Ausschuss-Aussage In Washington öffnen die Bars früher, um die Comey-Anhörung zu übertragen

James Comey
James Comey muss am Donnerstag vor dem US-Senat Rede und Antwort stehen
© Carolyn Kaster/AP
In den USA wird die Aussage von James Comey mit Spannung erwartet. Demokraten hoffen ein politisches Erdbeben, Republikaner fürchten es. Worum geht es dabei und wieso könnte der Ex-FBI-Chef US-Präsident Donald Trump in Bedrängnis bringen?

Die Sache, die am Donnerstagmorgen Ortszeit (16 Uhr hiesiger Zeit) in Washington besprochen wird, ist so ernst, dass man Witze drüber machen muss. Der US-Komiker Andy Borowitz (unter anderem Erfinder der TV-Serie "Der Prinz von Bel-Air") postete auf Facebook eine Karte der Vereinigten Staaten mit den hervorgehobenen Staaten, in denen die Demokraten bei der US-Wahl gewonnen hatten. Dazu schrieb er: "Millionen Amerikaner in den blau gefärbten Gebieten werden zu krank sein, um zur Arbeit zu gehen." Und das Blatt "Washingtonian" berichtet davon, dass mindestens drei Bars in der Hauptstadt bereits am Morgen öffnen werden, um das Ereignis live bei Bier und Erdnüssen zu übertragen. Millionen Kritiker des US-Präsidenten Donald Trump warten am Donnerstagmorgen auf nichts weniger als ein politisches Erdbeben - wenn der frühere FBI-Chef James Comey vor dem Geheimdienstausschuss des Senats aussagt.

Für Donald Trump steht einiges auf dem Spiel

Fast wie vor einem entscheidenden Wahltag fiebert das halbe Land der Sitzung entgegen. Auf der einen Seite die oppositionellen Demokraten, die hoffen, Comey könnte Donald Trump weiter in Bedrängnis bringen, auf der anderen Seite die Republikaner, die genau das fürchten, denn für den US-Präsidenten steht einiges auf dem Spiel.

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Wird Comey auspacken und damit dem Präsidenten schaden? Steht eine Überraschung bevor? Werden seine Antworten enttäuschen oder gibt die Aussage der Russland-Affäre eine völlig neue Richtung? Alles ist möglich, vieles ist offen.

Die wichtigsten Fragen zu der Anhörung: 

Hat Comeys Aussage das Potenzial, Trump zu Fall zu bringen?

Das ist die wohl spannendste Frage. Fest steht: Egal was Comey auch auspacken mag - um ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump einzuleiten, braucht es eine einfache Mehrheit im Repräsentantenhaus. Und das wird von den Republikanern dominiert. Somit müssten Dutzende von Trumps Parteifreunden gegen ihn stimmen. Das ist nur dann zu erwarten, wenn die von Comey aufgetischten Vorwürfe so gravierend und auch unumstößlich wären, dass selbst Parteifreunde nicht daran vorbei könnten. Allerdings: Die Mehrheit im Abgeordnetenhaus könnte nach der Wahl 2018 kippen. Dann könnten die Demokraten Trump ins Impeachment zerren. Ein Impeachment-Verfahren selbst kann dann Jahre dauern.

Was werden die Senatoren fragen?

Die Demokraten unter den Mitgliedern des Geheimdienstausschusses werden dem ehemaligen FBI-Chef vor allem eine Frage stellen: "Hat Trump versucht, Einfluss auf die Russland-Ermittlungen des FBI zu nehmen?" Presseberichte, die auf der Grundlage einer Gesprächsnotiz Comeys entstanden waren, unterstellen genau dies. Würde Comey den Vorwurf untermauern, wäre Trump in der Klemme. Die Republikaner im Ausschuss, die Trump vorher noch einmal zum Essen eingeladen haben soll, wollen unter anderem wissen, wie Einzelheiten aus den Ermittlungen an die Medien gelangten. Die illegalen Leaks wurmen Trump enorm.

Gibt es neben Comey noch andere Personen, die Trump beeinflusst haben soll? 

Laut der "Washington Post" soll der US-Präsident  auch Druck auf den Nationalen Geheimdienstdirektor Daniel Coats ausgeübt haben. Trump habe demnach versucht, Top-Geheimdienstleute dazu zu bringen, Druck auf Comey zu machen. Ziel sei gewesen, dass dieser die Ermittlungen gegen den inzwischen entlassenen Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn fallen lässt. Die Enthüllung des Blatts kommt weniger als 48 Stunden vor der Anhörung Comeys eher ungünstig  für den US-Präsidenten.

