Iran "Der Entschluss ist unumkehrbar"

Der Iran bleibt hart. Um das Atomprogramm des Landes fortzuführen, erwägen die Mullahs, aus dem Atomwaffensperrvertrag auszusteigen. Der stern hat mit dem iranischen Atomphysiker Ali Asghar Soltanieh über die Gründe gesprochen.

Herr Botschafter, der Streit um das Atomprogramm Ihres Landes ist vor dem UN-Sicherheitsrat gelandet. Was wird Iran tun, um die Situation zu entschärfen?

Es gibt noch eine Chance, dass der Rat den Fall an die Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien zurückverweist. Dann wäre der Weg frei für weitere Verhandlungen, die alle Sorgen der Europäer und anderer berücksichtigen.

Und wenn der Sicherheitsrat ultimativ das Ende des Programms fordert?

Wenn er Entscheidungen fällt, die unsere Sicherheit und unser nationales Interesse bedrohen, wird meine Regierung reagieren. Viele im Land und im Parlament fragen sich bereits, ob wir unsere Mitgliedschaft im Atomwaffensperrvertrag aufkündigen sollen. Schließlich haben andere in der Region, wie Indien und Israel, den Vertrag nie unterschrieben, ohne dass man sie dafür bestraft hätte. Iran hat unterschrieben und steht am Pranger.

Ihr Land hat im Januar begonnen, Uran anzureichern. Damit haben Sie für die USA und Europa eine rote Linie überschritten, weil dies der erste Schritt zur Produktion von Atomwaffen sein könnte.

Wir haben die Anreicherung nur zu Forschungszwecken wieder aufgenommen. Dieser Entschluss ist unumkehrbar ...

... und könnte Iran teuer zu stehen kommen.

Drei Jahre lang haben wir auf jegliche Anreicherung verzichtet, ohne dass dies je honoriert wurde. Wir haben den Europäern Anfang Februar angeboten, alle Anreicherung unter IAEA-Aufsicht zu stellen. Und über industrielle Anreicherung im großen Stil sind wir weiter gesprächsbereit.

Warum hat Iran sich dann nicht auf das russische Angebot eingelassen, Atombrennstoff aus Russland zu importieren?

Im Prinzip sind wir damit einverstanden. Es gibt aber technische und rechtliche Details, die noch geklärt werden müssen.

Welche?

Unser Recht, selbst anzureichern, muss akzeptiert werden. Außerdem fehlt bisher ein verbindliches Abkommen, das die Lieferungen von Brennstäben dauerhaft sichert. Ein Kernkraftwerk ist eine Rieseninvestition. Wenn wir auf die industrielle Anreicherung verzichten, müssen die Brennstäbe zuverlässig kommen.

Sie misstrauen den Russen?

Wir sind immer wieder im Stich gelassen worden. Von den Deutschen zum Beispiel, die das Land verlassen haben, obwohl das Kraftwerk in Bushehr erst halb fertig war. Selbst die Russen haben uns bisher nur die Lieferung von Brennstäben für ein Jahr zugesagt. Wir brauchen Garantien für die ganze Laufzeit. Lassen Sie mich wiederholen, was unser Präsident vor der UN gesagt hat: "Der Iran ist bereit, mit privaten und staatlichen Unternehmen aus dem Ausland ein Joint-Venture einzugehen, um sicherzustellen, dass alle unsere Aktivitäten ausschließlich friedlichen Zwecken dienen."

Die US-Regierung beharrt darauf: Entweder Iran gibt jegliche Anreicherung auf, oder es drohen Sanktionen bis zum Militäreinsatz.

Die Amerikaner sollten ein paar Dinge verstehen. Erstens: Iran ist nicht Irak. Zweitens: Die IAEA-Inspektoren haben keinerlei Beweise dafür gefunden, dass Iran Nuklearmaterial für militärische Zwecke abgezweigt hat. Drittens: Ihre Politik, mit zweierlei Maß zu messen, schafft keine Freunde, weder in der islamischen Welt noch in Europa. Deshalb werden sie es schwer haben, Unterstützung für Sanktionen oder gar einen Angriff zu finden.

Iran ist also in einer starken Position?

Iran ist, war und wird auch in Zukunft in einer starken Position sein. Wir haben über 25 Jahre Arbeit in unser Nuklearprogramm gesteckt. Wir können es nicht einfach aufgeben und so tun, als sei nichts gewesen. Als in Iran noch der Schah regierte, haben sich deutsche Firmen darum gerissen, beim Aufbau des Atomprogramms zu helfen. Jetzt heißt es: Ein Land, das so große Öl- und Gasvorräte hat, braucht keine Kernkraftwerke. Wie sollen wir das akzeptieren?

Weil der Verdacht nahe liegt, dass ein Land mit so großen Ölvorkommen sein Atomprogramm aus anderen Gründen betreibt.

Wir sehen Kernkraft nur als eine Energiequelle unter mehreren. Aber wenn wir eigene Reaktoren betreiben und selbst anreichern, dann öffnet sich ein neues Kapitel in der Entwicklung unseres Landes. Wer eine solch komplizierte Technik beherrscht, kommt auch in anderen Industriezweigen voran. In Zeiten hoher Ölpreise hat es keinen Sinn, unser Öl im eigenen Land zu verbrennen. Wir wollen es verkaufen und den Gewinn investieren.

Dagegen hätte vermutlich keiner etwas. Nur spricht Ihr Präsident Mahmud Ahmadinedschad davon, Israel von der Landkarte zu tilgen.

Die Richtlinien unserer Politik werden vom Obersten Revolutionsführer, Ayatollah Khamenei, festgelegt. Vor mehr als zwei Jahren hat er gesagt: "Wenn in dieser Region Juden, Muslime und Christen zusammenkommen und auf demokratische Art und Weise eine Regierung wählen, dann respektieren wir sie." Wir sind gegen die zionistische Mentalität. Wir sind gegen Rassismus, nicht gegen die Juden.

Akzeptiert der Iran also einen Staat für die Palästinenser und einen für die Juden?

Ich glaube nicht.

Interview: Steffen Gassel/ Hans-Hermann Klare

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