgt in Deutschland zunehmend für Unruhe. Trotz aller Versicherungen von Bundeskanzler Gerhard Schröder, dass es keine Anzeichen für einen solchen Angriff gebe, forderte FDP-Chef Guido Westerwelle die Bundesregierung am Donnerstag zu Informationen über die Hintergründe der anhaltenden US-Debatte auf.

Bisher keine Konsultationen

Schröder und der französische Präsident Jacques Chirac hatten gemeinsam auf dem deutsch-französischen Gipfel am Dienstag in Schwerin versichert, dass US-Präsident George W. Bush den Verbündeten Konsultationen für den Fall zugesichert habe, dass sein Land Pläne über einen Angriff auf den Irak hege. Solche Konsultationen habe es bisher nicht gegeben.

FDP-Kritik über Informationsmangel

Westerwelle bemängelte im Fernsehsender n-tv, es gebe auch keine Informationen der Bundesregierung über US-Berichte, in denen von einer Vernetzung der irakischen Führung mit der Terrororganisation El Kaida die Rede ist. Frühere vertrauliche Informationswege zwischen Regierung und Opposition seien seit Monaten verschüttet. Der CDU-Außenpolitiker Karl Lamers sagte, die Europäische Union müsse einen Militärschlag der USA gegen Irak verhindern. Es sei unwahrscheinlich, dass Staatschef Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen an Terroristen weitergebe. Nur wenn Europa mit einer Stimme rede, könne dies verhindert werden, sagte er.

Verfassungsrechtlich bedenklich

Der Völkerrechtler Christian Tomuschat von der Berliner Humboldt-Universität verwies im Bayrischen Rundfunk auf das Verfassungsgebot, das Völkerrecht zu achten. Angriffe auf Drittstaaten seien daher ohne entsprechende Erklärungen des UN-Sicherheitsrats nicht gedeckt. Großbritannien hingegen könne aus seiner eigenen Rechtslage heraus die USA bei einem Angriff unterstützen.

Butler: Saddam teilt Waffen nicht mit anderen

Die Debatte in Deutschland wurde ausgelöst durch eine Anhörung des Senatsausschuss für Auswärtige Angelegenheiten in Washington, bei der Irak-Experten den USA von einem Militärschlag gegen Bagdad abrieten. Der frühere UN-Waffeninspekteur Richard Butler sagte, seiner Ansicht nach arbeite Irak nicht mit internationalen Terrororganisationen zusammen. Zwar lasse Staatschef Saddam Hussein weiterhin chemische und biologische Waffen entwickeln. Es sei aber kaum vorstellbar, dass er eine solche Machtquelle mit anderen teile, sagte Butler am Mittwoch vor dem US-Senat.

Auch Demokraten zögern

Der Ausschuss untersucht, ob Irak eine Bedrohung darstellt und ob Saddam Hussein mit militärischer Gewalt gestürzt werden sollte. Die Risiken einer Militäraktion müssten genau abgewogen werden, sagte der Vorsitzende des Ausschusses, der demokratische Senator Joseph Biden. Biden forderte die Regierung Bush auf, ihre genauen Pläne für die Zeit nach einem möglichen militärischen Angriff darzulegen. Er sprach sich für eine enge Zusammenarbeit der USA mit Russland aus, um Irak zu einer Zustimmung zu neuen Waffeninspektionen zu bewegen.

»Noch keine Entscheidung«

US-Außenminister Colin Powell betonte, die USA hätten noch keine Entscheidung für eine Militäraktion gegen Irak getroffen. Powell traf am Donnerstag am Rande des ASEAN-Regionalforums in Brunei mit dem japanischen Außenminister Yoriko Kawaguchi zusammen. Dessen Sprecher bekräftigte, dass Bush auf jeden Fall die Verbündeten konsultieren wolle.