Zwei Tage nach den Moskauer Metro-Anschlägen hat sich der Anführer der Islamisten im Nordkaukasus, Doku Umarow, in einer Internetbotschaft zu dem Blutbad mit 39 Toten bekannt. Auf seinen Befehl hin hätten die Selbstmordattentäterinnen am Montag Sprengsätze in der U-Bahn gezündet, teilte Umarow nach Angaben der Seite kavkaz.tv am Mittwoch in einer Videobotschaft mit. Experten des Internetportals intelcenter.com zur Überwachung islamistischer Inhalte im Netz stuften die Mitteilung als echt ein. Russische Ermittler hatten Umarow zwar verdächtigt. Eine Reaktion der Moskauer Behörden lag aber zunächst nicht vor.
Umarow wird in Russland als Staatsfeind Nummer eins gesucht. Noch am Vormittag hatten Medien in Moskau allerdings von einer anderslautenden Botschaft Umarows berichtet, in der er die Verantwortung zurückgewiesen habe. Nach Angaben von kavkaz.tv bezeichnete Umarow die Anschläge in Moskau nun als Rache für die "blutige Besatzungspolitik" der russischen Führung im Konfliktgebiet Nordkaukasus. In der Region würden auf Befehl des russischen Regierungschefs Wladimir Putin friedliche Menschen massenhaft ermordet. Umarow kündigte demnach neue Anschläge an in Russland.
"Der Krieg wird in Eure Straßen kommen und Ihr werdet ihn in Euren eigenen Leben spüren", sagte Umarow nach Angaben von kavkaz.tv. Putin hat gedroht, ihn jagen und töten zu lassen.
Erneutes Blutbad im Nordkaukasus
Unterdessen facht ein neues Blutbad mit mehr als zehn Toten im Nordkaukasus die Angst vor einer Terror-Serie in Russland an. Kurz nach den Moskauer Metro-Anschlägen sprengten sich zwei Selbstmordattentäter in der Teilrepublik Dagestan, einem Brennpunkt im Nordkaukasus-Konflikt, in die Luft. Beobachter vermuten, dass die Islamisten nach ihren jüngsten Verlusten in den eigenen Reihen mit dem Terror wieder Stärke im Kampf um einen unabhängigen Gottesstaat beweisen wollen. Immerhin müssen sie angesichts der vom Kreml begonnenen Reformpolitik um ihren Einfluss im islamisch geprägten Nordkaukasus fürchten.
In Tschetschenien und den Nachbarrepubliken Dagestan und Inguschetien kämpfen seit Jahren Aufständische für die Unabhängigkeit von Moskau. Seinen Anfang nahm der Konflikt Anfang der 1990er Jahre mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion in Tschetschenien, wo Russland zwei Kriege gegen die Aufständischen führte.
"Heiliger Krieg" gegen Russland
Der bärtige Umarow, der in beiden Tschetschenien-Kriegen kämpfte, ist seit 2006 der Anführer der tschetschenischen Rebellen. Aus den einstigen Separatisten wurden unter seiner Führung radikalislamische Rebellen, die mittlerweile im gesamten Nordkaukasus einen "Heiligen Krieg" gegen die Russen führen. Aus einer "ethnischen Separatistengruppe" sei ganz klar eine religiöse geworden, sagt Achmed Jarlykapow, der am Institut für Ethnologie und Anthropologie der Russischen Akademie der Wissenschaften arbeitet und selbst aus Dagestan stammt. "Heute gibt es im Nordkaukasus nur religiöse Kämpfer."
Im Oktober 2007 rief Umarow in der Konfliktregion im Südwesten Russlands das "Kaukasus-Emirat" aus und ernannt sich selbst zu dessen Emir. Mit der gleichnamigen Gruppierung kämpft er für die Errichtung eines islamischen Staats in der Region, in dem auch das islamische Recht, die Scharia gelten soll.
"Kaukasus-Emirat" mit zahlreichen Anschlägen
Das so genannte "Kaukasus-Emirat" wird für zahlreiche Anschläge im ganzen Land verantwortlich gemacht. Die Gruppe bekannte sich unter anderem zu dem Anschlag auf den "Newski-Express" Ende November. Der Schnellzug war auf dem Weg von Moskau nach St. Petersburg durch eine Explosion entgleist, 28 Menschen kamen ums Leben. Auch für den Doppelanschlag auf die Moskauer U-Bahn machte der Geheimdienst FSB Rebellen aus dem Nordkaukasus verantwortlich.
Reuters/AFP