Brückenkopf über den Donez Ausgebrannte Panzer einer ganzen Kampfgruppe – in diesem Desaster endete Russlands Vormarsch im Donbass

Die Reste eine Panzergruppe - dicht zusammengedrängt am Ufer des Donez
Die Reste eine Panzergruppe - dicht zusammengedrängt am Ufer des Donez
© Ukrainische Streitkräfte / PR
Mit mehreren Flussübergängen wollte die russische Armee eine Entscheidung im Donbass erzwingen. Die dilettantische Planung führte zu einer Katastrophe. Fotos zeigen die Trümmer einer ganzen Bataillonskampfgruppe.

Russlands Armee lernt nichts aus den Fehlern der ersten Kriegsmonate. Im Donbass schreitet Putins Offensive zwar weiter voran, doch seine Truppen erleiden dabei unerträgliche Verluste. Wie desaströs die Lage ist, zeigen Drohnenfotos, die die ukrainische 17. Panzerbrigade auf Telegramm veröffentlicht hat. Auf ihnen ist eine zerstörte Pontonbrücke zu sehen, in der Umgebung stehen die ausgebrannten Wracks von über 50 Fahrzeugen, darunter Panzer und Schützenpanzer.

Der größere Teil einer russischen Bataillonskampfgruppe wurde hier aufgerieben. Eine Katastrophe für Putins Armee.

Die Brücke sollte Truppen über den Fluss Siwerskyj Donez – in Deutschland meist nur Donez genannt – bringen. Dieser Nebenfluss des Don fließt in west-östlicher Richtung und bildet eine natürliche Verteidigungslinie für den ukrainisch kontrollierten Teil des Donbass. Auf den ersten Blick wirkt der Donez auf den Fotos wie ein Flüsschen, es ist aber ein großer Strom. Ein ukrainischer Offizier schätzt die Breite an der Stelle der Ponton Brücke auf etwa 80 Meter – inklusive der Uferböschung, die die Brücke überspannen muss, bei einer so hohen Fließgeschwindigkeit, dass die Pontons mit Motorbooten in Position gehalten werden müssen.

Versuch der Einkesselung

Diesen Fluss haben die Russen an mehreren Stellen überquert, um so die nordöstliche Ecke des von Kiew kontrollierten Gebiets abzuschneiden. Das sogenannte Sjewjerodonezk-Dreieck, benannt nach der 100.000 Einwohner Stadt Sjewjerodonezk. Die Stadt hätten die russischen Kräfte mit dieser Brücke bedrohen sollen, indem sie die etwa fünf Kilometer vom Flussübergang entfernte Straße nach Westen blockiert hätten. Trotz der Nähe zur Straße ist der Angriffspunkt schwierig. Entlang des Donez befindet sich eine sumpfige Waldlandschaft, belastbare Straßen gibt es in der Zone nicht. Auf russischer Seite wurde die Flussüberquerung als großer Durchbruch gefeiert. Wäre sie auf breiter Linie geglückt, würde es schlecht um das Dreieck stehen.

Ende einer ganzen Bataillonskampfgruppe

Die Fotos zeigen nun unmissverständlich, dass der Angriff gescheitert ist. Die Bücke mitsamt einer motorisierten Einheit wurde komplett zerstört. Auf Twitter beschreibt ein ukrainischer Offizier die Abwehr des Angriffs. Ob der Account wirklich authentisch ist, lässt sich nicht überprüfen, aber die Genauigkeit der Beschreibung spricht dafür. Schon bevor die Russen mit dem Bau der Brücke begonnen haben, waren die Ukrainer auf den Angriff eingestellt. Sie bemerkten die Bereitstellung der russischen Kräfte auf der anderen Seite – an der günstigsten Stelle für einen Brückenschlag.

Schwere Artillerie wurde auf den Punkt eingemessen, schon bevor die Russen mit dem Bau der Brücke begannen. Trotz schlechter Sicht wurde die Montage wegen des Baulärms bemerkt. Als die Russen die acht Brückensegmente montiert hatten und erste Kräfte übersetzten, schlugen die Ukrainer zu. Die Brücke wurde zerstört, dadurch sollen größere russische Truppenteile auf der anderen Seite abgeschnitten worden sein. Nach einem Tag heftiger Kämpfe mussten sie über die Trümmer der Brücke zurückweichen und ihre Ausrüstung zurücklassen. Nach ukrainischen Angaben soll die Lage an insgesamt fünf Stellen, an denen die russischen Truppen versucht haben, den Fluss zu überqueren, ähnlich aussehen.

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Russische Kraft schwindet

Wenn diese Angaben stimmen, hat Putin eine wirklich schwere Niederlage erlitten. Die russische Armee leidet ohnehin an zu wenig Soldaten, die hier eingesetzte Bataillonsgruppe ist schwer dezimiert, zum guten Teil aufgerieben und für lange Zeit selbst bei Auffüllung mit Soldaten und Material nicht einsatzfähig. Die geglückte Abwehr zeigt, wie unzureichend die Operation geplant worden ist. Dass die russischen Truppen versuchen werden, den Fluss zu überqueren, wurde seit Tagen erwartet – sie konnten also nicht von einer Überraschung ausgehen. Dass es Gegenwehr und Verluste geben würde, war zu erwarten. Dennoch wurde der Brückenkopf nicht von Kommandosoldaten auf der anderen Seite gesichert. Große Kräfte an Artillerie und Luftunterstützung hätten bereitstehen müssen, um die ukrainische Abwehr niederzuhalten, insbesondere die schwere Artillerie. Das wurde offenkundig versäumt, die russischen Truppen und nicht die Ukrainer wurden zusammengeschossen. Unter schwerem Feuer konnte die Überquerung einer motorisierten Einheit nicht gelingen.

Dieses Ereignis zeigt über das Gefecht hinaus, dass es der russischen Armee auch in mehreren Wochen der Donbass-Offensive nicht gelungen ist, die ukrainische Artillerie auszuschalten oder sie vom Nachschub abzuschneiden. Moskau ist weder ein operativer Durchbruch gelungen noch eine auffällige Schwächung der ukrainischen Kampfkraft. Gleichzeitig rücken bei Charkow ukrainische Truppen auf die russische Grenze vor. Sollten sie ihren Vormarsch fortsetzen, bedrohen sie die Basis der russischen Angriffe im Donbass. Das wäre das Ende der Offensive. Moskau muss die ukrainischen Truppen auf jeden Fall stoppen, angesichts der Verluste wird das jedoch immer schwerer.

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