EU-Stabilitätspakt Reform-Marathon vertagt

Die ganze Nacht haben die EU-Finanzminister über eine Reform des Stabilitätspaktes beraten - ohne Ergebnis. Keine Einigung gab es über die deutschen Wünsche nach positiver Berücksichtigung der Wiedervereinigungskosten.

Die Euro-Finanzminister haben am Dienstagmorgen nach über neun Stunden ihre Beratungen zur Reform des Stabilitätspaktes beendet. Die Finanzminister der Euro-Zone haben sich nicht über eine Reform des Stabilitätspakts einigen können. Auf einer Sondersitzung am 20. März, kurz vor dem EU-Frühjahrsgipfel, wollen sie einen neuen Anlauf unternehmen. Bundesfinanzminister Hans Eichel sagte in Brüssel: "Wir sind deutlich weiter gekommen, als ich am Anfang der Sitzung erwartet hatte." Eichel hoffte, dass die Finanzminister bei der Sondersitzung ein einstimmiges Votum fällen können.

Deutschland und Frankreich streben flexible Lösung an

Die Reform des Paktes soll auf einem EU-Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs am 22. März beschlossen werden. Deutschland strebt gemeinsam mit Frankreich und Italien eine möglichst flexible und politische Auslegung des Paktes an, der die EU-Staaten zu einer stabilen Haushaltspolitik verpflichtet. Eine Kriterienliste soll klären, wann Staaten ungestraft mehr als die erlaubten drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes an neuen Schulden aufnehmen dürfen.

Keine Einigung gab es Verhandlungskreisen zufolge über die deutschen Wünsche nach positiver Berücksichtigung der Kosten für die Wiedervereinigung. Mehrere Länder wollten keine bereits stehenden Kostenblöcke, sondern nur zusätzliche Ausgaben mildernd berücksichtigen. Österreichs Finanzminister Karl-Heinz Grasser hatte vor der Sitzung die Berücksichtigung von Wiedervereinigungskosten strikt abgelehnt. Die Diskussion sei konstruktiv, streckenweise aber auch sehr kontrovers geführt worden, hieß es in Delegationskreisen.

Mehr als die Hälfte der EU-Länder hat Defizitprobleme

Der Vorsitzende der Ministerrunde, der luxemburgische Premier- und Finanzminister Jean-Claude Juncker, sagte, man bewege sich auf eine Einigung zu. Umstritten blieb eine Liste mit entlastenden Umständen, die Defizitsündern ausnahmsweise eine Überschreitung der Neuverschuldungs-Grenze von drei Prozent erlauben sollen.

Juncker legte seinen Amtskollegen einen Kompromissvorschlag vor. Aus mehreren Delegationen verlautete, an dem 14-Seiten-Papier müsse weiter gearbeitet werden. Der Pakt soll überarbeitet werden, da die Hälfte der EU-Länder Defizitprobleme hat und Europas Wachstum hinter dem der USA deutlich hinterherhinkt. Das Treffen wird am Vormittag im Kreis der Ressortchefs aller 25 EU-Staaten fortgesetzt.

Vor dem Gipfel Ende des Monats wird Bundeskanzler Gerhard Schröder Juncker in Luxemburg treffen. Deutschland und Frankreich hatten ihre Absicht bekräftigt, die Wachstumsorientierung des neun Jahre alten Stabilitätspaktes zu stärken. Schröder sagte bei den deutsch- französischen Konsultationen im nordrhein-westfälischen Blomberg, die Wachstumskräfte in ganz Europa seien noch nicht zufrieden stellend. Laut Frankreichs Präsident Jacques Chirac müssten nationale Eigenheiten ebenfalls berücksichtigt werden.

DPA/Reuters