Ende 2016 sorgte der frisch gewählte aber noch nicht vereidigte US-Präsident Donald Trump mit einem simplen Telefonat für einen ersten Eklat: Die taiwanische Präsidentin Tsai Ing Wen hatte ihn damals angerufen, um ihm zum Wahlsieg zu gratulieren. Der unerfahrene Amerikaner nahm das Gespräch an - als erstes US-Staatsoberhaupt seit Jahrzehnten. Auf Diplomatenebene kam das einer De-facto-Anerkennung des Inselstaats gleich, der aber eben von vielen Ländern nicht als souverän betrachtet wird. Weder von den USA, noch von Deutschland und am allerwenigsten vom mächtigen Nachbar China.
Der Taiwan-Konflikt gärt bereits seit 70 Jahren und steuert derzeit wieder auf eine Eskalation zu. Im Kern geht es um den Status der Insel von der Größe Baden-Württembergs. Die Taiwaner nennen ihr Land "Republik China", die Regierung in Peking dagegen betrachtet Taiwan als "abtrünnige Provinz" und reagiert seit Jahren immer dünnhäutiger auf Bestrebungen, die auf eine offizielle Loslösung hindeuten könnte. Zuletzt hatte die chinesische Luftwaffe Taiwans Identifikationszone zur Luftverteidigung (ADIZ) verletzt und die taiwanische Luftabwehr auf die Probe gestellt.
"Unabhängigkeit Taiwans bedeutet Krieg"
Gleichzeitig verschärfte das Pekinger Verteidigungsministerium den Ton im Umgang mit dem kleinen Nachbarn. Ein Sprecher sagte: "Eine Unabhängigkeit Taiwans bedeutet Krieg." Taiwan sei ein untrennbarer Teil der Volksrepublik. Die militärische Aktivitäten kommentierte er mit den Worten: Die seien "notwendige Aktionen, um mit der gegenwärtigen Sicherheitslage in der Taiwanstraße umzugehen und die nationale Souveränität zu sichern".
Adressat der harschen Drohung ist aber nicht nur die Regierung in Taipeh, sondern auch die neue Regierung in den USA. Die Amerikaner haben sich seit Jahrzehnten der Verteidigungsfähigkeit Taiwans verpflichtet. Sprich: Sie unterstützten die Insel mit Waffenlieferungen. An Joe Biden, den neuen Mann im Weißen Haus, gerichtet sagte der Sprecher, die Beziehungen stünden "an einem neuen historischen Ausgangspunkt". China hoffe, dass die neue US-Regierung an Kooperation und nicht an Konfrontation interessiert sei. Es sei ein "unmögliches Vorhaben", China eindämmen zu wollen.
Nach den Einsätzen der chinesischen Luftwaffe hatte die neue US-Regierung China aufgefordert, seinen "militärischen, diplomatischen und wirtschaftlichen Druck auf Taiwan" einzustellen. Die Verletzungen der Identifikationszone zur Luftverteidigung haben im vergangenen Jahr schon den höchsten Stand seit der "Raketenkrise" um Taiwan 1996 erreicht, wurden nach der Amtseinführung von Biden aber noch einmal verstärkt. Die Taiwan-Frage sei das "wichtigste und sensibelste Kernthema in den chinesisch-amerikanischen Beziehungen", so der Sprecher weiter. Ungeachtet dessen hatte Biden als erster US-Präsident seit 1979 die taiwanische Vertreterin in den USA offiziell zu seiner Amtseinführung am 20. Januar eingeladen.
Taiwan kaum anerkannt
Der Streit um den Status Taiwans geht auf den Bürgerkrieg in China zurück, als die Truppen der nationalchinesischen Kuomintang nach ihrer Niederlage gegen die Kommunisten nach Taiwan flüchteten. In Peking wurde 1949 die kommunistische Volksrepublik gegründet, während Taiwan seitdem als Republik China regiert wird. Auch wenn die meisten westlichen Staaten freundschaftliche Beziehungen zur Regierung in Taipeh pflegen, erkennen die meisten Staaten Taiwan nicht an.
Im Schatten des Dauerkonflikts spitzt sich auch der Streit um ein paar unbewohnte, aber strategisch wichtige Inseln in der Region zu. Die Senkaku-Inseln werden von Japan kontrolliert, aber von China und Taiwan beansprucht. In den Gewässern rund um die vermutlich ölreiche Inselgruppe waren zuletzt wiederholt chinesische Schiffe aufgekreuzt. Joe Biden hatte Japan daher zugesagt, das Land im Fall eines militärischen Angriffs zu verteidigen. Die USA stünden zu ihrem Verteidigungsbündnis mit Japan.