Jahrelang war Michael Cohen Donald Trumps loyaler Ausputzer. Der Anwalt räumte hinter dem heutigen US-Präsidenten auf, wann immer der in juristisch heikle Angelegenheiten verstrickt war – und hielt schließlich sogar selbst den Kopf hin. Wegen Falschaussage vor dem Kongress und Steuerhinterziehung wurde Cohen 2018 zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt. Nun hat er schließlich doch noch mit Trump gebrochen – und wie.
"Disloyal: A Memoir", heißt seine 432 Seiten starke Abrechnung, die am Dienstag offiziell erscheint. Die "Washington Post" konnte "die wahre Geschichte des früheren persönlichen Anwalts von Präsident Donald J. Trump", so der Untertitel des Buches, vorab lesen und zitiert die wichtigsten - und erschreckendsten - Passagen.

Für den Charakter Donald Trumps findet auch der einst treue Wegbegleiter demnach schonungslose Worte: Trump sei "ein Schwindler, ein Lügner, ein Betrüger, ein Tyrann, ein Rassist, ein feindseliges Raubtier, ein Hochstapler", schreibt Cohen. In dem Buch geht der 54-Jährige unter anderem auf Trumps Russland-Beziehungen, seinen Hass auf Obama und andere schwarze Politiker sowie Skandale wie die Schweigegeldzahlungen für Pornosternchen Stormy Daniels ein.
Wie Trump Putin bewundert
In der Sache sind die meisten Vorwürfe bekannt, doch sie aus dem Mund desjenigen zu hören, der über viele Jahre am engsten an Trump dran war, gibt dem Buch seine besondere Brisanz.
So beschreibt Cohen Trumps Nähe zu Russland als Ausdruck persönlicher Bewunderung für dessen Autokraten Wladimir Putin. Trump liebe Putin wegen dessen Fähigkeit, "eine gesamte Nation zu übernehmen und sie zu führen, als sei sie seine persönliche Firma – ganz so wie die Trump Organization". Dabei sei Trump fälschlicherweise der Ansicht, dass Putin der mit Abstand reichste Mann der Welt sei – und Trump liebe nunmal Geld.
Für die Nähe der Trump-Kampagne zu Russland im Wahlkampf 2016, die zur Untersuchung von Sonderermittler Robert Mueller führte, nennt Cohen laut dem "Washington Post"-Bericht zwei Gründe. Zunächst sei es Trump darum gegangen, sich den Zugang zum Geld der Russen zu sichern, für den Fall, dass er die Wahl verliere. Trump sei beseelt von dem Traum gewesen, in Moskau am Roten Platz einen 120-stöckigen Trump Tower zu errichten, Fünf-Sterne-Hotel und Luxuswohnungen inklusive. Die Penthouse-Wohnung sollte Putin als Gratis-Geschenk erhalten, so Cohen über die Pläne. "Die ganze Idee von Patriotismus und Verrat wurde in seinen Gedanken irrelevant."
Doch schon bald habe Trump verstanden, dass Putin die russlandkritische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton ebenso hasse wie er und dass beide hier ein gemeinsames Ziel verfolgten. "Was wie eine geheime Zusammenarbeit erschien, war in Wirklichkeit ein Zusammenfallen des gemeinsamen Interesses, Hillary Clinton zu schaden, wo nur möglich." Die Einmischung Russlands in die US-Wahl habe Trump "exakt null Unbehagen bereitet".
Sex-Skandale und rassistische Ausfälle
Neben der Russland-Affäre breitet Cohen auch Trumps bekannte Skandale um mutmaßliche Affären mit "Playboy"-Playmate Karen McDougal und Pornosternchen Stormy Daniels noch einmal aus. Das Trump-nahe Boulevardblatt "National Enquirer" soll die McDougal-Story für 150.000 Dollar gekauft haben. Trump habe dem Herausgeber David Pecker versprochen, die Summe zu übernehmen, dies aber nie getan, behauptet Cohen. Im Fall Stormy Daniels habe Cohen die Schweigegeldzahlung von 130.000 Dollar im Auftrag von Trump selbst überwiesen und sich das Geld später von Trump wiedergeben lassen. Es sei in Monatsraten von 35.000 Dollar, getarnt als Entlohnung für anwaltliche Dienste, auf sein Konto geflossen.
Auch Donald Trumps Reputation als Rassist dürfte durch die Cohen-Veröffentlichung weiter gefestigt werden. Im Wahlkampf 2016 habe er nicht-weiße Minderheiten als "not my people" bezeichnet. "Ich werde nie die Stimmen der Latinos bekommen", soll Trump gesagt haben. "Sie sind wie die Schwarzen zu blöd, um für Trump zu stimmen." Auch Trumps Hass auf Amtsvorgänger Barack Obama beschreibt Cohen in Zitaten des Präsidenten. Auf die Columbia University und nach Harvard sei Obama nur wegen "beschissener Quotenregelungen für Minderheiten" gekommen. Von Schwarzen an der Spitze eines Landes habe Trump generell wenig gehalten. "Nenn mir ein Land, das von einem Schwarzen geführt wird, das nicht ein 'shithole' ist", soll Trump gesagt haben. Sie seien allesamt "complete fucking toilets". Ebenso abfällig und vulgär soll sich Trump 2013 nach dem Tod Nelson Mandelas über den südafrikanischen Freiheitshelden und Friedensnobelpreisträger geäußert haben.
Trumps Historie sexistischer Entgleisungen fügt Cohen eine Episode hinzu, bei der dieser anzügliche Bemerkungen über Cohens damals 15-jährige Tochter nach einer Tennis-Stunde gemacht haben soll. Auch ein Strip-Club-Besuch in Las Vegas aus dem Jahr 2013 kommt zur Sprache, bei dem sich Trump gemeinsam mit einem russischen Oligarchen an der Darbietung bizarrer Sex-Praktiken erfreut haben soll.
Die Trump-Regierung hat Cohens Erzählung als komplett unglaubwürdig abgebügelt. Kayleigh McEnany, Sprecherin des Weißen Hauses, erklärte der "Washington Post": "Michael Cohen ist ein schändlicher Verbrecher und Anwalt, dem die Lizenz entzogen wurde, der gegenüber dem Kongress gelogen hat. Er hat jegliche Glaubwürdigkeit verloren, und es ist nicht überraschend zu sehen, wie er versucht, von seinen Lügen zu profitieren."
Quelle: Washington Post