US-Präsident Barack Obama hat die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich zum 95. Jahrestag beklagt, dabei aber den heiklen Begriff "Völkermord" vermieden. Die Ereignisse in den Jahren 1915 bis 1917 zählten zu den "schlimmsten Gräueln des 20. Jahrhunderts", sagte Obama am Samstag bei einer kurzen Ansprache zu dem armenischen Gedenktag. Zugleich begrüßte er die jüngsten Schritte der Annäherung zwischen der Türkei und Armenien.
Obama rückte von seiner Ankündigung aus dem Präsidentschaftswahlkampf 2008 ab, er wolle im Falle seiner Wahl als Präsident den Begriff Völkermord ausdrücklich für die Massaker an den Armeniern verwenden. Die türkische Regierung lehnt diesen Begriff ab und reagiert auf die Verwendung mit harten diplomatischen Maßnahmen. Im März zog sie ihren Botschafter aus Washington ab, nachdem der außenpolitische Ausschuss des US-Repräsentantenhauses eine Resolution angenommen hatte, in der die Massaker als Völkermord beschrieben werden.
Obama betonte am Samstag, seine Sicht der Ereignisse habe sich "nicht geändert". Die Massaker seien ein "verheerendes Kapitel in der Geschichte des armenischen Volkes", fügte Obama hinzu. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan erklärte anschließend, der US-Präsident habe die "Empfindlichkeiten der Türkei berücksichtigt". Außenminister Ahmet Davutoglu hingegen sagte, die Erklärung Obamas sei "nicht akzeptabel". Die Türken hätten ihrerseits Anspruch auf Anerkennung ihrer Leiden, sagte Davutoglu unter Hinweis auf die zehntausenden Türken, die bei den Auseinandersetzungen im Osmanischen Reich von Armeniern getötet wurden.
Zwischen 1915 und 1917 wurden im damaligen Osmanischen Reich nach armenischen Angaben mehr als 1,5 Millionen Armenier getötet. Auch die Türkei räumt ein, dass mehrere hunderttausend Armenier getötet wurden.