Es gibt sie noch, die ausländischen Staatsmänner, die richtig gut Deutsch sprechen. Der rumänische Präsident Klaus Iohannis gehört dazu, der türkische Regierungschef Ahmet Davutoglu, vor allem aber Wladimir Putin. Russlands Präsident hat Deutsch in der Schule gelernt, war für den sowjetischen Geheimdienst KGB in Dresden und lange Zeit auch noch mit einer Deutschlehrerin verheiratet. Wie gut er die Sprache beherrscht, zeigt der Kremlchef bis heute gern.
Ausgerechnet Putins Russland ist nun jedoch das Land, in dem die Zahl der Deutschschüler so dramatisch zurückgeht wie nirgendwo sonst auf der Welt. Nach einer neuen Studie des Auswärtigen Amts, die am Dienstag veröffentlicht wurde, sind in dem 143-Millionen-Einwohner-Staat derzeit gerade noch 1,5 Millionen mit Deutschlernen beschäftigt. Vor fünf Jahren, als die Zahlen zuletzt erhoben wurden, waren es noch fast 800.000 mehr.
Abwärtstrend nach Jahren wieder gestoppt
Für die Experten ist ein solcher Rückgang enorm - zumal Deutsch als Fremdsprache ansonsten eher wieder im Kommen ist. Zumindest wurde der Abwärtstrend nach einigen Jahren wieder gestoppt: Weltweit befinden sich derzeit etwa 15,4 Millionen Menschen an Schulen, Universitäten oder in Goethe-Instituten im Deutsch-Unterricht - etwa eine halbe Million mehr als 2010. Zur Jahrtausendwende lag die Zahl allerdings noch bei 20 Millionen.
Warum Russland sich so anders entwickelt, dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen gingen im flächenmäßig größten Land der Welt über viele Jahre die Geburtenzahlen zurück. Dann wurden vor allem in der Provinz viele Schulen und Universitäten zusammengelegt, so dass es insgesamt weniger Fremdsprachenangebote gibt. Bei der ersten Fremdsprache entscheiden sich auch die Russen - anders als zu Zeiten, in denen es die DDR noch gab - mittlerweile in den allermeisten Fällen für Englisch.
Ukraine-Konflikt bisher ohne Auswirkung
Die Fachleute sind der Meinung, dass sich die Spannungen zwischen Deutschland und Russland infolge des Ukraine-Konflikts bislang auf das Interesse am Deutsch-Unterricht überhaupt nicht oder kaum auswirken. Der Generalsekretär des Goethe-Instituts, Johannes Ebert, meint: "Das hat mit der politischen Situation nichts zu tun. Oder allenfalls nur sehr minimal."
Manche vermuten aber, dass sich die Verschlechterung der Beziehungen mit etwas Verzögerung durchaus negativ bemerkbar machen wird. Im Staatsfernsehen wird seit der Annexion der Krim im vergangenen Jahr immer wieder auch gegen Deutschland und die Deutschen Stimmung gemacht. Das dürfte die Bereitschaft, sich mit deutscher Grammatik zu befassen, nicht gerade fördern.
In den meisten anderen ehemaligen Sowjetrepubliken sieht es mit dem Deutsch-Unterricht übrigens ähnlich aus. Auch in Aserbaidschan, in Weißrussland und in Georgien lernen immer weniger Menschen Deutsch. Vielerorts legt man heute enorm viel Wert auf die Nationalsprachen, die zu Sowjetzeiten vernachlässigt wurden. In der Ukraine ging die Zahl der Deutschschüler übrigens auch zurück, um mehr als 50.000, auf jetzt noch 715.000.
Hoffnungen nach Mauerfall nicht bestätigt
Dabei hatte es nach dem Fall der Mauer noch große Hoffnungen gegeben, dass Deutsch in Mittel- und Osteuropa wieder wichtiger wird. Eines der Länder, wo sich die Hoffnungen erfüllt haben, ist Polen. Dort sind aktuell etwa 2,3 Millionen Menschen im Deutsch-Unterricht - mehr als irgendwo anders auf der Welt.
Wie viele Menschen weltweit Deutsch sprechen, dazu hat auch die Bundesregierung keine genauen Zahlen. Über die etwa 90 Millionen Muttersprachler - vor allem aus Deutschland, Österreich und der Schweiz - hinaus gibt es allein in der EU etwa 60 Millionen andere Europäer, die Deutsch können. Aber auch in Asien, Lateinamerika und in Afrika gehen die Zahlen gerade wieder nach oben.