EU-Gipfel Was für eine Mittelmeerunion?

Wenn sich die EU-Staats- und Regierungschefs zum Gipfel treffen, wird auch das Thema Mittelmeerunion auf der Agenda stehen - eine Partnerschaft mit den nordafrikanischen Ländern und anderen Anrainer-Staaten. Was verbirgt sich eigentlich hinter diesem neuen umstrittenen Bündnis?

"Sie ist wie ein Gespenst in der Luft. Man kann nichts Vernünftiges darüber sagen". Nüchtern urteilt Ägyptens Außenminister Ahmed Abul Gheit über die so genannte Mittelmeerunion, derentwegen es gerade laut quietscht im EU-Getriebe. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy würde sich sicher über etwas mehr Enthusiasmus freuen. Schließlich ist dieser neue Länderverbund nicht nur sein Baby, sondern soll auch gerade Länder wie Ägypten enger an die EU heranführen.

Start soll am 13. Juli 2008 sein

Das ist schon fast das Konkreteste, das sich über die Mittelmeerunion sagen lässt. Am 13. Juli 2008, auf einem Sondergipfel in Paris, soll das Konstrukt offiziell beschlossen werden. Als Teilnehmer sind neben den 27 EU-Ländern die "Anrainerstaaten, die nicht der EU angehören" eingeladen. Dazu gehören zwar auch die Balkanstaaten an der Adria und die Türkei. Ob sie aber teilnehmen werden, ist bislang noch unklar.

Beobachtern zufolge, soll mit der Mittelmeerunion vor allem der Türkei eine Alternative zum EU-Beitritt geschaffen werden. Sicher mit am Tisch sitzen werden Ägypten, Algerien, Israel, die Palästinensergebiete, Jordanien, Libanon, Marokko, Syrien, Tunesien. Libyen und Mauretanien schicken einen Beobachter nach Paris. Welche Ziele die Mittelmeerunion verfolgt, bleibt offen.

In einem Papier dazu heißt es lediglich, der Sondergipfel solle "die Gelegenheit bieten, einen politischen Text zu verabschieden und neue Projekte mit Schwerpunkt auf der regionalen Zusammenarbeit anzustoßen". Nicolas Sarkozy, Antreiber des Projekts, hat aber ein paar Ideen zusammensammeln lassen: Unter anderem soll das Mittelmeer zum "saubersten Meer der Welt" werden, geplant sei außerdem den Handelsaustausch zwischen den Häfen zu verbessern und eine Agentur zu gründen, die kleine und mittlere Firmen unterstützt.

Das neue Bündnis, bislang EU-Mittelmeer-Partnerschaft (Euromed) genannt, geht zurück auf den so genannten Barcelona-Prozess, der 1995 begonnen wurde. Dessen Ziel sei es, Frieden, Stabilität und Wohlstand in der Region zu verbreiten. Ursprünglich war geplant, bis 2010 eine gemeinsame Freihandelszone zu schaffen. Zudem existiert bereits eine parlamentarische Versammlung, die in unregelmäßigen Abständen 240 Abgeordnete der Partnerländer zusammenbringt.

Eine Doppelspitze soll führen

Nach dem jüngsten Vorschlag Deutschlands soll die Mittelmeerunion von einer Doppelspitze geführt werden, die jeweils für zwei Jahre ein EU-Staat und ein Nicht-EU-Staat gemeinsam stellen. Dem Vorsitz stünde dann ein Sekretariat mit 20 Mitgliedern und zwei Direktoren zur Seite. Gerade wegen dieser Verfahrensfragen aber droht nun massiver Widerstand gegen die Pläne, vor allem in nördlichen EU- Staaten. Bisher gilt das Prinzip, dass bei politischen Vorhaben, die die EU finanziert, alle 27 Staaten gleichberechtigt sind.

Streit droht ebenfalls wegen der Finanzierung. Für die Zeit von 2007 bis 2013 hat die EU bereits 16 Milliarden Euro für die Unterstützung der Mittelmeer-Anrainer genehmigt. Im Zeitraum 2000 bis 2006 flossen aus dem EU-Haushalt 5,3 Milliarden Euro in die Region.

Niels Kruse