Die Enthauptung der amerikanischen Geisel Paul Johnson kam an diesem Freitag nicht überraschend. Ähnlich wie Johnsons Landsmann Nick Berg, der vor einigen Wochen von Terroristen gleicher Gesinnung im Irak enthauptet wurde, so hatte auch Johnson, dessen Ermordung die Entführer zwei Tage zuvor angedroht hatten, kaum eine Überlebenschance. Denn die Islamisten, die ihn in ihre Gewalt gebracht hatte, haben auf ihrem Weg in den extremistischen Untergrund alle Brücken, die sie mit der Gesellschaft und den offiziellen Religionsgelehrten verbanden, hinter sich abgebrochen.
Da half es auch nicht, dass die Mutter des mutmaßlichen Kopfes der Gruppe, Abdelasis el Mukrin, ihren Sohn in den saudiarabischen Medien zur Umkehr aufrief. Selbst die Appelle des konservativen religiösen Establishments in Saudi-Arabien verhallten ungehört.
Dieses Establishment, das im islamischen Königreich Saudi-Arabien große Macht genießt, ist eng mit der Herrscherfamilie von König Fahd verbunden. Doch letztlich war es nach Einschätzung vieler westlicher Beobachter ursprünglich die intolerante Ideologie der staatlichen saudiarabischen Religionsgelehrten, die - gemeinsam mit der von den Arabern als ungerecht empfundenen US-Nahostpolitik - den Nährboden für den islamischen Terror schuf. Auch wenn das im saudiarabischen Königshaus nicht gerne gehört wird: Es wird wohl kein Zufall gewesen sein, dass die meisten der Flugzeugattentäter vom 11. September 2001 aus Saudi-Arabien stammten.
Mit Johnson hatten die Entführer, die sich selbst zu Osama bin Ladens Terrornetzwerk El Kaida rechnen, aus ihrer Sicht eine fast ideale Geisel. Er war Amerikaner und arbeitete für einen Rüstungskonzern. Deshalb wären auch Verhandlungen mit den Entführern wohl nutzlos gewesen.
Letztlich geht es den Extremisten aber nicht nur darum, alle angeblich "Ungläubigen" aus Saudi-Arabien zu vertreiben, sondern auch um den Sturz des Königshauses. Denn obwohl sich die Herrscherfamilie als Hüterin der heiligen Stätten von Mekka und Medina offiziell streng religiös und konservativ gibt - in Saudi-Arabien werden Drogenhändler nach islamischem Recht enthauptet und Frauen haben extrem eingeschränkte Rechte - ist sie in den Augen der El-Kaida- Kämpfer modern, degeneriert und vom rechten Glauben abgekommen.
Anne-Beatrice Clasmann, DPA