Libanon und Israel An der Grenze eskalieren die Kämpfe – hier erzählen zwei Familien von beiden Seiten

Die Menschen auf beiden Seiten wollen Frieden – in Israel und im Libanon. Doch sie geraten jeden Tag tiefer in die Gewalt hinein. Denn die Gefechte werden heftiger. 
Nach einem israelischen Luftangriff steigt Rauch über Madschdal Zun auf, einem Dorf im Südlibanon
Nach einem israelischen Luftangriff steigt Rauch über Madschdal Zun auf, einem Dorf im Südlibanon
© Ali Hashisho / Xinhua / Action Press

Als wir aus Bait Lif weggingen, dachten wir: In ein paar Wochen sind wir wieder zu Hause", sagt Tabakbauer Mustafa as-Sayyid. Die Schafe, die Hühner, die Vorräte an eingekochten Zucchini und an Olivenöl, all das ließen sie im Dorf zurück. Doch nun sitzt der Bauer mit seinen beiden Frauen und den elf Kindern schon den siebten Monat in einem trostlos leeren Klassenzimmer, ihrer Notunterkunft. "Jeden Tag sagen wir: Morgen ist es vorbei."

Doch stattdessen geht der Krieg immer weiter, hier, im Süden des Libanon nahe der Grenze zu Israel.

"Wir kommen zurück, bevor der Winter kommt", das dachten auch die Gefens und packten nur ein paar T-Shirts und kurze Hosen ein, bevor sie Matsuva verließen, den Kibbuz im Norden Israels nahe der Grenze zum Libanon. Inzwischen ist das Ehepaar mit den drei Kindern in sechs Monaten dreimal umgezogen, zuletzt in das kleine Mietshaus in Schawe Zion, wo die jüngste Tochter auf einem Behelfsbett im Flur schläft. "Früher wussten wir: Kriege enden irgendwann", sagt Mutter Karin, Angestellte in einer Schokoladenfabrik. "Jetzt planen wir oft nicht mal für den nächsten Tag."

Dies ist die Geschichte eines kleinen Kriegs, der im Schatten des großen Konflikts von Gaza zu eskalieren droht. Weil Israel und der Iran seit Wochen an der Spirale der Gewalt drehen. Und weil der Verbündete des Iran, die schwer bewaffnete Hisbollah-Miliz im Libanon, mehr denn je zur Gefahr für Israel zu werden droht.

Erschienen in stern 18/2024