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Fatah und Hamas Zeremonie besiegelt historische Aussöhnung

Sie schossen aufeinander, sie hassten sich. Doch nun haben die beiden großen Palästinensergruppen Fatah und Hamas einander die Hand gereicht - auch das eine Folge des "arabischen Völkerfrühlings".

Mit einer feierlichen Zeremonie in der ägyptischen Hauptstadt Kairo haben die Palästinenserorganisationen Fatah und Hamas offiziell ihre Versöhnung besiegelt. Die Palästinenser hätten entschieden, das "dunkle Kapitel der Teilung für immer zu beenden", sagte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas am Mittwoch. Hamas-Exilchef Chaled Meschaal forderte die Bildung eines eigenständigen Palästinenserstaates.

Das Abkommen beendet eine mehrjährige Periode bitterer Feindschaft zwischen Fatah und Hamas, die zeitweise sogar in blutige bewaffnete Auseinandersetzungen ausgeartet war. Auch elf kleinere palästinensische Fraktionen schlossen sich dem Versöhnungspakt an. Die Vereinbarung soll den Weg zu einem unabhängigen Palästinenserstaat ebnen. Sie sieht die Bildung einer Übergangsregierung unabhängiger Persönlichkeiten vor, die innerhalb eines Jahres Präsidentschafts- und Parlamentswahlen organisieren soll. Die Übergangsregierung soll auch die Reorganisation der Sicherheitskräfte und den Wiederaufbau des Gazastreifens leiten. Die Leitung der Verhandlungen mit Israel liegt weiter bei Abbas.

Israel hatte sich vehement gegen die inner-palästinensische Aussöhnung ausgesprochen. Die Hamas muss nämlich nun nicht, wie bislang auch von der internationalen Diplomatie gefordert, Israel explizit anerkennen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte im letzten Moment versucht, Abbas von der Zusammenarbeit mit der Hamas abzubringen. Der Palästinenserpräsident möge diese umgehend aufkündigen und "den Weg des Friedens mit Israel wählen", erklärte der Politiker am Dienstag nach einem Gespräch mit dem Nahost-Gesandten Tony Blair in Jerusalem.

An die Adresse Israels gerichtet sagte Abbas, das Land müsse sich zwischen seiner Siedlungspolitik und dem Frieden entscheiden. Abbas warf Israel außerdem vor, die Versöhnung der Palästinensergruppen als Entschuldigung dafür zu nehmen, keine Friedensverhandlungen mehr zu führen. Meschaal forderte die Bildung eines "souveränen Palästinenserstaates". Für dieses "nationale palästinensische Ziel" werde sich die Hamas einsetzen und davon auch "kein Zoll breit abrücken". Meschaal betonte zudem, dass der jahrelange Streit mit der Fatah nun vorbei sei. "Unseren einzigen Kampf führen wir mit Israel."

Letztlich ist die inner-palästinensische Versöhnung auf die Umstürze in der arabischen Welt zurückzuführen. Das Regime des am 11. Februar entmachteten ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak hatte wie ein Verbündeter Israels agiert und die Fatah gegenüber der radikaleren Hamas bevorzugt. Seine Vermittlungsbemühungen blieben deshalb erfolglos. Der seit dem Umsturz regierende Militärrat berücksichtigte die israel-kritische Stimmung in der Bevölkerung und richtete die Palästinenser-Politik neu aus. Kairo nimmt nun eine annähernd gleiche Distanz zu den beiden großen Palästinenserfraktionen ein.

Deren Rivalität war nach den von der Hamas gewonnenen Parlamentswahlen im Jahr 2006 in offene Feindseligkeit umgeschlagen. Im Gazastreifen lieferten sich die Milizen der beiden Organisationen blutige Gefechte, die erst endeten, als die Hamas 2007 die Abbas-Verwaltung und die Fatah aus dem Gazastreifen vertrieb. Israel hatte sich bereits 2005 aus dem palästinensischen Mittelmeergebiet zurückgezogen, blockiert aber bis heute die Zugänge.

Das Versöhnungsabkommen klammert die delikaten Sicherheitsfragen weitgehend aus. Im wesentlichen einigte man sich in diesem Bereich auf die Aufrechterhaltung des Status quo. Die Hamas kontrolliert weiter den Gazastreifen, die Miliz von Präsident Abbas jene Teile des Westjordanlandes, die nicht vom israelischen Militär kontrolliert werden. Beide Fraktionen vereinbarten überdies, die politischen Gefangenen der jeweils anderen Seite freizulassen.

liri/AFP/DPA DPA

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