Vor dem Hintergrund der blutigen Anschläge in Bagdad hat sich US-Außenminister Colin Powell tief besorgt über die Lage im Irak geäußert. "Es waren schlechte 24 Stunden", sagte Powell am Montagabend in Washington. Zugleich äußerte er die Befürchtung, dass sich die Hilfsorganisationen auf Grund der Gefährdung ihrer Mitarbeiter aus dem Irak zurückziehen könnten. Zuvor waren bei einer Serie von fünf Selbstmordanschlägen in Bagdad 34 Menschen getötet und mehr als 230 verletzt worden. Hauptziel der Attentäter war die Zentrale des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK). Bei weiteren Zwischenfällen starben fünf irakische Zivilisten und drei US-Soldaten. Wer hinter den Anschlägen steht, war zunächst unklar.
Kaltblütige Mörder
International wurde das Blutbad auf das Schärfste verurteilt. US- Präsident George W. Bush erklärte, die Angriffe zeigten, dass es den "kaltblütigen Mördern" nur darum gehe zu töten, gleichgültig wen. Die USA würden sich von den Anschlägen im Irak nicht von ihrem Kurs abbringen lassen. "Je erfolgreicher wir sind (...), desto verzweifelter werden diese Kriminellen", sagte Bush in Washington.
UN-Generalsekretär Kofi Annan betonte, nichts könne derartige terroristische Verbrechen rechtfertigen. Annan verurteilte insbesondere den Anschlag auf die Zentrale des IKRK. Auch die Bundesrepublik und ihre europäischen Partner verurteilten die Anschläge scharf.
Zahlreiche Schulkinder verletzt
Vor dem IKRK-Sitz war am Morgen ein mit Sprengstoff beladener Krankenwagen explodiert. Dabei starben zehn Iraker, darunter zwei IKRK-Mitarbeiter. Nach Angaben der irakischen Sicherheitsbehörden explodierten weitere Autobomben kurz zuvor und wenig später vor vier Polizeistationen in Bagdad. Bei einem dieser Anschläge seien auch zahlreiche Schulkinder verletzt worden.
Terroristen aus dem Ausland?
US-Militärsprecher General Mark Hertling sagte in Bagdad, die Attentäter hätten sich bei der Planung über den Zeitpunkt der Anschläge abgesprochen. "Davon abgesehen, war ihr Vorgehen aber eher amateurhaft." Gleichzeitig verdichteten sich die Hinweise, dass ausländische Terroristen an den Attacken beteiligt waren. Hertling sagte, es sei ein Syrer festgenommen worden, der versucht habe, vor einer weiteren Polizeistationen einen Sprengsatz zu zünden.
US-Außenminister Powell sagte in Washington, die USA hofften, dass die unabhängigen Organisationen, die UN und ausländische Unternehmen ihre Sicherheitssituation überprüften und zu der Auffassung gelangten, dass sie im Irak bleiben können. Die Organisationen würden gebraucht. Wenn sie ihre Mitarbeiter aus dem Irak abziehen würden, dann wäre dies ein Sieg für die Terroristen.
IKRK: "Wir sind schockiert und verurteilen diesen Anschlag"
Beim IKRK in Genf hieß es, es sei noch zu früh zu entscheiden, ob die Organisation ihre Mitarbeiter aus Bagdad abziehen werde. "Wir sind schockiert und verurteilen diesen Anschlag", sagte eine Sprecherin. Der IKRK-Delegationsleiter im Irak, Pierre Gassmann, sagte der ARD, die Hilfsorganisation werde am Dienstag damit beginnen, die 35 internationalen Mitarbeiter auszufliegen.
Das Bundesinnenministerium in Berlin prüft nach eigenen Angaben, ob die vier deutschen Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks (THW) aus Bagdad abgezogen werden sollen. Die deutsche Hilfsorganisation HELP, die als eine der wenigen deutschen humanitären Organisationen noch im Irak mit internationalen Mitarbeitern vertreten ist, will ihre Arbeit fortsetzen.
In Falludscha, 70 Kilometer westlich von Bagdad, erschossen US- Soldaten am Montag nach Angaben von Augenzeugen fünf Insassen eines Kleinbusses. Die Soldaten hätten das Feuer eröffnet, nachdem in der Nähe ein Sprengsatz explodiert sei. Bereits in der Nacht zum Montag waren zwei US-Soldaten getötet und zwei weitere verletzt worden, als ihre Patrouille in Bagdad mit einem Sprengsatz angegriffen wurde. Außerdem starb ein US-Militärpolizist bei einem Granatenangriff auf ein Gefängnis im Westen der irakischen Hauptstadt.