Geheime Afghanistan-Akten im Internet USA jagen Wikileaks-Informanten

Die US-Regierung will unbedingt herausfinden, wer Wikileaks die geheimen Afghanistan-Dokumente zugespielt hat. Sie befürchtet, dass weitere brisante Akten öffentlich werden. Die Grünen verlangen derweil, "die Wahrheit über das Treiben der Bundeswehr in Afghanistan" zu erfahren.

Nach der Veröffentlichung von mehr als 90.000 Geheimberichten des US-Militärs sucht die amerikanische Regierung nach der undichten Stelle. "Wir werden alles unternehmen was notwendig ist, um herauszufinden, wer für das Datenleck verantwortlich ist", kündigte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Geoff Morrell, in Washington an. In der Regierung gebe es die Befürchtung, dass weitere geheime Informationen an die Öffentlichkeit gelangen könnten. Das sei derzeit nicht auszuschließen.

Dem Ministerium zufolge wird die Bewertung der durch den Internetdienst Wikileaks veröffentlichten Dokumente Tage oder sogar Wochen dauern. Deshalb sei der Schaden für die Sicherheit des Landes derzeit noch nicht abzusehen.

Das Weiße Haus wird wegen des Vorfalls auch aus den eigenen Reihen unter Druck gesetzt Die einflussreiche demokratische Senatorin Dianne Feinstein forderte das Pentagon zu einer umfassenden Untersuchung auf. "Diese Lecks stellen eine ernste Bedrohung der nationalen Sicherheit dar", erklärte die Vorsitzende des Geheimdienst-Ausschusses des Senats. Feinstein forderte Verteidigungsminister Robert Gates auf, eine groß angelegte Untersuchung einzuleiten und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Ströbele will wissen, "was die Bundeswehr treibt"

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele verlangt nach der Veröffentlichung der Dokumente mehr Aufklärung. Er wolle "die Wahrheit über das lesen, was die Bundeswehr konkret in Afghanistan treibt", sagte Ströbele der "Neuen Presse".

Er bemühe sich bereits seit einem halben Jahr zu erfahren, welche geheimen Kommandoaktionen von der Bundeswehr unterstützt würden. "Und vor allem, was die Operationstruppe TF 47 der Bundeswehr dort macht." Dies sei eine geheim arbeitende Eliteeinheit. Ströbele ist auch Mitglied des parlamentarischen Kontrollgremiums für die Geheimdienste.

Noch nicht alle Unterlagen veröffentlicht

Die brisanten Unterlagen wurden Wikileaks von unbekannter Seite zugespielt. Über 75.000 Dokumente wurden direkt veröffentlicht, der Rest wurde laut der Webseite vorerst zum Schutz der Quelle zurückgehalten. Sie sollten in Gänze veröffentlicht werden, "wenn es die Sicherheitslage in Afghanistan erlaubt".

Aus den Berichten ergibt sich ein drastisches Bild des Krieges in Afghanistan. Demnach ist die Zahl der zivilen Opfer höher als angenommen und die Situation im deutschen Verantwortungsgebiet im Norden weit schlechter als von der Bundesregierung dargestellt. Außerdem zeigt die Veröffentlichung, dass US-Militärs über Jahre von einer direkten Kooperation des pakistanischen Militärgeheimdienstes ISI mit den Taliban ausgingen. Zudem sind die afghanischen Verbündeten teils unzuverlässig, teils korrupt, teils terrorisieren sie die eigene Bevölkerung.

Die Dokumente belegen, dass es viele Pannen gegeben hat, und legen offen, dass eine bislang unbekannte US-Einheit Jagd auf die Taliban macht. Sie beziehen sich nach Angaben des Weißen Hauses auf den Zeitraum von Januar 2004 bis Dezember 2009 und damit auf die Zeit vor der Verkündung der neuen Afghanistan-Strategie Obamas am 2. Dezember 2009.

mad/ReutersDPA