Der britische Premierminister Tony Blair hat Frankreich und Russland davor gewarnt, den irakischen Präsidenten Saddam Hussein mit einem Veto gegen eine Kriegs-Resolution "vom Haken zu lassen". Er werde "Tag und Nacht" arbeiten, um im UN- Sicherheitsrat trotz der Erklärungen aus Moskau und Paris eine gemeinsame Basis für eine zweite Resolution zu schaffen, sagte Blair in London nach einem Treffen mit dem portugiesischen Regierungschef José Manuel Durao Barroso.
"Europa und USA nicht spalten"
Länder, die versuchten, Europa und Amerika zu spalten, bewegten sich auf gefährlichem Grund, sagte Blair weiter. "Wenn Frankreich oder irgendein anderes Land einfach sagt 'Wir wollen auf jeden Fall ein Veto einlegen', dann ist das offensichtlich eine sehr schwierige Position." Er hoffe nach wie vor auf eine Einigung.
Klare Vorstellungen
Großbritannien und die USA haben für ihren Resolutionsentwurf bislang keine Mehrheit im Sicherheitsrat, nun würden aber "sehr, sehr klare Vorstellungen dazu eingebracht, was der Irak tun muss, um zu zeigen, dass er zur freiwilligen Entwaffnung bereit ist", so Blair. Details dazu nannte er nicht. Nach Angaben der BBC und der Zeitung «The Guardian» soll es sich dabei um eine nicht näher spezifizierte Reihe von Waffentests handeln. Die für den Wochenbeginn geplante Abstimmung über eine weitere UN-Resolution ist aufgrund der gespaltenen Positionen auf Donnerstag oder später verschoben werden. Der britische Regierungschef warnte unterdessen davor, sich falsche Hoffnungen über Saddam Hussein zu machen und betonte, der Irak werde nur unter Androhung eines Militärschlags kooperieren. "Der einzige Grund, warum wir überhaupt in den vergangenen Wochen Fortschritte erzielt haben, ist die Androhung von Gewalt." Seine Sorge sei, dass bei Saddam durch die jüngsten Veto-Ankündigen die Botschaft ankommen könnte, er sei "vom Haken".
Premier unter Druck
Blair steht im eigenen Land unter Druck. Der Grund: Große Teile seiner Labour-Partei im Parlament und auch Regierungsmitglieder wollen ihm die Unterstützung entziehen, sollte sich Großbritannien an einem Krieg ohne UNO-Mandat beteiligen. Gemeinsam mit den USA und Spanien hat Großbritannien eine Resolution eingebracht, mit der dem Irak eine letzte Frist zur Erfüllung der UNO-Abrüstungsforderungen gestellt wird. Sollte diese allerdings nicht angenommen werden, sehen sich die USA und Großbritannien legitimiert, militärisch gegen Irak vorzugehen. Um doch noch eine Mehrheit im Sicherheitsrat zu gewinnen, haben die USA und Großbritannien eine leichte Modifizierung ihres Entwurfs in Aussicht gestellt.
Frankreich und Rußland wollen Veto
Frankreich und Russland haben ihr Veto gegen den Entwurf angekündigt. Ein möglicher Grund könnte sein, dass sie mit ihrem Verhalten den noch unentschlossenen Ratsmitgliedern den Rücken für eine Ablehnung stärken wollen. Noch am Dienstag soll der Sicherheitsrat eine öffentliche Debatte über den Entwurf beginnen, die voraussichtlich bis Mittwoch gehen wird. Zur Diskussion stehen könnte auch ein Kompromissvorschlag, der von den sechs noch unentschlossenen Ratsmitglieder Pakistan, Guinea, Angola, Chile, Kamerun und Mexiko beraten wurde. Er sieht angeblich eine längere Frist für Irak zur Erfüllung der UNO-Forderungen vor. Bei dem möglichen Kompromissvorschlag der sechs Mitglieder dürfte die Frage entscheidend sein, ob es mit Ablauf der genannten Frist automatisch zu einem Krieg kommen würde. Bundesaußenminister Joschka Fischer hatte einen solchen Automatismus als zentralen Grund für den Widerstand gegen den bisherigen amerikanisch-britischen Entwurf genannt. China ließ bislang offen, wie es abstimmen wird. Einige nichtständige Mitglieder des Rates könnten nach den Veto-Ankündigungen allerdings dem Druck der USA nachgeben, da sie wissen, dass unter diesen Umständen die Resolution ohnehin nicht verabschiedet werden kann. Zwar würden die USA in einem solchen Fall keine Resolution im Sicherheitsrat durchbekommen, sie könnten sich aber unter Umständen auf eine durch die Vetos überstimmte Mehrheit im Rat berufen. US-Präsident George W. Bush kündigte außerdem an, die USA würden auch ohne UNO-Mandat eine „Koalition der Willigen" anführen und Irak mit militärischer Gewalt entwaffnen.
Säbelrasseln am Golf
General Tommy Franks, der Oberkommandierende der US-Truppen am Golf, ist in die Region aufgebrochen. Er werde in mehreren Staaten der Golf-Region die dort stationierten US-Soldaten besuchen, und anschließend nach Katar reisen, verlautete aus US-Verteidigungskreisen. In Katar ist das Hauptquartier der US-Streitkräfte in der Region. Wie lange Franks sich dort aufhalten wird, wurde nicht mitgeteilt. Insgesamt haben die USA und Großbritannien mehr als 250.000 Soldaten in der Region zusammengezogen. Dutzende Kriegsschiffe und mehr als 500 Kampfflugzeuge stehen für einen Angriff auf Irak bereit.