Ex-US-Präsident Keine Lust, keine Zeit, keine Beweise – wie sich Donald Trump aus seinen Problemen herauswinden will

Donald Trump
Donald Trump im Wahlkampf in Iowa, wo im Januar die ersten Vorwahlen stattfinden.
© Stefani Reynolds / AFP
Was tun, wenn der ehemalige US-Präsident vier Mal angeklagt ist und sich seine Gerichtstermine überlappen? Beschweren, auf Zeit spielen, Anträge stellen. Mit dieser Taktik versucht Donald Trump, sich aus dem juristischen Schlamassel herauszuziehen.

So viele Richter, so wenig Zeit. Donald Trumps anstehende Verhandlungsflut führt zu ernsten Terminengpässen. Kniffelig zum Beispiel wird es am 11. Dezember. An diesem Montag stehen gleich zwei Verhandlungen an zwei unterschiedlichen Orten an. In Fort Pierce, Florida hat Richterin Aileen Cannon eine Anhörung in der Dokumentenanklage angesetzt. Gleichzeitig beginnt in Atlanta, Georgia die Auswahl der Jury für die Wahlmanipulationsklage. Da beides nicht zu schaffen ist, bittet Trumps Anwälteteam die Vorsitzende Cannon nun darum, die Gründe für die "Terminüberlappung" zu klären.

Trump: Verschiebt den Prozess auf April 2026

Ihre Entscheidung steht noch aus, und doch war sie dem Ex-US-Präsidenten jetzt etwas entgegengekommen. Eigentlich sollte am 25. August über eine Schutzverfügung verhandelt werden, doch diesen Termin hat Cannon erst einmal abgesagt. Mit diesem Erlass ist es Donald Trump verboten, Details aus den Gerichtsakten öffentlich zu machen – etwa um Zeugen oder Jurymitglieder zu beeinflussen.

Doch von den insgesamt vier Anklagen, die gegen den Ex-US-Präsidenten zugelassen wurden, wiegt die im Bundesstaat Georgia wohl am schwersten. Deswegen drängen Trump und seine Rechtsvertreter nun darauf, den Verhandlungsbeginn auf den Sankt Nimmerleinstag zu verschieben. Chefankläger Jack Smith würde gerne am 2. Januar starten – keine zwei Wochen vor Beginn der Vorwahlen, mit denen die Präsidentschaftskandidaten bestimmt werden. Diese Fristsetzung erweckt bei vielen Republikanern den Verdacht, dass sie politisch motiviert sei.

11,5 Millionen Seiten Gerichtsmaterial

"Dieser Prozess, der wegen des ersten Verfassungszusatz ohnehin nie stattfinden dürfte, sollte wenn überhaupt nach der Wahl beginnen", motzte Trump auf seinem Netzwerk Truth Social. Bei seinen Anwälten klingt das so: "Die Öffentlichkeit hat ein Interesse an Gerechtigkeit und einem fairen Verfahren, nicht an einem vorschnellen Urteil." Ihr Hauptargument, den Prozess auf den April 2026 zu verschieben, ist der nicht unberechtigte Einwand, es dauere eben, das 11,5 Millionen Seiten umfassende Material zu sichten.

Das Verfahren in Atlanta wegen Wahlmanipulation könnte aus mehreren Gründen heikel für das frühere Staatsoberhaupt werden: So ist auf einem Telefonmitschnitt zu hören, wie Trump den örtlichen Wahlleiter kurz nach Bekanntgabe des Ausgangs "bittet", fehlende Stimmen zu finden, um das Wahlergebnis zu seinen Gunsten zu ändern. Sehr viel deutlicher konnte Trump nicht darlegen, dass er die Wahl nicht anerkennen werde. Zudem soll der Prozess im Fernsehen und im Netz übertragen werden – der Gerichtssaal aber ist nicht die Bühne, auf der sich die Rampensau Trump besonders wohlfühlt.

New Yorker Richter platzt der Kragen

Ob die zuständige Richterin auf die Einwände des Angeklagten hören wird, entscheidet sich nach ihren Worten am 28. August, wenn die nächste Anhörung in dem Fall angesetzt ist.

Ob und wie die vier Richter und Richterinnen die Prozesse aufeinander abstimmen, müssten die Juristen untereinander klären. In den USA gibt es jedenfalls keine Prozedere für den Fall paralleler Verhandlungen. "Weder der Zeitpunkt der Anklage noch die Gerichtshierachie entscheidet darüber, wann welcher Fall verhandelt wird", schreibt der US-Strafrechtler Darryl Brown in "The Conversation". Zwar werde oft den schwereren Vorwürfen Priorität eingeräumt, das aber könne sich mit der Verfügbarkeit wichtiger Zeugen wieder ändern. "Normalerweise verhandeln die verschiedenen Staatsanwälte miteinander und entscheiden, welcher Fall zuerst behandelt werden soll", so Brown.

Auf Zeit spielt das Trump-Team auch im New Yorker Verleumdungsprozess, wo jetzt dem Richter der Kragen geplatzt ist. In einer schriftlichen Erklärung zu einem Antrag der Trump-Verteidiger schrieb er: "Der Fall war durch Herren Trumps wiederholte Verzögerungsversuche jahrelang ins Stocken geraten", so Lewis Kaplan. Die mittlerweile vierte Anfechtung seiner Entscheidungen sei "unseriös". 

Das Verfahren, ebenfalls für den kommenden Januar terminiert, dreht sich um eine Schadenersatzforderung von Jean E. Carroll in Höhe von zehn Millionen US-Dollar. Die Autorin hatte Trump wegen sexueller Übergriffe angeklagt und im Mai teilweise Recht bekommen. Nach dem Urteil griff der Ex-Präsident sie weiter verbal an, wofür sie nun eine Kompensation verlangt.

Trump doch ohne Beweise für Wahlfälschung

Ob die Verzögerungstaktik in den anderen Fällen aufgehen wird, ist noch nicht absehbar. Aber Trumps zunehmende aggressive Rhetorik mit Bedrohungen von Richtern und Zeugen dürfte ihm nicht helfen. In einem Akt der Einsicht verzichtet er darauf, angebliche Beweise für massive Wahlfälschung im November 2020 präsentieren. Das wiederum hätte die Anklage in Georgia überflüssig machen sollen, sagte er jüngst. Doch die angekündigte Enthüllungspressekonferenz ließ Trump sausen. Sie hätte ihm mehr geschadet als genützt, heißt es von seinen Anwälten. Nun will das Team die Beweise im eigentlichen Verfahren vorbringen.

Keine Lust hat der frühere Chef des Weißen Hauses auch auf das obligatorische TV-Duell der Kandidaten. Wie US-Medien berichten werde Donald Trump die Fernsehdebatte am 23. August schwänzen. Stattdessen könnte er sich vom rechten Moderator Tucker Carlson interviewen lassen. Immer wieder ließ er durchblicken, dass er keine Lust auf diesen Pflichttermin habe. Wohl auch deshalb, weil er in den parteiinternen Umfragen deutlich führt und die anderen Bewerber chancenlos sind. "Viele Leute fragen, ob ich an den Debatten teilnehmen werde", schrieb er auf "Truth Social". "Die Leute kennen meine Leistung, eine der besten. Warum sollte ich debattieren? Ich bin euer Mann. Machen wir Amerika wieder großartig", so Trump selbstbewusst.