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Finanzminister-Treffen Rettungsschirm für Euro-Staaten besiegelt

Das milliardenschwere Rettungspaket für hoch verschuldete Euro-Länder ist unter Dach und Fach: Die Finanzminister unterzeichneten den Rahmenvertrag zur Gründung einer Finanzgesellschaft. Außerdem entschieden sie, dass Estland den Euro einführen darf.

Der riesige Rettungsschirm von 750 Milliarden Euro zur Absicherung kriselnder Euro-Staaten steht endgültig. Die Euro-Finanzminister einigten sich am Montag in Luxemburg auf die Gründung einer Finanzgesellschaft. Sie nimmt notfalls Kredite für Wackelkandidaten auf, wie Diplomaten am Rande der Sitzung berichteten.

Der beispiellose Rettungsschirm war von der EU Anfang Mai unter dramatischen Umständen vereinbart worden. Seitdem war wochenlang über Einzelheiten verhandelt worden. Mit dem System soll die Stabilität des Euro abgesichert werden. 500 Milliarden Euro entfallen auf die Europäer, die restlichen 250 Milliarden Euro auf den Internationalen Währungsfonds (IWF).

Harte Bedingungen für Krisenländer

Zentraler Baustein des europäischen Rettungsschirms ist die neue Finanzgesellschaft nach luxemburgischen Recht. Diese kann im Namen aller Euro-Länder bis zu 440 Milliarden Euro leihen und an finanzschwache Länder weitergeben. EU-Währungskommissar Olli Rehn betonte, die Krisenländer müssten im Gegenzug für Hilfen harte Spar-Auflagen erfüllen. "Das Programm ähnelt dem für Finanzhilfen für Griechenland", sagte der Finne.

Die Euro-Länder müssen bei der Finanzgesellschaft das Geld nicht auf den Tisch legen. Sie treten vielmehr als Garanten für das zu leihende Geld auf. Da das Notsystem in der EU beispiellos ist, galt es viele schwierige Detailfragen zu klären, sagten Diplomaten.

Bevor die Finanzgesellschaft allerdings einspringt, sollen bis zu 60 Milliarden Euro an Krediten von der EU-Kommission kommen, so wie bei bisherigen Zahlungsbilanzhilfen für schwächelnde Nicht-Euro-Länder wie Ungarn, Lettland und Rumänien.

Euro-Sturzflug bereitet Kummer

Sorgen macht im gemeinsamen Währungsgebiet mit 330 Millionen Menschen der jähe Kursverfall des Euro. "Ich bin nicht besorgt über den aktuellen Wechselkurs", sagte Juncker. "Ich bin aber besorgt über die Plötzlichkeit, mit der der Euro fällt." Am Montag rutschte der Euro zeitweilig unter die Marke von 1,19 US-Dollar und damit auf ein neues Vier-Jahres-Tief. Ähnlich wie Juncker äußerte sich EU-Währungskommissar Rehn. "Die große Herausforderung ist es nun, das Vertrauen in Europa wieder zu stärken", sagte Rehn.

In Deutschland sind die anteiligen Kreditgarantien von bis zu 148 Milliarden Euro bereits von Bundestag und Bundesrat gebilligt worden. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte, Deutschland habe seinen Anteil zu den Stabilitätsprogrammen schon umgesetzt. "Die Märkte wollen eben nicht nur Erklärungen, sondern Taten sehen."

Estland bekommt 2011 den Euro

In Luxemburg wurde außerdem beschlossen, dass der Euroraum größer werden soll: Der baltische Staat Estland soll zum kommenden Jahreswechsel den Euro bekommen. "Estland wird das 17. Mitglied der Euro-Zone am 1. Januar 2011", sagte Jean-Claude Juncker. Die Aufnahme muss noch von den Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten bei ihrem regulären Gipfel Mitte Juni befürwortet werden. Die EU-Kommission hatte festgestellt, dass die Baltenrepublik alle Kriterien für eine Aufnahme in die Euro-Zone erfüllt.

Nach den Finanzministern müssen noch die EU-Staats- und Regierungschefs Mitte des Monats bei ihrem Treffen in Brüssel zustimmen. Das ist aber eine Formsache. Der Umrechnungskurs der Krone zum Euro soll dann im Juli festgelegt werden. Eine weitere Ausweitung der Eurozone ist derzeit nicht in Sicht. Wegen der Wirtschaftskrise stiegen überall in der EU die Defizite an.

Estland gilt in der EU als finanzpolitischer Musterschüler. Das Staatsdefizit dürfte im laufenden Jahr 2,4 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt betragen - es liegt also unter der Maastrichter Marke von 3 Prozent. Auch die gesamtstaatliche Verschuldung sieht günstig aus, im laufenden Jahr werden nur 9,6 Prozent der Wirtschaftsleistung erwartet. Der Richtwert beträgt 60 Prozent.

ukl/DPA/AFP/Reuters DPA Reuters

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