Pro-palästinensischer Auftritt "Greta Thunberg ist dabei, sich selbst zu entzaubern": In der deutschen Presse hagelt es Kritik

Nach Pro-Palästina-Sprechchören: Rangelei bei Klimademo: Mann entreißt Greta Thunberg das Mikrofon
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Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg hat erneut eine Klimademonstration genutzt, um für die Palästinenser Partei zu ergreifen. Mit einem traditionellen schwarz-weißen Palästinensertuch um den Hals sagte sie am Sonntag bei einer Kundgebung in Amsterdam, die Klimaschutzbewegung habe die Pflicht, "auf die Stimmen jener zu hören, die unterdrückt seien und die für Frieden und Gerechtigkeit kämpfen würden. Daraufhin sprang ein Mann vor laufenden Kameras auf die Bühne und rangelte mit der Klimaaktivistin um das Mikrofon. Er sei für eine Klimademonstration gekommen, nicht, um politische Ansichten zu hören, sagte der Mann, der dann unter Buhrufen abgeführt wurde. Nach einer ähnlichen Aktion im vergangenen Monat war Thunberg bereits dafür kritisiert worden, dass sie die israelischen Opfer des Massakers der Hamas vom 7. Oktober nicht gesondert erwähnt hatte. An der Klimademonstration beteiligten sich nach Angaben der Veranstalter rund 85.000 Menschen; sie sei damit die bisher größte derartige Demo in den Niederlanden gewesen.
Seit Beginn des Gaza-Krieges sorgt Greta Thunberg mit kontroversen Äußerungen für Aufsehen. Ihre jüngste Pro-Palästinenser-Rede auf einer Klimademo bringt für viele das Fass zum Überlaufen. Auch in den Medien hagelt es Kritik.

Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg hat erneut mit einem pro-palästinensischen Auftritt Empörung ausgelöst. Thunberg hatte am Sonntag bei einer Klima-Demonstration im niederländischen Amsterdam vor zehntausenden Teilnehmern geredet. Dabei trug sie ein schwarz-weißes Palästinensertuch und sagte unter anderem: "Als eine Bewegung für Klimagerechtigkeit müssen wir die Stimmen derjenigen hören, die unterdrückt werden und die für Freiheit und volle Gerechtigkeit kämpfen." Während der Ansprache der Schwedin kam ein älterer Demonstrant auf die Bühne, zog Thunbergs Mikrofon an sich und rief hinein: "Ich bin für eine Klima-Demonstration hierher gekommen, und nicht für politische Ansichten."

Grünen-Chefin Ricarda Lang kritisierte Thunbergs Äußerungen am Montag als "absolut unanständig", der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), Volker Beck, bezeichnete die Äußerungen in Amsterdam als das "Ende von Greta Thunberg als Klimaaktivistin". Die israelische Botschaft in Berlin kommentierte auf X, es sei "traurig, wie Greta Thunberg mal wieder die Klima-Bühne für eigene Zwecke missbraucht".

Auch in deutschen Medien hagelt es Kritik für Thunberg. Ein Blick in die Presse.

Greta Thunberg in der Kritik: "Glaubwürdigkeit in Klimafragen endgültig verspielt"

"Badische Neueste Nachrichten" (Karlsruhe): "Es ist längst überfällig, dass sich Teile der politisch engagierten Öffentlichkeit aus der geradezu messianischen Verklärung Thunbergs lösen. Was hatten die Entrüsteten denn erwartet? Dass Greta so klug, einzigartig und allwissend ist, dass sie zu allen Problemen dieser Welt etwas Bedeutendes und Sinnstiftendes sagen kann? Überraschung: Sie ist es nicht. Sie ist eine 20-Jährige, die sich vereinnahmen lässt und undurchdachte Parolen ruft. Und sie verrät durchaus altersgemäß so einige Wissenslücken zur Geschichte des Nahostkonflikts und des Antisemitismus. Die große Aufregung darüber resultiert jedoch aus der irrwitzigen Überhöhung der lieben Greta."

"Frankfurter Rundschau": "Als Gallionsfigur der weltweiten Klimabewegung Fridays for Future ist Thunberg untragbar geworden. Bereits nach dem Teilen eines Pro-Palästina-Beitrags im Netz – deren Verfasser:innen mit Fug und Recht als antisemitisch bezeichnet werden können – hätte sie sich von einseitiger Parteinahme distanzieren müssen. Stattdessen legte Thunberg nach, postete mehrere "Stand with Gaza"-Beiträge auf ihrem eigenen Instagram-Kanal. Mit dem beschämenden Auftritt am Sonntag hat sie ihre Glaubwürdigkeit in Klimafragen endgültig verspielt."

"Reutlinger General-Anzeiger": "Nun ist Greta Thunberg dabei, sich selbst zu entzaubern. Aus dem zurückhaltenden, wortkargen Mädchen ist eine Frau mit eigenen politischen Ansichten geworden, die immer öfter nicht zu den Vorstellungen der Klimabewegung passen. In Amsterdam ergriff sie bei einer Klimademonstration Partei für die Palästinenser. Das ist völlig legitim. Denn natürlich darf man Mitgefühl für das Leid der Palästinenser äußern. Doch erstens konnte man aus ihren Äußerungen viel mehr herauslesen, bis hin zur Ablehnung des Judenstaats. Und zweitens zerstört sie damit ihr öffentliches Bild. Aus der unschuldigen Kämpferin für Klimaschutz wird eine Parteigängerin der Palästinenser. Aus der Klimaschutzbewegung wird eine Plattform für alle möglichen politischen Konflikte."

"Nordbayerischer Kurier" (Bayreuth): "Thunbergs Surfen auf der beschämenden Anti-Israel-Welle, die um den Globus schwappt, hinterlässt den Eindruck, der Bewegung sei es früher mal um das Klima gegangen, jetzt eher um Terroristenverstehen. Dabei braucht es mehr denn je starke Stimmen für den Klimaschutz. Zu vieles lenkt schon ab von diesem so wichtigen Anliegen."

"taz": "Wird Thunberg damit endgültig zur "Persona non Greta", die die von ihr maßgeblich angestoßene Klimabewegung in die Krise stürzt? (...) Eins ist sicher (...): Thunberg treibt mit ihrer Positionierung einen Keil in die Klimabewegung, statt ihr eigentliches Potenzial zu nutzen. Denn wer sonst außer genau diese junge, global denkende Bewegung könnte der Motor für eine von allen Seiten akzeptierte Antikriegsbewegung sein, weil sie nicht vergisst, dass die Menschheit ein alles überschattendes Problem hat: den sich weltweit beschleunigenden Anstieg der Temperaturen. Keine Klimagerechtigkeit ohne Frieden. Aber dabei helfen keine einseitigen Gewissheiten."

"Focus Online": "Thunberg hat inzwischen der Apokalypse den Antisemitismus hinzugefügt. Damit kann sie für die internationale Klimabewegung Glaubwürdigkeit nicht mehr beanspruchen. Durch ihre einseitige Parteinahme für die Palästinenser, die sich – und das geht nicht – vollkommen gegen Israel wendet, hat sich die Ikone selbst zerstört."

DPA · AFP
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