Das Auswärtige Amt und das französische Außenministerium haben Äußerungen des israelischen Finanzministers Bezalel Smotrich verurteilt, in denen er die Nahrungsmittelhilfe für Palästinenser im Gazastreifen bedauert und ein Aushungern als moralisch gerechtfertigt bezeichnet. "Es sind völlig inakzeptable und empörende Äußerungen des israelischen Finanzministers. Wir weisen sie auf das Allerschärfste zurück", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin.
"Es ist ein Gebot der Menschlichkeit und ein Grundprinzip des humanitären Völkerrechts, das auch im Krieg Zivilistinnen und Zivilisten geschützt werden müssen und zum Beispiel Zugang zu Wasser und Nahrungsmitteln bekommen müssen", so der Sprecher.
Smotrich hatte sich laut israelischen Medienberichten zur internationalen Situation seines Landes geäußert und eine Blockade der Hilfsgüter bis zur Freilassung aller Geiseln als moralisch und gerechtfertigt bezeichnet, selbst wenn dies den Hungertod von zwei Millionen Menschen im Gazastreifen bedeute. Aber die internationale Gemeinschaft werde dies nicht zulassen, so Smotrich.
Haftbefehle gegen Israels Machthaber beantragt
Das Pariser Außenministerium sprach von "skandalösen Äußerungen" und rief die israelische Regierung auf, "diese inakzeptablen Äußerungen scharf zu verurteilen". "Frankreich erinnert daran, dass die Bereitstellung humanitärer Hilfe für zwei Millionen Zivilisten, die sich in einer absoluten Notsituation in einem Gebiet befinden, das unter Blockade steht und dessen Zugangspunkte Israel kontrolliert, eine Verpflichtung nach dem humanitären Völkerrecht ist, wie der Internationale Gerichtshof in Erinnerung gerufen hat."
Auf die Frage, ob die Bundesregierung daran eine Völkermordabsicht ("genocidal intent") erkenne oder diese Äußerungen so bewerte, sagte der Außenamtssprecher, er sei sicher, "dass die Äußerungen auch in Den Haag sehr aufmerksam verfolgt werden, wo ja gerade über diese Art von Fragen beraten wird".
Ja-Sager, Fanatiker, Hetzer – diese rechten Köpfe stecken hinter Israels Justizreform

Benjamin Netanjahu ist ein echtes Stehaufmännchen. Ein halbes Dutzend Mal hat er es in seinen inzwischen 73 Jahren auf den Gipfel der Macht gebracht. Über Jahrzehnte galt "Bibi" als begnadeter Taktiker, als Puppenspieler auf der politischen Bühne.
In seiner vorherigen Amtszeit hatte Netanjahu international vor allem als "best Buddy" von US-Präsident Donald Trump von sich reden gemacht. Die Freundschaft der beiden umstrittenen Konservativen führte unter anderem dazu, dass die USA Jerusalem erstmals offiziell als Hauptstadt Israels anerkannten – ein Coup für Netanjahu.
Seit 2016 ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Korruption gegen ihn. Im November 2019 wurde er in drei Fällen wegen Bestechung, Betrugs und Veruntreuung angeklagt. Kurz zuvor hatte er sein Amt eingebüßt, nachdem er bei der Regierungsbildung gescheitert war.
Für seine sechste Amtszeit musste sich der Vorsitzende der konservativen Likud-Partei allerdings verbiegen wie nie zuvor. In seinen insgesamt 15 Jahren als Regierungschef hat "Bibi" immer wieder bewiesen, dass ihm Macht wichtiger ist als Überzeugung – was er zuletzt im Dezember eindrucksvoll zur Schau stellte: Um sich erneut das Amt des Ministerpräsidenten zu sichern, war Netanjahu ein gefährliches Bündnis mit dem rechten Rand eingegangen. Man könnte fast sagen: Um die Hühner aus dem Stall zu bekommen, hat er die Wölfe hereingelassen. Ob seine Partnerschaft mit Rechtsaußen eine Reihe Zweckehe ist, ist mittlerweile fraglich.
Am 21. Mai hatte der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag Haftbefehle gegen Netanjahu und andere Israelis beantragt. Ihnen wird unter anderem vorgeworfen, für das Aushungern von Zivilisten als Methode der Kriegsführung sowie für willkürliche Tötungen und zielgerichtete Angriffe auf Zivilisten verantwortlich zu sein.