US-Präsident George W. Bush will wegen der offensichtlich falschen Informationen der Geheimdienste über Irak eine unabhängige Untersuchungskommission einsetzen. Zunächst werde er darüber aber mit dem kürzlich zurückgetretenen US-Waffeninspekteur David Kay sprechen, sagte Bush am Montag. "Ich möchte alle Fakten", erklärte der US-Präsident und verteidigte erneut den Irak-Krieg. Die britische Regierung ließ unterdessen erstmals erkennen, dass auch sie den Rufen nach einer derartigen Untersuchung folgen könnte.
"Wir wissen, dass Saddam Hussein eine Gefahr war"
"Wir wissen, dass Saddam Hussein die Absicht hatte und in der Lage war, großen Schaden anzurichten, wir wissen, dass er eine Gefahr war", sagte Bush. Die Kommission, der sowohl Republikaner als auch Demokraten angehören sollten, müsse "analysieren, wo wir stehen und was wir in diesem Krieg gegen den Terror besser machen können". Der Untersuchungsausschuss solle sich auch mit Geheimdienstinformationen zu Iran, Nordkorea oder zu Terrororganisationen befassen. Angesichts dieses weiten Aufgabenfeldes rechnen Beobachter nicht mit Ergebnissen vor der Präsidentenwahl im November.
Sowohl Abgeordnete der Republikaner als auch der Demokraten sprachen sich für eine solche Untersuchung aus. Bush hatte entsprechende Ermittlungen bislang abgelehnt. Indem er die Kommission nun selbst einsetzt, hat er größere Kontrolle über ihre Besetzung und ihr Mandat.
Vizepräsident Richard Cheney als Buh-Mann
Der vor einer Woche zurückgetretene US-Waffeninspekteur Kay hatte seine Überzeugung bekräftigt, dass Irak vor Kriegsbeginn nicht über Massenvernichtungswaffen verfügte. Die Regierung hatte den Irak-Krieg im vergangenen Jahr jedoch vor allem mit der Existenz solcher Waffen gerechtfertigt und sich dabei auf Geheimdienstinformationen berufen.
Nicht zuletzt wegen der bevorstehenden Präsidentenwahl sind Forderungen nach einer unabhängigen Beantwortung der Frage laut geworden, ob das Weiße Haus falschen Geheimdienstinformationen aufgesessen sein oder diese gar in Auftrag gegeben haben könnte. Als mutmaßlicher Verantwortlicher für die alarmierenden Berichte über Iraks Waffenpotenzial ist Vizepräsident Richard Cheney zunehmend ins Fadenkreuz der oppositionellen Demokraten geraten.
Druck auf Blair wächst
Nach Bushs Entscheidung wächst der Druck auf den britischen Premierminister Tony Blair, eine ähnliche Untersuchung durchzuführen. Blairs Sprecher erklärte am Montag, London stehe in dieser Frage im engen Kontakt mit der US-Regierung. Blair werde sich in Kürze dazu äußern, welche Schritte er unternehmen werde. Bislang hatte die britische Regierung Forderungen nach einer Untersuchungskommission abgelehnt. Die Veröffentlichung des Untersuchungsberichts zum Selbstmord des britischen Waffenexperten David Kelly, in der die Regierung entlastet wurde, erlaube nun eine vernünftige Diskussion über die irakischen Waffen, sagte Blairs Sprecher.