So viele Richter, so wenig Zeit. Donald Trumps anstehende Verhandlungsflut führt zu ernsten Terminengpässen. Kniffelig zum Beispiel wird es am 11. Dezember. An diesem Montag stehen gleich zwei Verhandlungen an zwei unterschiedlichen Orten an. In Fort Pierce, Florida hat Richterin Aileen Cannon eine Anhörung in der Dokumentenanklage angesetzt. Gleichzeitig beginnt in Atlanta, Georgia die Auswahl der Jury für die Wahlmanipulationsklage. Da beides nicht zu schaffen ist, bittet Trumps Anwälteteam die Vorsitzende Cannon nun darum, die Gründe für die "Terminüberlappung" zu klären.
Trump: Verschiebt den Prozess auf April 2026
Ihre Entscheidung steht noch aus, und doch war sie dem Ex-US-Präsidenten jetzt etwas entgegengekommen. Eigentlich sollte am 25. August über eine Schutzverfügung verhandelt werden, doch diesen Termin hat Cannon erst einmal abgesagt. Mit diesem Erlass ist es Donald Trump verboten, Details aus den Gerichtsakten öffentlich zu machen – etwa um Zeugen oder Jurymitglieder zu beeinflussen.
Doch von den insgesamt vier Anklagen, die gegen den Ex-US-Präsidenten zugelassen wurden, wiegt die im Bundesstaat Georgia wohl am schwersten. Deswegen drängen Trump und seine Rechtsvertreter nun darauf, den Verhandlungsbeginn auf den Sankt Nimmerleinstag zu verschieben. Chefankläger Jack Smith würde gerne am 2. Januar starten – keine zwei Wochen vor Beginn der Vorwahlen, mit denen die Präsidentschaftskandidaten bestimmt werden. Diese Fristsetzung erweckt bei vielen Republikanern den Verdacht, dass sie politisch motiviert sei.
11,5 Millionen Seiten Gerichtsmaterial
"Dieser Prozess, der wegen des ersten Verfassungszusatz ohnehin nie stattfinden dürfte, sollte wenn überhaupt nach der Wahl beginnen", motzte Trump auf seinem Netzwerk Truth Social. Bei seinen Anwälten klingt das so: "Die Öffentlichkeit hat ein Interesse an Gerechtigkeit und einem fairen Verfahren, nicht an einem vorschnellen Urteil." Ihr Hauptargument, den Prozess auf den April 2026 zu verschieben, ist der nicht unberechtigte Einwand, es dauere eben, das 11,5 Millionen Seiten umfassende Material zu sichten.
Das Verfahren in Atlanta wegen Wahlmanipulation könnte aus mehreren Gründen heikel für das frühere Staatsoberhaupt werden: So ist auf einem Telefonmitschnitt zu hören, wie Trump den örtlichen Wahlleiter kurz nach Bekanntgabe des Ausgangs "bittet", fehlende Stimmen zu finden, um das Wahlergebnis zu seinen Gunsten zu ändern. Sehr viel deutlicher konnte Trump nicht darlegen, dass er die Wahl nicht anerkennen werde. Zudem soll der Prozess im Fernsehen und im Netz übertragen werden – der Gerichtssaal aber ist nicht die Bühne, auf der sich die Rampensau Trump besonders wohlfühlt.
New Yorker Richter platzt der Kragen
Ob die zuständige Richterin auf die Einwände des Angeklagten hören wird, entscheidet sich nach ihren Worten am 28. August, wenn die nächste Anhörung in dem Fall angesetzt ist.
Ob und wie die vier Richter und Richterinnen die Prozesse aufeinander abstimmen, müssten die Juristen untereinander klären. In den USA gibt es jedenfalls keine Prozedere für den Fall paralleler Verhandlungen. "Weder der Zeitpunkt der Anklage noch die Gerichtshierachie entscheidet darüber, wann welcher Fall verhandelt wird", schreibt der US-Strafrechtler Darryl Brown in "The Conversation". Zwar werde oft den schwereren Vorwürfen Priorität eingeräumt, das aber könne sich mit der Verfügbarkeit wichtiger Zeugen wieder ändern. "Normalerweise verhandeln die verschiedenen Staatsanwälte miteinander und entscheiden, welcher Fall zuerst behandelt werden soll", so Brown.
Trump wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt – diese juristischen Probleme hat er noch am Hals

Die heute 79-jährige Carroll hatte Trump beschuldigt, sie im Frühjahr 1996 in der Umkleidekabine des New Yorker Luxus-Kaufhauses Bergdorf Goodman vergewaltigt zu haben. Öffentlich machte die langjährige Kolumnistin des Magazins "Elle" ihren Vorwurf erst 2019, als Trump Präsident war. Trump bezichtigte Carroll der Lüge und erklärte, sie sei nicht sein "Typ".
