Der ehemalige Premierminister Tony Blair hat die Entscheidung zum Irak-Krieg von 2003 mit der Absicht verteidigt, einen drohenden Terrorangriff zu verhindern. Es sei damals um "eine absolut machtvolle, klare und unablässige Botschaft" gegangen, dass nach den Anschlägen vom 11. September kein Regime mit Massenvernichtungswaffen mehr toleriert werde, sagte Blair am Freitag vor einer von der Regierung eingesetzten Untersuchungskommission in London.
Er räumte ein, dass sich die vom Regime des irakischen Staatschefs Saddam Hussein ausgehende Bedrohung nicht verändert habe. "Es war unsere Wahrnehmung des Risikos, die sich verschoben hat", fügte er hinzu. "Bis zum 11. September haben wir gedacht, er war ein Risiko", die Regierung hätte es aber bis dahin für möglich gehalten, die Gefahr einzudämmen, sagte Blair.
Der Ex-Premier betonte, er sei sich der "Kehrseite" eines Krieges bewusst gewesen. "Ein militärischer Einsatz ist immer der letzte Ausweg, den man in Erwägung zieht." Er sei jedoch immer noch der Meinung, dass "Schurkenstaaten" nicht erlaubt werden dürfe, Massenvernichtungswaffen zu entwickeln.
Verstieß Blair gegen das Völkerrecht?
Im Mittelpunkt des Ausschusses steht unter anderem die Frage, was genau Blair über angebliche Massenvernichtungswaffen des Iraks wusste, und ob die britische Regierung mit dem Krieg ohne UN-Mandat gegen das Völkerrecht verstoßen hatte. Die Entscheidung Blairs, im März 2003 an der Seite der USA in den Irak einzumarschieren und 45.000 britische Soldaten in das Land zu schicken, war die umstrittenste seiner zehnjährigen Regierungszeit.
Als Begründung für den Krieg hatte Blair in einem im September 2002 vorgelegten Dossier erklärt, Saddam verfüge ohne jeden Zweifel über Massenvernichtungswaffen. Solche wurden in dem Land jedoch nie gefunden. Umstritten war außerdem die Legitimität des Waffengangs. Führende Rechtsberater der Regierung hatten nach eigener Darstellung Zweifel an einem solchen Einsatz ohne die Autorisierung durch die Vereinten Nationen geäußert.
Blair vermeidet großen Auftritt
Normalerweise scheut Blair keine Kameras, doch vor seiner Aussage vor dem Untersuchungsausschuss mied der britische Ex-Premierminister das Scheinwerferlicht. Schon zwei Stunden vor seinem mit Spannung erwartetem Auftritt fuhr Blair mit seiner Limousine durch eine Seiteneinfahrt in das Konferenzgebäude, in dem er dem Ausschuss Rede und Antwort stehen muss.
Mit seinem frühen Erscheinen ging er Hunderten Anti-Blair-Demonstranten aus dem Weg, die sich vor dem Gebäude versammelt hatten. "Diese feige und hinterlistige Ankunft ist typisch dafür, wie der ehemalige Premier dem Land den Krieg verkauft hat - hinter dem Rücken der Öffentlichkeit", sagte der Friedensaktivist Andrew Murray.