Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat mit Äußerungen zu einem etwaigen Verlust der ostukrainischen Stadt Bachmut für Verwirrung gesorgt. "Heute ist Bachmut nur in unseren Herzen", sagte Selenskyj am Sonntag am Rande des G7-Gipfels im japanischen Hiroshima. Es sei dort "nichts" mehr übrig, sagte er, ohne zunächst nähere Angaben zur militärischen Lage vor Ort zu machen.
Russland hatte am Samstag die monatelange Schlacht um Bachmut für entschieden erklärt und die vollständige Einnahme der Stadt im Osten der Ukraine verkündet. Die Privatarmee Wagner habe die Stadt mithilfe der Artillerie- und Luftunterstützung der russischen Streitkräfte komplett erobert, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau in der Nacht zu Sonntag mit.
Die Äußerungen des ukrainischen Staatschefs schienen zunächst die Angaben Russlands zu bestätigen, die Stadt erobert zu haben. Die Antwort Selenskyjs habe sich jedoch auf den ersten Teil der Frage bezogen, erklärte sein Sprecher Serhiy Nykyforow am Sonntag im Onlinenetzwerk Facebook. Mit seiner Antwort habe der Präsident im Gegenteil die Einnahme der Stadt durch russische Truppen dementiert, erklärte er. Selenskyjs Antwort bezog sich demnach auf die Zerstörung der Stadt, nicht auf ihre Einnahme durch Moskau.
Nach dem G7-Gipfel im japanischen Hiroshima sagte Selensky am Sonntag: "Bachmut ist heute nicht von Russland besetzt worden."
Neue Satellitenbilder dokumentieren die völlige Zerstörung im hart umkämpften Bachmut

Putin gratuliert Prigoschin
Der russische Präsident Wladimir Putin hat unterdessen bereits am Samstag den Wagner-Einheiten und der Armee gratuliert, berichtete die russische Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf eine Erklärung des Kremls.
Einige Stunden zuvor hatte bereits der Chef der russischen Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, die Eroberung von Bachmut verkündet. "Die Operation zur Einnahme von Bachmut hat 224 Tage gedauert", sagte er. Bis zum 25. Mai würden die Kämpfer der Wagner-Gruppe die Stadt untersuchen, "die notwendigen Verteidigungslinien schaffen" und Bachmut dann der russischen Armee übergeben.
Kiew soll noch kämpfen
Die ukrainische Regierung hatte hingegen mitgeteilt, dass die Kämpfe andauerten. "Schwere Kämpfe in Bachmut. Die Situation ist kritisch", schrieb Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar bei Telegram. Ukrainische Gruppen würden noch einige Einrichtungen der Industrie und Infrastruktur kontrollieren.
In Bachmut lebten einst 70.000 Menschen. Die Schlacht um die Stadt gilt als längste und blutigste seit dem Beginn der russischen Operation in der Ukraine im Februar 2022. Es wird vermutet, dass beide Seiten große Verluste erlitten haben. Der Fall von Bachmut würde Moskau nach einer Reihe von Niederlagen einen wichtigen Sieg bringen.