Die italienische Partei Lega Nord hat sich nach eigenen Angaben mit Ministerpräsident Silvio Berlusconi über umstrittene Reformvorhaben geeinigt. Lega-Nord-Chef Umberto Bossi sagte am Dienstag, er sei dennoch weiter pessimistisch, ob die Regierungskoalition überleben werde. Die Europäische Union müsse entscheiden, ob die Reformschritte ausreichten. Besonders umstritten ist die Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 von bislang 65 Jahren. Berlusconi selbst verwahrte sich gegen Druck aus Paris und Berlin. Kein EU-Land könne sich zum Lehrmeister aufschwingen und anderen Ländern Lektionen erteilen, erklärte der umstrittene Regierungschef.
Italiens Schuldenstand von 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gilt als eines der größten Probleme der Eurozone. Skeptiker befürchten, dass das Land den gesamten Währungsraum in Gefahr bringen könnte, sollte die Regierung das Vertrauen der Finanzmärkte nicht zurückgewinnen. Berlusconi ist durch Sex- und Korruptionsaffären geschwächt. Der Regierungschef hat bereits mehrere Vertrauensabstimmungen im Parlament nur mit Hilfe der Lega Nord überstanden.
EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn forderte Berlusconi auf, Zweifel am Reform- und Sparwillen auszuräumen. Der Ministerpräsident müsse anderen Euro-Regierungschefs "einen klaren Zeitplan für konkrete Entscheidungen" vorlegen, sagte Rehn dem "Handelsblatt" (Mittwochausgabe) laut Vorabbericht. Italien müsse einen ausgeglichenen Staatshaushalt bis 2013 wie versprochen erreichen und seine Partner überzeugen, dass überfällige Wirtschaftsreformen angepackt würden. Als Beispiel nannte Rehn die Öffnung staatlich geschützter Berufe, die Liberalisierung des Arbeitsmarktes und die Reform des Justizsystems.
In Diplomatenkreisen gibt es dem Blatt zufolge Erwägungen, dass der Internationale Währungsfonds die Eurozone unterstützen könnte, Italien auf Sparkurs zu bringen. "Der IWF könnte dabei helfen, die Fiskalpolitik von Eurostaaten wie Italien zu kontrollieren", zitierte die Zeitung einen hochrangigen Diplomaten. Die Eurozone selbst habe offenkundig Probleme damit, große Länder wie Italien zu disziplinieren. Zuletzt hatten Kanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Nicolas Sarkozy Berlusconi beim EU-Gipfel am Sonntag zu Reformen gedrängt.