US-Präsident George W. Bush legt systematisch die Grundlagen für den Sturz des irakischen Machthabers Saddam Hussein. Und ein militärischer Überraschungsangriff ist dabei nach Verlautbarungen aus Washingtoner Regierungskreisen nicht ausgeschlossen.
In den vergangenen Wochen verschärfte die US-Regierung ihre verbalen Angriffe auf Saddam Hussein zunehmend. Begleitet wird dies von einer politischen Richtungsänderung, die auch Angriffe ohne jede Vorwarnung auf Feinde der USA vorsieht, wenn sie möglicherweise im Besitz von Massenvernichtungswaffen sind.
Kein Widerstand der Militärs
Die Krise im Nahen Osten oder der Konflikt zwischen Indien und Pakistan haben dabei nichts an der Entschlossenheit Bushs geändert. Verärgert reagierte er auf Berichte, wonach es auch im US-Militär Widerstand gegen einen Angriff auf Irak in der nächsten Zeit gibt. »Ich weiß nicht, wovon sie reden«, soll Bush gesagt haben. Beobachter deuten die Äußerung so, dass Bush einen Angriff auch gegen die Widerstände im eigenen Lager erwägt.
»Böse ist böse«
Bush selbst beschrieb seine Sicht in der vergangenen Woche so: »Wenn wir das Böse sehen - ich weiß, es verletzt die Gefühle einiger Menschen und es mag auch nicht politisch korrekt sein - aber ich nenne das Böse beim Namen. Böse ist böse, und wir bekämpfen es mit allen Mitteln.«
Bush könnte sich auch für politischen Druck und verdeckte Operationen entscheiden, um Saddam Hussein zu stürzen. Wenn er sich für den Krieg entscheidet, könnte er wie sein Vater langsam eine internationale Koalition schmieden, oder aber auch ohne jede Vorwarnung zuschlagen.
» Überraschungsangriff wahrscheinlich
Gerade angesichts der von den USA geäußerten Vermutung, dass Irak weiter über Massenvernichtungswaffen verfügt, ist ein Überraschungsangriff wahrscheinlicher. So soll verhindert werden, dass ein langsam in die Enge getriebener Saddam Hussein seinerseits zuerst die USA angreift oder internationale Terroristen bei einem solchen Vorhaben unterstützt.
»Wir begreifen jetzt, dass wir nicht darauf warten dürfen, bis diese Leute ihre Massenvernichtungswaffen einsetzen«, sagt Philip Zelikow, Geschichtsprofessor an der Universität von Virginia, der im Sicherheitsrat von Bushs Vater saß. »Und wir begreifen allmählich, dass man Leute wie Saddam Hussein nicht warnen darf, dass sie angegriffen werden.«
Die Angst vor einem langen Krieg
Bush hat etliche Möglichkeiten, wie ein solcher Angriff aussehen könnte. Neben einem eher konventionellen Angriff kommt unter anderem auch eine Kombination aus Geheimdienstoperation, Luftangriffen und der Unterstützung von Regimegegnern in Irak in Frage. Gefürchtet wird in den USA vor allem ein längerer Einsatz einer größeren Zahl von US-Soldaten in Irak. »Es gibt Gründe, warum Ihr Vater nicht in Bagdad einmarschierte«, sagte Senator Joseph Biden, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des US-Senats an Bush gewandt.
Die neue US-Strategie nach dem 11. September sieht jedenfalls Überraschungsangriffe auf mögliche Feinde vor, die Massenvernichtungswaffen besitzen. Und Irak passt genau in dieses Bild: Bush hat Irak wiederholt vorgeworfen, den Terror zu unterstützen; Verteidigungsminister Donald Rumsfeld wies Beteuerungen der irakischen Regierung, sie besitze weder atomare noch chemische oder biologische Waffen, als Lüge zurück.
Bekannt ist auch schon länger, dass Bush Irak zusammen mit Iran und Nordkorea in eine »Achse des Bösen« einordnet. Und vor dem US-Kongress deutete Bush schon an, wo es lang geht: »Ich werde nicht darauf warten, dass etwas passiert, während die Gefahr wächst.«