Falls es nicht für ein Impeachment-Verfahren reicht, kann Comey Trump anderweitig schaden? 

Ja. Die Russland-Affäre hat inzwischen Wurzeln geschlagen in Washington und auch erste Opfer gekostet. Comey könnte durchaus Dinge wissen - und publik machen - die für Stützpfeiler aus Trumps engstem Umfeld brenzlig werden könnten, etwa Schwiegersohn Jared Kushner. Beispielsweise gibt es Hinweise auf Verbindungen Kushners zur Alfa-Group, einem von russischen Oligarchen geführten Konzern mit großer Nähe zum Kreml. Grundsätzlich hat Comeys Aussage das Potenzial, die ohnehin große Zahl offener Fragen in der Affäre zu erhöhen - und das Thema damit noch länger und prominenter in den Schlagzeilen zu halten - Trump kann das nicht wollen.

Worum geht es bei der Russland-Ermittlung?

Das FBI untersucht mögliche Verbindungen zwischen Mitgliedern aus Trumps Wahlkampfteam und Vertretern der russischen Regierung vor dem Amtsantritt. US-Amerikanern, die nicht offiziell ein Amt bekleiden, ist der Kontakt mit ausländischen Offiziellen zu Staatsangelegenheiten nicht ohne weiteres erlaubt. US-Geheimdienste beschuldigen den Kreml, sich mit Cyberangriffen in den Wahlkampf eingemischt zu haben, um Hillary Clinton zu schaden und Trump zu helfen. Hacker hatten E-Mails der Demokraten gestohlen, die die Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlichte. Die entscheidende Frage ist, ob die Kontakte von Trump-Mitarbeitern nach Russland so weit reichten, dass sie vorab von den Angriffen auf die Demokraten wussten oder sie sogar orchestriert haben. Beweise gibt es dafür aber bislang nicht. Das Justizministerium hat in dem Fall einen Sonderermittler eingesetzt, den ehemaligen FBI-Chef und Comey-Vorgänger Robert Mueller.

Wer steht im Fokus der Affäre?

Mehrere Männer, die während des Wahlkampfes in unterschiedlichem Maße als Berater für Trump wirkten. Michael Flynn, Carter Page und Roger Stone. Immer wieder genannt wird auch Paul Manafort, der einstige Wahlkampfchef des Republikaners. Auch für die Treffen von Trumps Schwiegersohn Jared Kushner mit dem russischen Botschafter Sergej Kisljak und einem russischen Banker interessieren sich die Ermittler nach Medienberichten. Flynn wurde wegen seiner Kontakte zu Kisljak vom FBI befragt. Er stürzte über ein Telefonat mit dem Botschafter, weil er zum Inhalt log. Im Fall von Page hegte die Behörde nach Angaben der "Washington Post" im vergangenen Sommer die Befürchtung, er sei ein russischer Agent. Die Ermittler beantragten deshalb seine Überwachung. Stone prahlte im Wahlkampf damit, mit Wikileaks in Kontakt zu stehen. Vor kurzem erklärte er, er habe sich im August mit dem Hacker "Guccifer 2.0." Nachrichten geschrieben - hinter dem US-Geheimdienste russische Dienste sehen.

Warum wurde Comey von Trump überhaupt entlassen?

Das ist nicht ganz klar. Der Präsident und das Weiße Haus haben mehrere, sich zum Teil widersprechende Gründe genannt. In ersten Erklärungen wurde dem FBI-Chef vor allem Fehlverhalten in der E-Mail-Affäre um Hillary Clinton angelastet. Trump und viele Republikaner regt noch heute auf, dass Comey damals empfohlen hatte, Clinton nicht anzuklagen. Damit habe er seine Kompetenzen überschritten. Trump sagte auch, er sei bei der Entlassung dem Rat von Justizminister Jeff Sessions und dessen Vize Rod Rosenstein gefolgt. Dann erklärte er, er habe Comey seit längerem feuern wollen. Später sagte er in einem Interview, er habe bei dem Rauswurf auch "diese Russland-Sache" im Kopf gehabt. Die Opposition ist sich fast sicher: Comey sei Trump als FBI-Chef zu gefährlich geworden, deswegen habe er gehen müssen.

nik mit DPA