Strafrechtlich waren die Vorwürfe verjährt, doch zivilrechtlich konnte Carroll gegen den Milliardär vorgehen, und so verklagte Carroll Trump in New York wegen Verleumdung und im vergangenen November in einer zweiten Klage wegen der mutmaßlichen Vergewaltigung selbst sowie erneut wegen Verleumdung. Sie verlangte Schmerzensgeld und Schadenersatz in nicht genannter Höhe. Weil es sich um einen Zivilprozess und nicht um ein Strafverfahren handelte, drohte Trump keine Gefängnisstrafe.
Für die Geschworenen war der Fall offenbar klar: Nach weniger als dreistündigen Beratungen sprachen sie Carroll fünf Millionen Dollar (rund 4,5 Millionen Euro) zu – zwei Millionen Dollar wegen sexuellen Missbrauchs und drei Millionen Dollar wegen Verleumdung. Ihr Urteil sei für alle Frauen, die ähnliches erlebt hätten, sagte die Autorin nach der Entscheidung. Es gehe ihr nicht um das Geld. Sie habe ihren Namen reinwaschen wollen. Und sie hätte Trump gerne im Zeugenstand vor Gericht gesehen.
Trumps Anwalt Joe Tacopina kündigte an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Er verwies unter anderem darauf, dass Carroll Trump stets Vergewaltigung zur Last gelegt habe, die Geschworenen aber lediglich sexuellen Missbrauch anerkannt hätten. Trump selbst reagierte erbost auf den Ausgang des Zivilprozesses. "Dieses Urteil ist eine Schande, eine Fortsetzung der größten Hexenjagd aller Zeiten", wetterte der 76-jährige auf seiner Onlineplattform Truth Social. Mit Blick auf Carroll erklärte Trump: "Ich habe überhaupt keine Ahnung, wer diese Frau ist."
Vor dem Urteil hatte der Ex-Präsident fälschlicherweise behauptet, er habe sich in dem Verfahren nicht "verteidigen" dürfen. Trump war dem Prozess aus eigenen Stücken ferngeblieben, zu einem Erscheinen vor Gericht war er nicht verpflichtet. Trump war während des Prozesses sogar zu einem Golfplatz in Schottland gereist, der ihm gehört.
Auf Zeit spielt das Trump-Team auch im New Yorker Verleumdungsprozess, wo jetzt dem Richter der Kragen geplatzt ist. In einer schriftlichen Erklärung zu einem Antrag der Trump-Verteidiger schrieb er: "Der Fall war durch Herren Trumps wiederholte Verzögerungsversuche jahrelang ins Stocken geraten", so Lewis Kaplan. Die mittlerweile vierte Anfechtung seiner Entscheidungen sei "unseriös".
Das Verfahren, ebenfalls für den kommenden Januar terminiert, dreht sich um eine Schadenersatzforderung von Jean E. Carroll in Höhe von zehn Millionen US-Dollar. Die Autorin hatte Trump wegen sexueller Übergriffe angeklagt und im Mai teilweise Recht bekommen. Nach dem Urteil griff der Ex-Präsident sie weiter verbal an, wofür sie nun eine Kompensation verlangt.
Trump doch ohne Beweise für Wahlfälschung
Ob die Verzögerungstaktik in den anderen Fällen aufgehen wird, ist noch nicht absehbar. Aber Trumps zunehmende aggressive Rhetorik mit Bedrohungen von Richtern und Zeugen dürfte ihm nicht helfen. In einem Akt der Einsicht verzichtet er darauf, angebliche Beweise für massive Wahlfälschung im November 2020 präsentieren. Das wiederum hätte die Anklage in Georgia überflüssig machen sollen, sagte er jüngst. Doch die angekündigte Enthüllungspressekonferenz ließ Trump sausen. Sie hätte ihm mehr geschadet als genützt, heißt es von seinen Anwälten. Nun will das Team die Beweise im eigentlichen Verfahren vorbringen.
Auch dieses Mal erscheint Donald Trump persönlich vor Gericht – und plädiert auf "nicht schuldig"

Keine Lust hat der frühere Chef des Weißen Hauses auch auf das obligatorische TV-Duell der Kandidaten. Wie US-Medien berichten werde Donald Trump die Fernsehdebatte am 23. August schwänzen. Stattdessen könnte er sich vom rechten Moderator Tucker Carlson interviewen lassen. Immer wieder ließ er durchblicken, dass er keine Lust auf diesen Pflichttermin habe. Wohl auch deshalb, weil er in den parteiinternen Umfragen deutlich führt und die anderen Bewerber chancenlos sind. "Viele Leute fragen, ob ich an den Debatten teilnehmen werde", schrieb er auf "Truth Social". "Die Leute kennen meine Leistung, eine der besten. Warum sollte ich debattieren? Ich bin euer Mann. Machen wir Amerika wieder großartig", so Trump selbstbewusst.
Quellen: Yahoo News, "Guardian", US Courts.com, CNBC, CNN, RealCLearPolitics