Irak-Krise Verwirrung um deutsche Irak-Pläne

Deutsche Bemühungen um Einfluss im Irak- Konflikt sorgen für Verwirrung und stoßen international auf Ablehnung. Paris dementiert einem gemeinsamen "Plan", die Bundesregierung ist in Bedrängnis.

Die deutschen Bemühungen um mehr Einfluss im Irak- Konflikt haben bereits im frühen Stadium für Verwirrung gesorgt und sind international auf Ablehnung gestoßen. Sprecher der Bundesregierung versuchten, ein abgestimmtes deutsch- französisches Vorgehen herunterzuspielen. Dementiert wurde die Existenz eines Geheimplans zum Irak. Die Rede war lediglich von «Überlegungen» und «Ideen». Trotz der Blockade von NATO-Planungen für einen Irak-Krieg auch durch die Bundesregierung wird die Türkei deutsche Patriot-Raketen bekommen.

Pläne nicht abgestimmt

Unklar blieb, wie weit die deutsch-französischen Überlegungen zum Irak innerhalb der Bundesregierung abgestimmt waren. Die zuständigen Sprecher bestritten einen angeblichen lautstarken Krach zwischen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Außenminister Joschka Fischer (Grüne) wegen dieses Themas.

Frankreich will von gemeinsamen Plänen nichts wissen

Deutschland und Frankreich haben Regierungssprecher Bela Anda zufolge keine gemeinsame Initiative zur friedlichen Entwaffnung des Irak gestartet, sondern stimmen derzeit «gemeinsame Ideen» ab. Grundlage seien die Vorschläge von Frankreichs Außenminister Dominique de Villepin in der vergangenen Woche im UN-Sicherheitsrat. Ziel sei nicht ein deutsch-französisches Vorgehen, sondern dass diese Ideen allen Mitgliedern des Sicherheitsrates offen stehen. Fischer habe die Überlegungen von Villepin als «sehr interessant» bezeichnet, sagte Außenamts-Sprecher Walter Lindner. Sie sollten weiterverfolgt werden, parallel zu den Überlegungen, die auch Deutschland habe. Gemeinsam sei beiden Ländern das Ziel einer friedlichen Entwaffnung des Irak.

Diletantische deutsche Außenpolitik

Detaillierte Gespräche mit den USA über die Irak-Überlegungen wurden offenbar bislang nicht geführt. Bei der Initiative handelt es sich nach den Worten von Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) noch nicht um einen ausgereiften Plan. «Insofern ist es noch nicht so weit, dass man den Amerikanern eine absolut ausgereifte und mit allen Einzelheiten belegte Konzeption vorlegen könnte», sagte er im Deutschlandfunk. Anda nannte Überlegungen zu einem Einsatz von UN-Blauhelmsoldaten im Irak sowie eine mögliche deutsche Beteiligung daran theoretisch. Für konkrete Vorstellungen zu einem so genannten robusten Mandat sei es noch zu früh. Solche Vorschläge müssten auch von den UN- Chefinspekteuren kommen. Es sei aber bereits seit längerem im Gespräch, die Inspekteure durch Blauhelm-Soldaten zu schützen.

Lautstarker Krach in Berlin

Einen lautstarken Krach zwischen Schröder und Fischer in der Irak-Politik bestritten Anda wie auch Außenamtssprecher Lindner. Der «Bild»-Zeitung zufolge waren ohne Fischers Wissen Berichte über den angeblichen deutsch-französischen Plan an die Öffentlichkeit gespielt worden. Lindner nannte den Bericht «Unfug». Anda sagte: «Das Verhältnis zwischen dem Außenminister und dem Bundeskanzler ist gut, war gut und wird auch in Zukunft gut bleiben und vertrauensvoll».

USA und Briten sehen Deutschland isoliert

Die Überlegungen in Berlin und Paris zu einer friedlichen Entwaffnung des Irak haben nach Ansicht des Pentagonberaters Richard Perle keine Chance auf Realisierung. Seine Regierung werde das sicher nicht akzeptieren, sagte Perle. Der britische Verteidigungsminister Geoff Hoon sieht Deutschland in der Irak-Politik in Europa isoliert. «Die einzige Teilung in Europa verläuft zur Zeit zwischen Deutschland und dem Rest», sagte Hoon im «Guardian». Auch die Niederlande reagierten ablehnend auf die deutsch-französischen Pläne.

Die CDU wertete das Wirrwarr um die angebliche deutsch- französische Initiative in der Irak-Frage als schwere Niederlage für den Kanzler. Nach Ansicht der FDP ist die Bundesregierung außenpolitisch nicht mehr handlungsfähig.

Deutschland bleibt bei Lieferung von Patriot-Raketen

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte, es bleibe dabei, dass Deutschland Ende der Woche Patriot-Raketen liefern werde - allerdings an die Niederlande. Die Regierung in Den Haag habe um die Waffen für ihre Patriot-Batterien und Bedienungsmannschaften gebeten, die sie dann der Türkei zur Verfügung stellten. Die Bundesregierung lehnt eine militärische Beteiligung an einem Irak- Krieg ab.

Die Bundesregierung unterstütze das Veto Frankreichs und Belgiens gegen die Irak-Planungen der NATO, sagte ein AA-Sprecher. Allerdings legte Deutschland selbst formal kein Veto ein. Die vorsorglichen Planungen der NATO in Bezug auf den Irak seien in der jetzigen Situation ein falsches Signal, sagte Anda.