Bettencourt-Affäre Ermittlungen gegen den eigenen Vorgesetzten

Die juristische Aufarbeitung der französischen Parteispendenaffäre steht noch am Anfang, da hagelt es schon Kritik. Die Regierungsnähe des ermittelnden Staatsanwalts Courroye nährt die Skepsis an einer unabhängigen Ermittlung.

Geldumschläge beim Essen an Politiker verteilen? Das wäre doch eine Verletzung der guten Sitten, meint die reichste Frau Frankreichs, die unter anderem Nicolas Sarkozy großzügig bedacht haben soll. Ein Dementi der illegalen Parteifinanzierung ist dies nicht. Der Vorwurf steht weiter im Raum. Zudem sind in der Affäre um L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt so viele pikante Details bekannt, dass es für die Ermittler eine reine Freude sein müsste, die Geschichte aufzudröseln. Nicht so in Frankreich: Der Staatsanwalt steht dem Präsidenten nahe und damit unter Verdacht, das Verfahren zu bremsen.

Die juristische Aufarbeitung scheint derzeit heillos verworren: Staatsanwalt Philippe Courroye liegt mit der ermittelnden Richterin im Clinch. Mediensüchtige Staranwälte giften sich gegenseitig an. Mehrere Verfahren überlappen sich. Rufe nach einem unabhängigen Untersuchungsrichter werden immer lauter.

Die grüne Europaabgeordnete Eva Joly machte sich öffentlich lustig über die Ermittlungen des Staatsanwalts. "Wenn er bei (Bettencourts Vermögensverwalter) Patrice de Maistre ermittelt, dann fragt er vorher: "Dürften wir bei Ihnen eine Hausdurchsuchung machen?". So wird man nie etwas finden", sagte die ehemalige Untersuchungsrichterin, die in der Korruptionsaffäre um den Ölkonzern Elf ermittelt hatte, der Zeitung "Le Monde" (Freitag).

Selbst der französische Präsident scheint in dem Fall bisweilen den Faden verloren zu haben. In seinem Fernsehinterview bezeichnete der gelernte Anwalt den Staatsanwalt als einen Richter - und bestand auch noch darauf, als der Moderator ihn korrigieren wollte. Als Versuch, die Unabhängigkeit der Justiz im Fall Bettencourt zu belegen, war das nicht sonderlich überzeugend.

Die französische Besonderheit, dass der Staatsanwalt dem Justizministerium und damit der Regierung untersteht, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechts erst kürzlich wieder bemängelt.

Die oppositionelle Sozialistische Partei (PS) fordert ebenfalls unabhängige Ermittlungen und will möglicherweise selber ein weiteres Verfahren anstrengen, um den Vorwürfen illegaler Parteispenden nachzugehen. Die Justiz sei gelähmt, meint der PS-Abgeordnete Arnaud Montebourg. Sarkozy wolle seinen in Verdacht geratenen Arbeitsminister Eric Woerth schützen, da dieser lange Schatzmeister der Regierungspartei war und vermutlich unangenehme Dinge zu berichten wisse.

Eine Reihe von Hausdurchsuchungen und Verhören dürfte nun eine Menge interessantes Material ans Tageslicht bringen. Noch sind die Ergebnisse nicht an die Öffentlichkeit gedrungen, aber das ist vermutlich nur eine Frage von Tagen. Sollten sich die Hinweise auf die Bargeldspenden von Bettencourt verdichten, dürfte es Sarkozy schwer fallen, aus seinem Umfragentief herauszukommen. Bislang hat die alte Dame nur ausgeschlossen, dass das Geld während des Essens übergeben wurde. Was nach dem Nachtisch geschah, ließ sie offen.

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Ulrike Koltermann, DPA