In türkischen Medien hat das Cover der aktuellen Print-Ausgabe des stern für große Aufregung gesorgt. Am Donnerstag war der stern mit einem Titel zu Recep Tayyip Erdogan erschienen. Auf dem Cover sieht man den türkischen Präsidenten mit grimmigem Gesicht und Sonnenbrille. Die Zeile: "Der Brandstifter". Auf fast allen türkischen Fernsehsendern, Nachrichtenplattformen und in vielen Zeitungen zeigt man sich empört über die Titelseite und diskutiert über eine mögliche Beleidigung des Präsidenten.
Während die wenigen unabhängigen Medien die Berichterstattung aus Deutschland lediglich vermeldeten, griffen staatsnahe Zeitungen und Fernsehsender den stern direkt an. Auf A-Haber, dem größten Erdogan-nahen Sender, diskutierten Analysten zur besten Sendezeit über den "Skandal", den das Cover ausgelöst habe und warfen dem stern "Arroganz" und einen "internationalen Komplott" vor.

Auf CNN Türk hieß es: "Skandalöses Cover: Angriff auf Präsident Erdogan." Und weiter: "Erdogan wurde wieder einmal das Ziel ausländischer Medien. Dieses Mal wurde die Attacke vom deutschen Magazin stern ausgeführt." Auch die Zeitungen "Yenisafak" und "Hurriyet", sprachen von "abstoßenden" und "skandalösen" Äußerungen gegenüber dem Präsidenten. Anstoß war meist die Titelzeile "Der Brandstifter".
"Dem stern geht es nicht darum, den türkischen Präsidenten zu diffamieren"
Schon in der vergangenen Woche hatte eine Erdogan-kritische Ausgabe des britischen "Economist" in der Türkei für ähnliche Empörung gesorgt. Der Großteil der türkischen Medienlandschaft ist seit langem unter der Kontrolle des Präsidenten. Nach dem gescheiterten Putschversuch von 2016 ließ Erdogan mit Hilfe von Notstandsgesetzen hunderte Journalisten einsperren und brachte den überwiegenden Teil der kritischen Medien in seinem Land zum Schweigen.
Auch der stellvertretende Parteivorsitzende der Regierungspartei AKP Ömer Celik meldete sich zu Wort. Auf Twitter sprach er von "primitiver, schwarzer Propaganda": "Einige westliche Medienorgane zielen systematisch auf unseren Präsidenten. Sie wollen die Wahlen in der Türkei beeinflussen", schrieb er.
stern-Chefredakteur Gregor Peter Schmitz sagt zu der Debatte: "Der stern steht zu seiner Berichterstattung und zu seinem Titelbild. Eine kritische Begleitung von Staatschefs und Regierenden ist essenziell für die Demokratie. Dem stern geht es nicht darum, den türkischen Präsidenten zu diffamieren, sondern dessen wahltaktische Instrumentalisierung von Konflikten in der Türkei wie dem Ausland zu illustrieren."
Recep Tayyip Erdogan leitet die Geschicke der Türkei seit 2003, zunächst als Ministerpräsident, dann als Präsident. Im Mai stehen in der Türkei Parlaments- und Präsidentschaftswahlen an. Umfragen sagen ein Kopf- an-Kopf-Rennen zwischen Erdogan und der Opposition voraus.