Interview auf CNN Joe Biden: "Putin ist ein rationaler Akteur, der sich erheblich verkalkuliert hat"

US-Präsident Joe Biden
US-Präsident Joe Biden hat dem Fernsehsender CNN ein ausführliches Interview gegeben
© Brendan Smialowski / AFP
US-Präsident Joe Biden hat dem TV-Sender CNN ein langes Interview gegeben. Darin äußert er sich unter anderem ausführlich über die Überlegungen, die seinen russischen Kontrahenten Wladimir Putin dazu gebracht haben, die Ukraine zu überfallen. 

Kremlchef Wladimir Putin hat sich mit seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine nach Ansicht von US-Präsident Joe Biden verschätzt. "Ich denke, er ist ein rationaler Akteur, der sich erheblich verkalkuliert hat", sagte Biden dem US-Sender CNN in einem Interview, das am Dienstagabend (Ortszeit) ausgestrahlt wurde. Putin sei fälschlicherweise davon ausgegangen, die Ukrainer würden sich einer russischen Invasion unterwerfen. "Ich glaube, er dachte, er würde mit offenen Armen empfangen werden", sagte Biden. "Ich glaube, er hat sich einfach völlig verkalkuliert."

Er glaube zwar, dass Putin rational handle, seine Ziele in der Ukraine aber irrational seien. Dies werde auch deutlich, wenn man sich Putins Rede anhöre, die er unmittelbar nach seiner Entscheidung zum Angriffskrieg gegen die Ukraine gehalten habe. Putin habe dort von der Idee gesprochen, dass er als Führer eines Russlands gebraucht werde, "das alle russischsprachigen Menschen vereint", sagte Biden. "Ich halte das einfach für irrational".

Zur Frage, ob Putin seine Drohungen zum Einsatz von Atomwaffen wahr machen könnte, sagte Biden: "Ich glaube nicht, dass er das tun wird." Aber es sei "unverantwortlich", dass das Staatsoberhaupt einer der größten Atommächte der Welt sage, er könnte eine taktische Atomwaffe in der Ukraine einsetzen. In der Folge könnten Fehler gemacht und Fehleinschätzungen getroffen werden. "Er kann nicht ungestraft über den Einsatz einer taktischen Nuklearwaffe sprechen, als ob das eine vernünftige Sache wäre."

Ob er Putin beim Gipfeltreffen der G20-Gruppe im nächsten Monat in Indonesien treffen werde, ließ Biden offen. Derzeit sehe er aber keinen guten Grund für ein Treffen. "Wenn Putin über die inhaftierte amerikanische Basketballerin Brittney Griner sprechen wolle, sei er für ein Gespräch offen. "Aber sehen Sie, er hat brutal gehandelt", sagte Biden. "Ich denke, er hat Kriegsverbrechen begangen. Und deshalb sehe ich keinen Grund, mich jetzt mit ihm zu treffen."

Joe Biden will nach US-Zwischenwahlen über erneute Kandidatur entscheiden

Der innenpolitische Teil des Interviews drehte sich unter anderem um Bidens mögliche erneute Präsidentschaftskandidatur. Biden kündigte an, dass er darüber nach den in knapp vier Wochen anstehenden US-Zwischenwahlen entscheiden wolle. "Wenn das im November erledigt ist, werde ich eine Entscheidung treffen", sagte Biden auf CNN. Auf die Frage, ob er glaube, dass er der einzige Demokrat sei, der eine hypothetische Wahl gegen den ehemaligen US-Präsidenten und Republikaner Donald Trump gewinnen könnte, sagte Biden: "Ich glaube, dass ich Donald Trump noch einmal schlagen kann."

Der Demokrat Biden hatte in der Vergangenheit betont, dass er die Absicht habe, noch einmal für das Amt des US-Präsidenten ins Rennen zu gehen - falls seine Gesundheit es zulasse. Trump deutet seit Monaten immer wieder an, noch einmal für die Republikaner kandidieren zu wollen. Biden wäre bei der nächsten Präsidentenwahl 81 Jahre alt, Trump 78. Angesprochen auf sein Alter sagte Biden: "Die einzige Frage ist doch, ob Sie Ihren Job machen können. Und ich bin der Überzeugung, dass ich meinen Job machen kann."

DPA
kng