Wortklaubereien sind das tägliche Brot von Anwälten. Eine Bauunterbrechung ist kein Baustopp und Gewalt nicht immer Widerstand. Wenn jemand sagt: "Gegen mich wird ermittelt", muss das nicht zwingend heißen, dass gegen ihn ermittelt wird. Möglicherweise heißt es auch, dass andere Leute sagen, gegen ihn werde ermittelt. Mit genau dieser Art von Twist tingelte jüngst Jay Sekulow durch die US-Nachrichtensendungen. Der Auftrag des Anwalts in Donald Trumps Verteidigerteam: Auskunft geben über den Stand der Dinge in Sachen FBI-Ermittlungen gegen den Präsidenten und seine Mitarbeiter.
Donald Trump hat gar nichts eingeräumt
Der Rechtsanwalt behauptete in diversen Interviews, dass es gar keine Untersuchungen gegen den US-Präsidenten gäbe. Dass Trump auf Twitter selbst das Gegenteil geschrieben hat, habe nichts zu sagen. "Der betreffende Tweet war nur eine Antwort auf eine 'Washington Post'-Geschichte", so Sekulow. Aber weil das auch irgendwie schräg wirkte, schob der Jurist sicherheitshalber noch die Einschränkung hinterher, dass zumindest er nichts von irgendwelchen Ermittlungen wisse. Anwälte haben schon mal den Ruf, aalglatte Typen zu sein. Das könnte damit zu tun haben, dass ihnen schnell jede noch so kleine Aussage tonnenschwer auf die Füße fällt.
Der US-Präsident ist derzeit wohl der Raueste unter den Aalglatten. Einerseits scheut er keine Gelegenheit zum Rundumschlag, gleichzeitig aber perlt alles an ihm ab: indirekter Aufruf zu Gewalt, Beleidigungen von Mexikanern, Abfälligkeiten über Frauen - große Aufregung, keine Folgen. Selbst die so genannte "Russland-Connection", die ihm und seinem (Wahlkampf-)Team angelastet wird, hängt trotz monatelanger Ermittlungen noch seltsam in der Schwebe. Genau wie die Umstände der Entlassung des damaligen FBI-Chefs James Comey. Beweise für strafwürdige Fehlverhalten gibt es nicht oder noch nicht. Vielleicht werden sie auch nie gefunden, weil es sie schlicht nicht gibt. Auf jeden Fall wiegen allein die Vorwürfe so schwer, dass sich der US-Präsident ein Team aus gleich zwölf Anwälten zusammengestellt hat - natürlich nur die besten, teuersten und härtesten Hunde, die die illustre Juristenwelt der Ostküste zu bieten hat.

Da wäre etwa besagter Jay Sekulow. 60 Jahre alt, engagierter Abtreibungsgegner und eigentlich Spezialist für Steuerrecht. Bekannt ist Sekulow für seine Radiosendung und Social-Media-Aktivitäten. Mehr als vier Millionen Menschen folgen ihm auf Facebook. Der britische "Guardian" schreibt über seinen Auftritt: "In seinen Einträgen warnt er entweder vor der Einschränkung christlicher Meinungsfreiheit oder er postet Videos der Jay Sekulow Band, die Mid-Tempo-Rock mit religiösen Texten macht." "Pit Bull der christlichen Rechten", nennt ihn die Newsseite "Bloomberg". Kritiker bezweifeln jedoch, ob er überhaupt geeignet dafür ist, Trump angemessen zu verteidigen. Sekulow habe keine Erfahrung als Strafverteidiger und vor allem keine, die ihn für die Verteidigung eines US-Präsidenten geeignet erscheinen lassen, sagt Josh Marshall von der US-Seite "Talking Points Memo".
John Dowd schreit Fotografen an
- Auch John Dowd, 76, ist bislang nicht für Staatsrecht bekannt. Bislang ist er als Fachmann für Wirtschaftskriminalität in Erscheinung getreten. Berühmt wurde er durch Ermittlungen in zahlreichen Baseball-Betrugsfällen, besonders mit dem Dowd-Report, in Zuge dessen der Baseballstar Pete Rose wegen verpönter Wetten in Ungnade fiel. Daneben verteidigte er verschiedene Politiker, darunter den Republikaner John McCain, der 2008 gegen Barack Obama bei den Präsidentschaftswahlen antrat. Trotz seines zweifellos manierlichen Auftretens, scheint John Dowd ab und an etwas über die Stränge zu schlagen. Wie die Seite "Business-Insider" berichtet, soll er sich 2011 mit einem Fotografen angelegt haben. Angeblich habe er dem Pressevertreter den Stinkefinger gezeigt und ihn mit den Worten: "Verpiss Dich, ich hasse Dich, Dir sage ich überhaupt nichts" angeraunzt.
Marc Kasowitz - der größte Rowdy
- Der größte Rowdy im Trump-Team aber ist Marc Kasowitz. Der 64-Jährige ist seit vielen Jahren persönlicher Anwalt von Donald Trump. Wo auch immer juristischer Ärger drohte - auf Kasowitz ist Verlass. Egal ob Trumps Scheidung, Trumps Kasinopleite in Atlantic City oder Probleme mit Trumps "Universität", der "härteste Wall-Street-Anwalt" ("New York Times") haut den früheren Immobilienmilliardär immer irgendwie raus. Oder anderen einen rein: Vor Jahren einmal hatte der Autor Timothy O’Brien in einer Trump-Biografie das Vermögen des Milliardärs zu niedrig angesetzt - und wurde von Kasowitz verklagt. Das Gericht wies die Klage zwar ab, aber die Message war klar: Leg dich nicht mit uns an. Dem Präsidenten soll er in der ominösen Russland-Connection beistehen, wobei er in derart politischen Fällen nur wenig Erfahrung besitzt. Möglicherweise liegt es an seinem Image als harter Hund, dass Berichten zufolge einige Anwaltskanzleien sich geweigert hatten, den Fall Trump zu übernehmen, weil oder so lange Kasowitz dem Team vorsteht. Pikant ist zudem: Kasowitz pflegt beste Kontakte nach Russland, selbst zu Präsident Waldimir Putin soll er einen Draht haben.
Daneben gibt es noch weitere Verteidiger, unter anderem Michael Bowe, über den die US-Seite "Vox.com" schreibt, er sei mehr durch seine Fernsehauftritte bekannt, als für seine Zeit, die er im Gerichtssaal verbracht hat. Und dann ist da noch Michael Cohen, ebenfalls ein langjähriger Rechtsbeistand, dem ebenfalls vorgeworfen wird, zwielichtige Kontakte zu Vertretern Russlands gehabt zu haben und Donald Trump in diesem Fall deswegen nicht zur Seite stehen kann. Cohen wurde unter anderem dadurch bekannt, dass er in einem TV-Interview während des Wahlkampfs ständig "Sagt wer?" auf den Hinweis antwortete, Trump liege in den Umfragen hinten. Mit trotzigem Sich-Blöd-stellen haben Trumps Anwälte offenbar Erfahrung. Und bislang offenbar auch Erfolg.