Russland feiert an diesem Dienstag den Jahrestag des sowjetischen Sieges über Nazi-Deutschland im Jahr 1945. 78 Jahre ist die Kapitulation des Dritten Reichs inzwischen her. Für Wladimir Putin ist der Feiertag von zentraler Bedeutung. In den letzten Jahrzehnten ließ er die Propaganda des Siegestag zum sakralsten Datum seines Regimes verklären. Der 9. Mai ist Dreh- und Angelpunkt einer ganzen Mythologie, die das Militär und den Krieg in einen Heldenepos verklärt.
Die Gelegenheit sich im Glanz des alten Sieges zu sonnen, lässt sich Wladimir Putin nicht nehmen. Im Vorfeld wurde spekuliert, ob die Parade in Moskau abgesagt wird. Zuletzt hatten sich Drohnenangriffe und Sabotageakte in Russland gehäuft. Die Führung in Moskau macht Kiew verantwortlich. Mehrere Städte sagten die traditionellen Feierlichkeiten zum Weltkriegsende daher ab.
Sieben Staatschefs reisen zur Parade in Moskau an
Eine Absage der Moskauer Parade käme jedoch einem Eingeständnis einer totalen Niederlage gleich. Zu diesem Schritt ist Putin nicht bereit. Mit allen Mitteln brachte er mehrere Staatschefs dazu, ihm bei der Parade Gesellschaft zu leisten. Unter ihnen die Machthaber von Kasachstan, Turkmenistan, Kirgistan, Tadschikistan, und Belarus.
Im vergangenen Jahr reiste kein einziger Staatschef zu der Parade in Moskau an. Der Kreml erklärte diesen Umstand damit, dass es sich um kein Jubiläum handele. Daher habe man niemanden eingeladen. In diesem Jahr war diese Tatsache offenbar kein Argument. In Russland wird nun darüber spekuliert, mit welchen Mitteln Putin die sieben Chefs ehemaliger Sowjetstaaten zu der Teilnahme an der Parade gebracht hat.
Umorientierung in der Ukraine
Die Feierlichkeiten werden – wie schon im Vorjahr – überschattet vom Angriffskrieg gegen die Ukraine. Gekämpft wird auch um die Deutungshoheit dieses Ereignisses. Der Kreml rechtfertigt seinen Angriffskrieg als Abwehr einer westlichen Bedrohung und eines angeblich nazistischen Regimes in Kiew. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hingegen stellt die Verteidigung der Ukraine in eine Reihe mit dem Kampf gegen Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg. Zur Feier des Europatags wird EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an diesem Dienstag in Kiew erwartet.