Irak Die Suche nach dem Leck

Die US-Verbündeten von der Türkei bis Kuwait beteuern einhellig, alles zur Sicherung ihrer Grenzen zu tun. Doch spätestens seit dem Anschlag von Nadschaf hat sich der Verdacht erhärtet, dass für die Angriffe ausländische Extremisten verantwortlich sein könnten.

Spätestens seit dem Bombenanschlag von Nadschaf hat sich der Verdacht erhärtet, dass für einen Großteil der Angriffe in Irak Extremisten aus dem Ausland verantwortlich sein könnten. Die Frage ist nun, aus welchem der sechs Nachbarstaaten die Täter nach Irak eindringen. Sowohl die US-Verbündeten Jordanien, Saudi-Arabien, Kuwait und die Türkei als auch Syrien und Iran, deren Verhältnis zu Washington angespannt ist, beteuern einhellig, alles zur Sicherung ihrer Grenzen zu tun.

Nach dem Anschlag von Nadschaf am Freitag mit mehr als 100 Toten, darunter der schiitische Geistliche Ajatollah Mohammed Bakir el Hakim, nahm die irakische Polizei mehrere Verdächtige fest. Dabei handelt es sich laut Polizeiangaben um Saudiaraber, Kuwaiter und Palästinenser mit jordanischen Pässen, die aus Kuwait, Syrien und Jordanien einreisten. Ihnen werden Kontakte zum Terrornetzwerk El Kaida nachgesagt. Auch die US-Truppen in Irak nahmen Verdächtige fest, die saudiarabische, iranische und syrische Papiere bei sich hatten. Die US-Behörden bemühen sich derzeit, deren Identität und Reiserouten zu ermitteln.

Militante Islamisten aus Iran, Syrien und Saudi-Arabien

Bereits Mitte August warnte der stellvertretende amerikanische Außenminister Richard Armitage im arabischen Fernsehsender El Dschasira, dass militante Islamisten aus Iran, Syrien und Saudi-Arabien nach Irak reisten. Die Regierungen wollte er zwar nicht direkt dafür verantwortlich machen, er erklärte jedoch: "Zumindest kann ich feststellen, dass diese Kämpfer nicht an den Grenzen gestoppt werden." Der syrische Präsident Baschar el Assad erklärte im Mai, mit Beginn der amerikanischen Besatzung Iraks seien nun die USA für den Schutz der Grenze verantwortlich.

Syrische Diplomaten räumten ein, dass nach wie vor Kämpfer über die 500 Kilometer lange Grenze nach Irak gelangen. Ihre Zahl sei jedoch deutlich zurückgegangen seit dem Ende des Golfkriegs, als noch ganze Busse mit Freiwilligen über die Grenze fuhren. Hinweise auf eine Verwicklung der Regierung in Damaskus gibt es nach Ansicht der Diplomaten nicht. Auch Assad versichert, dass seine Regierung - ungeachtet anderer Differenzen etwa im Nahost-Friedensprozess - im Kampf gegen Terror eng an der Seite der USA steht.

Auch Saudi-Arabien verlangt von den USA, zumindest eine Seite der irakischen Grenze zu sichern. "Sie sind die Besatzungsmacht", sagte der außenpolitische Berater der Regierung in Riad, Adel el Dschubeir, vergangene Woche der Nachrichtenagentur AP in Washington. Schafhirten wandern an der 800 Kilometer langen Wüstengrenze zu Irak unbeschränkt zwischen beiden Staaten hin und her, und Extremisten scheinen dies ebenso zu tun. Das legen zumindest Internet-Berichte über Saudiaraber nahe, die im Kampf gegen die US-Truppen in Irak getötet wurden.

Jordanien verschärft Grenzkontrollen

Das dritte Nachbarland Iran hat ebenfalls Schwierigkeiten, seine 1.300 Kilometer lange Grenze zu Irak zu kontrollieren. Laut Medienberichten gelangten in den vergangenen vier Monaten hunderte schiitische Pilger aus Iran nach Irak. Auf dem Weg zu heiligen Stätten verdursteten mehr als 100 von ihnen, kamen bei der Explosion von Landminen ums Leben oder wurden von bewaffneten Räubern getötet. Trotz Warnungen der Regierung in Teheran machen sich weiter täglich mehrere Dutzend Gläubige auf den gefährlichen Weg durch das Gebirge. Illegale Grenzüberschreitungen hingegen verhindert Iran, wie Außenamtssprecher Hamid Resa Asefi zuletzt am Montag beteuerte.

Mit am sichersten erscheint hingegen die türkisch-irakische Grenze. Der 240 Kilometer lange Verlauf ist durchgehend schwer bewacht, da Ankara das Eindringen kurdischer Extremisten aus Irak fürchtet. Auch Kuwait beschränkt den Verkehr an seiner 190 Kilometer langen Grenze stark. Auf die Frage, ob es dennoch Terroristen gelingen könnte, etwa als Geschäftsleute getarnt nach Irak einzureisen, antwortete der Staatssekretär im Kuwaiter Außenministerium, Abdullah el Faris: "Das kann ich weder bestätigten noch dementieren. Unsere Sicherheitskräfte haben keine Fälle von Infiltration gemeldet, und in Irak wurde kein Terrorist festgenommen, der Kuwait als Einreiseort nannte."

In Jordanien erklärte Ministerpräsident Ali Abul Ragheb am Sonntag im Parlament, die Regierung habe die Kontrollen an der Grenze zu Irak verschärft, "um unsere nationale Sicherheit zu schützen". Nähere Einzelheiten nannte er nicht. An der 100 Kilometer langen Grenze sind bereits in engen Abständen Soldaten stationiert. Außerdem wurden drei Meter tiefe Gräben ausgehoben und sechs Meter hohe Sandwälle aufgeschichtet, um Waffen- und Drogenschmuggler abzuhalten.

Jamal Halaby