Unklare Corona-Lage China verkündet "großen Sieg" über das Virus – unabhängige Experten haben daran ihre Zweifel

Eltern bringen ihre Kinder in Peking zur Grundschule. Die meisten tragen Maske.
Eltern bringen ihre Kinder in Peking zur Grundschule. Die meisten tragen Maske.
© Wang Zhao / AFP
Nach Chinas Abkehr von seiner strikten Null-Covid-Politik, schossen im ganzen Land die Fallzahlen in die Höhe. Nun verkündet die Regierung in Peking, man habe das Coronavirus besiegt. Unabhängige Experten haben daran ihre Zweifel.

Chinas Führung hat einen "großen und entscheidenden Sieg" im Kampf gegen das Coronavirus verkündet. Nach einem Treffen des Ständigen Ausschusses des Politbüros der Kommunistischen Partei hieß es am Freitag in einer Erklärung, seit November habe Chinas Umgang mit Covid-19 in relativ kurzer Zeit "einen reibungslosen Übergang" erlebt. Die Praxis habe bewiesen, dass das Zentralkomitee in der Beurteilung der pandemischen Lage, seinen Entscheidungen und strategischen Anpassungen richtig gelegen habe.

Die Sitzung wurde von Staats- und Parteichef Xi Jinping geleitet. Mehr als 200 Millionen Infizierte hätten medizinische Dienste in Anspruch genommen, hieß es nach Berichten von Staatsmedien in der Erklärung des Politbüros. Knapp 800.000 ernste Fälle seien angemessen behandelt worden. Die Covid-19-Sterblichkeitsrate sei "die niedrigste in der Welt" geblieben. Konkrete Zahlen wurden jedoch keine genannt.

"China hat ein Wunder in der Menschheitsgeschichte geschaffen", pries die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. Während sich die Lage in China verbessere, verbreite und verändere sich das Virus weltweit weiter. Das Politbüro rief die mehr als 1,4 Milliarden Einwohner zugleich zu Wachsamkeit auf. Alle Behörden sollten das Gesundheitswesen stärken und die "hart errungenen Erfolge" festigen. Die Impfquote unter älteren Menschen müsse verbessert werden.

China spricht von "Wunder" – unabhängige Experten bezweifeln positive Corona-Lage

Ein genaues Bild von der massiven Corona-Welle in China gibt es gleichwohl nicht. Die Regierung hatte Anfang Dezember ihre strikte Null-Covid-Strategie mit Lockdowns, Zwangsquarantäne und Massentests abrupt aufgegeben. Gesundheitsfunktionäre schätzen, dass sich seither mehr als eine Milliarde Menschen infiziert haben.

Angaben zur Gesamtzahl der Toten wurden nicht veröffentlicht, während Krematorien kaum nachkamen, die Opfer einzuäschern. Auch spielte die Propaganda das Ausmaß herunter. Offiziell wurden zwischen Anfang Dezember und Anfang Februar nur 83.150 Todesfälle in Krankenhäusern gemeldet, wo in China in der Regel ohnehin nur ein kleiner Teil der Menschen stirbt. Auch wurden Ärzte nach Schilderungen angewiesen, als Todesursache nicht Covid-19 zu bescheinigen.

Unabhängige ausländische Schätzungen gehen derweil von möglicherweise mindestens einer Million Toten aus. Modellrechnungen des in London ansässigen Datenverarbeiters Airfinity kamen sogar auf 1,47 Millionen Tote. Vier verschiedene Expertenteams schätzen nach einem Bericht der "New York Times" die Zahl auf 1,0 bis 1,5 Millionen.

DPA
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